Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
Vom Netzwerk:
umzugießen.
    Ich erinnere mich unter anderm eines goldnen Springbrunnens, der einen funkelnden Goldstrahl emporwarf, während goldne Vögel und goldne Eidechsen am Rand des aus Gold zauberisch nachgeahmten Wassers zu spielen schienen. Die Handwerker, die solcherart zerstören mußten, was sie selber mit Mühe und Liebe geschaffen, arbeiteten Tag und Nacht, aber die einzuschmelzende Menge war so groß, daß sie nach Verlauf eines Monats noch immer nicht fertig waren.
    Indessen war aus San Miguele am Meer Don Almagro, der langjährige Gefährte und Freund des Generals, mit seinen Leuten eingetroffen. Die verlangten, daß wir den Schatz mit ihnen teilen sollten, und zwar in so herausfordernder Weise, als ob wir ihre Fröner wären. Zank und Hader brach in hellen Flammen aus; die Straßen, die Höfe, die Wohnungen und Zelte waren von Geschrei und Waffengeklirr erfüllt, und Neid und Habgier vergifteten alle Gemüter bis in den Schlaf der Nächte.
    In der Abendstunde trat Atahuallpa aus der Halle seines Gefängnisses und blickte mit umflorten Augen über den Platz. Ich stand an der Treppenstufe, ganz nahe bei ihm. Er trug einen Mantel aus Fledermaushäuten, der so weich und glatt wie Seide war, und um den Kopf das Llautu, einen Schal von feinstem Gewebe und vielfach glänzender Farbe.
    Da gerieten zwei Soldaten, einer von unserer Partei, einer von Almagros Leuten, wegen einer goldnen Schildkröte, die jeder von beiden haben wollte und die sie dem Schmelzfeuer zu entziehen wünschten, in erbitterten Streit. Alsbald standen sie einander mit bloßen Schwertern gegenüber, ein paar Hiebe, ein Aufschrei, und der von unserer Partei, Jacopo Cuellar mit Namen, sank zu Boden und hielt, im Todeskampf noch, die goldne Schildkröte in der Faust und wehrte sich, im Todesdunkel schon, gegen die raubgierigen Arme des anderen, die sich danach streckten. Den riß ich zurück.
    Magisch zog es den Inka hin. Die Wachen umringten ihn mißtrauisch, aber er achtete ihrer nicht. Während er auf den Leichnam niederschaute, verdunkelte sich sein Blick und hatte einen Ausdruck, als begehre er, die Brustwand des Toten möge zu Glas werden, damit er hineinschauen, damit er erforschen könne, aus welchem Stoff die unbegreiflich fremde Seele war. Ich merkte ihm an, daß ihn das Entsetzen schier erstickte, und als er die Augen zu den wenigen Dienern kehrte, die ihm gefolgt waren, sagte er zu ihnen mit leiser, gebrochener Stimme, indem er auf den regungslosen Körper deutete: "Seht nur, die goldne Schildkröte trinkt Blut."
    So viel hatte ich nun schon von seiner Sprache erlernt, daß ich die kindlich-schaurigen Worte verstehen konnte.

Kapitel 17
    Endlich kam der Tag, wo er vom General seine Freiheit forderte, konnte er doch darauf verweisen, daß er die gestellten Bedingungen erfüllt hatte. Ja, er forderte die Freiheit, obgleich er fühlte, daß man sie ihm vorenthalten würde, obgleich eine noch schwärzere Furcht in ihm keimte.
    Hernando de Soto, der immer mehr das Vertrauen des Gefangenen gewonnen hatte und ihm viele kleine Dienste und Gefälligkeiten erwies, war sein Mittler beim General. Pizarro hörte ihn an, verweigerte jedoch eine bestimmte Antwort. Nach einigen Stunden ließ er dem Inka durch den Schatzmeister Riquelme, der mit Don Almagro zu uns gekommen war, mitteilen, das Lösegeld sei nicht völlig bezahlt worden, der Raum nicht bis zum roten Strich gefüllt gewesen.
    Darüber erstaunte Atahuallpa und wandte ein, was ja auch richtig war, es sei nicht seine Schuld, daß das volle Maß nicht erreicht worden war; hätte man nur drei Tage länger gewartet, so wäre alles verlangte Gold dagewesen; im übrigen sei es ein leichtes, das fehlende nachträglich zu liefern.
    Der General zuckte die Achseln und sagte, darauf gehe er nicht ein. Er wußte warum; kamen doch noch immer Sendungen aus den Städten, die vor der Stadt aufgehalten wurden. Er ließ eine Schrift abfassen und im Lager öffentlich bekanntmachen, nach welcher er den Inka zwar von jeder weiteren Verpflichtung, Lösegeld zu zahlen, freisprach, zugleich aber erklärte, seine und seines Heeres Sicherheit erheische es, daß Atahuallpa so lange in Gefangenschaft verbleibe, bis aus Panama Verstärkungen eingetroffen seien.
    Als de Soto von dieser hinterlistigen Umgehung des Vertrags hörte und außerdem das Manifest gelesen hatte, suchte er den General auf und hatte eine heftige Auseinandersetzung mit ihm. Der General sagte, er habe genaue Nachrichten über die Ränke und Zettelungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher