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Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
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zufrieden, verbarg die Schmuckstücke in seinem Lederwams und schob das Schwert in die Scheide.
    Atahuallpa schaute ihn geblendet an, als ob ein Phantom Wirklichkeit geworden wäre. Denn nun war ihm ja der Beweis erbracht, daß man von den Fremdlingen für Gold sein Leben erkaufen konnte. Dies aber dünkte ihn so ungeheuerlich, daß er noch lange in dunklem Staunen stand, aus dem ihn nicht einmal das Wort seines Lieblings erwecken konnte.

Kapitel 12
    Am nämlichen Tag kam der General mit mehreren Rittern zu Atahuallpa, um sich wegen des Vorfalls am Morgen bei ihm zu entschuldigen. Er versprach gerechte Untersuchung und die Bestrafung des Mannes.
    Da sagte der Inka mit Worten, die er gequält suchte und stockend an Felipillo richtete, wenn man ihm die Freiheit gebe, verpflichte er sich, den ganzen Fußboden des Saals, in dem wir uns befänden, mit Gold zu bedecken.
    Der General und wir andern vernahmen es schweigend, und als Atahuallpa keine Antwort erhielt, fügte er mit größerem Nachdruck hinzu, daß er nicht bloß den Fußboden, sondern den Raum so hoch mit Gold füllen wolle, als er mit einer Hand zu reichen vermochte.
    Wir starrten ihn verwundert an, denn wir hielten dies für die Prahlerei eines Mannes, der zu begierig war, sich die Freiheit zu verschaffen, um die Erfüllbarkeit seiner Versprechungen zu erwägen. Der General winkte uns abseits, und wir sollten unsere Meinung äußern. Sein Bruder Hernando und der Sekretär Xeres wollten das Anerbieten abgelehnt wissen, de Soto und ich sprachen dafür. Pizarro selbst war in Ungewißheit. Er hatte die höchsten Vorstellungen von dem Reichtum des Landes und namentlich von den Schätzen der Hauptstadt Cuzco, wo nach verläßlichen Berichten die Dächer der Tempel mit Gold gedeckt, die Wände mit goldenen Tapeten bekleidet und sogar die Zügel aus Gold verfertigt waren. Das müsse doch einigen Grund haben, meinte er; es empfehle sich jedenfalls, auf den Vorschlag des Inka einzugehen, denn dadurch könne er mit einem Schlag alles Gold zu seiner Verfügung bekommen und verhindern, daß es von den Peruanern versteckt oder fortgeschafft werde.
    Er sagte deshalb zu Atahuallpa, er wolle ihm die Freiheit geben, wenn er wirklich so viel Gold dafür bezahlen könne, wie er behaupte. Er verlangte ein Stück roter Kreide, man brachte es ihm, und nun zog er in der vom Inka bezeichneten Höhe einen Strich über die vier Wände. Der Raum war siebenunddreißig Fuß breit, zweiundfünfzig Fuß lang, und die rote Linie auf der Wand lief neuneinhalb Fuß über dem Boden.
    Dieser Raum sollte mit Gold angefüllt werden. Der Inka forderte hiezu zwei Monate Zeit. Die Bedingungen wurden vom Sekretär Xeres niedergeschrieben und die Urkunde mit einem Siegel versehen.
    Wir waren so erregt von der Verhandlung und dem geschlossenen Vertrag, daß unsere Stimmen lallten und die Gesichter wie im Fieber glühten, als wir uns darüber unterhielten. Wir zweifelten; die Zweifel waren mit Bangigkeit und schwüler Hoffnung gemischt. Alsbald verbreitete sich die Kunde im Lager; die Soldaten gebärdeten sich wie toll vor Freude; sie hingen den ausschweifendsten Zukunftsträumen nach, und Schlaf und Spiel und Zeitvertreib wurden ihnen zur Last.
    Und mir erging es nicht anders.

Kapitel 13
    Kaum war das Übereinkommen getroffen, als der Inka Eilboten nach allen Städten seines Reichs mit dem Befehl schickte, daß man die goldnen Geräte und Gefäße aus den königlichen Palästen, den Tempeln und Gärten und öffentlichen Gebäuden fortnehmen und ohne Säumen nach Caxamalca bringen solle.
    Die Entfernungen waren groß, obschon sie durch den scharfsinnig eingerichteten Läuferdienst minder fühlbar wurden als in unsern Ländern. Im Anfang trafen die Sendungen nur spärlich ein. Nach einer Woche aber kamen an jedem Tag bedeutendere Mengen und wurden in der streng von mir bewachten Schatzkammer niedergelegt.
    Immer zur Abendzeit tat der Inka auf die Schwelle des Gemachs, in welchem sich das aus allen Provinzen seines Reichs herbeigetragene Gold befand, maß mit ruhigem Blick die noch leere Wandfläche ab und schien zu berechnen, wie weit es noch war bis zu der roten Linie oben, die seine Schicksalslinie war. Soviel auch täglich von dem gleißenden Metall herzuströmte, so langsam schien es sich zu vermehren.
    Wenn er das Auge vom Rand der goldnen Masse zudem unerbittlichen Strich erhob, war es, als zerlege er den leeren Zwischenraum in die Zahl der Tage, die ihn von der Freiheit trennten. Und um ihn
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