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Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
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Nahrung und verendete am dritten Tag.
    Am Abend desselben Tages wurde der Prinz Curacas in einem der Gemächer mit einem Dolch in der Brust tot gefunden. Daß Pedro Alcon, erbittert noch dazu durch die Strafe, die der General über ihn verhängt, sein Rachegelüst unerachtet des hohen Lösegeldes, das er vom Inka erhalten, schließlich doch befriedigt, bezweifelte niemand unter uns. Aber der Täter blieb im Dunkeln und wurde nicht verraten und nicht entdeckt.
    Atahuallpa schaute die Leiche an, wie er den Opal angeschaut. Sein Schmerz war wie ein Lächeln.
    In der Ebene stand mit dreißigtausend Mann Callcuchima, der älteste Heerführer des Inka. Die Gefangennahme seines Herrn, auf eine so plötzliche und gewaltsame Weise durch eine Gattung von Geschöpfen vollbracht, die ihm aus den Wolken gefallen schienen, hatte den Greis gänzlich verstört. Der General bewog ihn zu einer Zusammenkunft und forderte ihn auf, nach Caxamalca zu kommen. Er lehnte es ab. Da erwirkte Pizarro den Befehl des Inka hiezu, und sogleich brach Callcuchima auf. Mit einem zahlreichen Gefolge erschien er in der Stadt. Seine Vasallen trugen ihn in einer offenen Sänfte, und die Bewohner bezeigten ihm die Ehrfurcht, die dem ersten Diener des Königs gebührte. Er selbst aber, als er zu Atahuallpa ging, nahte ihm mit nackten Füßen wie der Geringste und mit einem Stein auf dem Rücken, Sinnbild unbedingter Hörigkeit. Er kniete nieder, küßte dem Fürsten Hände und Füße und badete sie in seinen Tränen.
    Ich war Zeuge dieser Begegnung, und ich kann nicht leugnen, daß sie mich erschütterte. An Atahuallpa konnte ich nichts davon wahrnehmen, auch kein Zeichen der Freude über die Anwesenheit seines treuesten Ratgebers. Er hieß ihn einfach willkommen. Dann überreichte er ihm, ohne ein Wort zu sagen, den schönen Opal, den ihm die Schwestergattin geschickt. Dies war das Todesurteil für Huoco, und der greise Callcuchima wankte schluchzend und von seinen Dienern gestützt hinaus.

Kapitel 15
    Unterdessen hatte es sich begeben, daß der Dolmetscher Felipillo, in seiner renegatischen Auflehnung auf der Bahn des Verrats immer weiter getrieben, eine der jungen Frauen des Inka in sinnlicher Besessenheit verfolgte. Solches hatte er vordem nicht einmal in einem Traum gewagt; es war das größte Verbrechen, das ein Peruaner begehen konnte. Atahuallpa sagte zum General, ein derartiger Schimpf, von einem so niedrigen Menschen an ihm verübt, sei schwerer zu erdulden als seine Gefangenschaft. Er war fahl um die Nase, als er es sagte.
    Da wurde Felipillos Haß gegen den früher allmächtigen Gebieter maßlos, und er nahm sich vor, ihn vollends zu verderben. Er beschuldigte ihn beim General, daß er sich mit Callcuchima heimlich verschworen habe, die Spanier zu überfallen und bis auf den letzten Mann zu erschlagen. Diese Verleumdung erhärtete er mit den stärksten Eiden.
    Mehr gewillt zu glauben als wirklich glaubend, schenkte Pizarro seinen Worten Gehör. Es zeigte sich ihm da ein Weg, wie er sich der gefährlichen Verpflichtung, den Fürsten frei zu geben, entziehen konnte, und er war gesonnen, den Vertrag zu brechen, sei es auf welche Art immer, mit Gewalt oder mit List.

Kapitel 16
    Als nun die Menge des eingelieferten Goldes den roten Strich bis auf etwas drei Handbreiten erreicht hatte, waren unsere Leute nicht länger zu bezähmen und drängten den General zur Verteilung. Dem war das Ansinnen nicht eben unerwünscht, da es ihm die Ausführung seiner finsteren Pläne erleichterte; Hernando de Soto und ich konnten uns später sogar des Argwohns nicht erwehren, daß die widerspenstige Ungeduld der Leute auch noch absichtlich geschürt worden war.
    Zum Zweck einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung wurde der Beschluß gefaßt, das ganze Gold einzuschmelzen und in Barren zu verwandeln, denn die Beute bestand aus unendlich mannigfaltigen Gegenständen, in denen das Gold sehr verschiedene Grade der Reinheit hatte.
    Schon am andern Tag wurde die Schatzkammer ausgeräumt, und es wurden sorgsame Bewachungsmaßregeln dabei beobachtet. Hierauf berief der General eine Anzahl von einheimischen Goldschmieden, die er beauftragte, all die wunderbaren Gefäße, Schüsseln, Becher, Wasserkannen, Tafelgeschirr, Kredenzteller, Vasen, Leuchter, Tempelgerät, Ziegel, Platten, Räucherpfannen, Götzenbilder, Armbänder, Gesichtsmasken, all den Wandschmuck, die Säulenschäfte, die Ketten, die religiösen Insignien aus ihrer kunstvollen Form wieder in den Rohzustand
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