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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago
Autoren: Gisbert Haefs
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mich gestern beobachtet, das stimmt. Kennen wir ihn?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt, aber er gehört zu den Totschlägern des Gulussa.«
    Bomilkar pfiff leise. »Gulussa? Was hat der denn mit uns oder… den Römern zu schaffen?«
    Duush rümpfte die Nase. »Er hat drei Schänken, zwei Küchen, schmuggelt, handelt mit gestohlenen Gegenständen, nimmt üble Aufträge entgegen, erpreßt, hält ein Dutzend Dirnen und beherrscht das scheußliche alte Viertel drüben. Warum soll er sich da von römischen Kehlen fernhalten? Oder von deiner?« Mit dem Zeigefinger fuhr er sich über den Hals.
    »Maqusa sagt, du sollst dich vorsehen. Wir alle. Viele Gäste haben in der Schänke von toten Römern geredet. Mehrzahl.«
    »Was macht der lebende Römer?«
    »Nutzlos wie alle seine Landsleute«, sagte Duush. »Er sitzt und wartet.«
    »Dann will ich ihn nicht länger warten lassen.«

    Bomilkar war sich inzwischen ziemlich sicher, daß er den Auftrag haßte. Der tote Römer berührte ihn kaum, um so mehr jedoch die Warnungen von Aspasia und den Mitarbeitern im Schuppen. Er bezweifelte, daß etwas die Mühen und möglichen Gefahren wert sei, die sich aus den Ermittlungen ergeben könnten. Gulussa. Rom. Der Rat der Stadt. Löwen im Randsaum der Nacht. Überdies gab es genug andere Dinge zu erledigen. Zu wenig Zeit und zu wenig Leute, sie gründlich zu tun. Zeternde Ratsherren, die ihre Tage in den reichen Sitzen auf dem Land verbrachten und oft nicht einmal einen Hauswächter zurückließen, ihr Stadthaus zu hüten, von Bomilkar jedoch verlangten, nicht nur den letzten Einbruch und Diebstahl zu klären und verlorene Gegenstände aufzufinden, sondern hinfort und in alle Zukunft das Haus mit einem undurchdringlichen Gürtel aus Wächtern zu umgeben. Die Anfrage des Bankherrn Hiyarbal, Geleitschutz für einen Packtierzug betreffend, der Münzen und Silberstangen nach Sikka bringen sollte, hatte Bomilkar an den Herrn der Festung weitergeben können, da er nur für die Stadt und das Umland zuständig war, aber auch dies hatte Zeit gekostet – Zeit, die für andere Dinge fehlte. Tote Römer … Tote Römer waren gute Römer; wozu in dieser Sache herumstochern?
    Laetilius beobachtete und schwieg, während sie die Große Straße nach Westen gingen. Bomilkar war es recht; er konnte ein paar Gedanken zu Ende denken, statt den geschwätzigen Fremdenführer zu spielen. Titus Laetilius würde zweifellos später den großen Beutel voller Fragen öffnen. Oder auch nicht – je nachdem, ob das Mißtrauen wuchs oder schwand.
    Die siebentausend Schritt lange Straße, die ostwestlich durch die Stadt führte, weitete sich immer wieder zu Plätzen, auf denen kleinere Märkte abgehalten wurden, und verengte sich dann zwischen Wohn- und Geschäftsgebäuden. Mehrmals mußten sie Karren oder Lastträgern ausweichen; einmal gerieten sie beinahe in Streit mit einem
Dungsammler, als Laetilius, dessen Augen einer dunklen, fast nackten Sklavin folgten, in einen besonders wohlgeratenen Pferdeklumpen trat, den der Mann eben aufschaufeln wollte. Bomilkar war bereit zuzugeben, daß die Sklavin, die einen Korb auf dem Kopf trug, der ersprießlichere Anblick sei, aber Laetilius wollte gar nicht darüber reden.
    Als sie den von staubigen Palmen gesäumten Platz erreichten, wo gleich neben dem Tynes-Tor die gewaltige Festungsmauer begann, öffnete er erstmals den Mund.
    »Das da«, sagte er. Mit dem Zeigefinger wies er auf die innere, höchste der drei Mauern. »Kann man das sehen? Genauer, meine ich.«
    Bomilkar grunzte leise. »Warum nicht?« sagte er dann. »Arish hat dafür gesorgt, daß du immerhin zu den Räumen des Arztes darfst. Und … vor achtzig Jahren ist Agathokles, der Tyrann, mit seinem Heer an der Mauer gescheitert. Euer Regulus und seine Legionen haben es vor fünfundzwanzig Jahren gar nicht erst versucht. Die Mauer ist uneinnehmbar. Und da dies so ist, kann es nicht schaden, wenn ein Römer sie sieht.«
    Laetilius nickte. »Eine umständliche Art, ja zu sagen.«
    Artemidoros lag auf einer schmalen Holzbank, hatte die Augen geschlossen und sprach langsam; sein Schreiber saß am Tisch und kritzelte eilig. Der Alexandrier blinzelte, als Bomilkar und Laetilius eintraten; er erhob sich, entließ den Schreiber mit einer Handbewegung und deutete auf zwei Schemel. Er ging auf die andere Seite des Tischs und setzte sich in den Scherenstuhl, den der Schreiber angewärmt hatte.
    Der helle Raum war von Gestellen gesäumt, in denen Papyrosrollen lagen; das
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