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Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
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verstopft, und so groß war die Todesangst der Überfallenen, daß viele in ihrer krampfhaften Bemühung die Mauern aus gebranntem Lehm, die den Platz umzäunten, mit den bloßen Händen durchbrachen.
    Ich kann mich nicht mehr entsinnen, wie lange das schauerliche Gemetzel dauerte. Mein Geist war verwirrt durch den Anblick des goldnen Thronsessels, auf dem der Inka immer noch saß. Den wollte ich um jeden Preis gewinnen, mit Zaubergewalt zog es mich in den Kreis seiner Strahlen, und ich hieb alles nieder, was sich mir entgegenstellte. Die Getreuen des Inka warfen sich mir und den andern Reitern in den Weg, rissen einige von den Sätteln oder boten die eigene Brust dar, um den geliebten Gebieter zu schützen. Im letzten Zucken des Lebens noch klammerten sie sich an die Pferde, ich schleifte immer drei oder vier mit mir, und wenn einer tot hinfiel, trat ein anderer an seinen Platz. Der Thron, von den acht Edelleuten getragen, schwankte wie ein Boot auf bewegter See, bald vorwärts, bald zurück, je nachdem der Andrang zunahm oder nachließ.
    Atahuallpa starrte regungslos in das blutige Verderben, seiner Ohnmacht, es abzuwenden, mit schicksalsvoller Düsterkeit gewiß. Das kurze Zwielicht der Wendekreise verging, der Abend sank; von unserer Mordarbeit ermüdet, fürchteten wir nur eines, daß der Inka entfliehen könne. Andrea della Torre und Cristoval de Perralta stürmten auf ihn los, um ihm das Schwert in die Brust zu stoßen. Da raste der General wie der leibhaftige Sturmwind dazwischen; am Leben des Fürsten war ihm alles gelegen, und indem er den Arm zu seinem Schutze ausstreckte, erhielt er von Cristoval de Perralta eine ziemlich schwere Wunde am Handgelenk. Zugleich fielen vier von den Trägern des Throns auf einmal, den übrigen wurde die Last zu schwer; vor einem Berg von Erschlagenen brachen sie in die Knie; der Inka wäre zu Boden gestürzt, wenn ihn nicht Pizarro und della Torre in ihren Armen aufgefangen hätten. Während ihm der Soldat Miguel de Estete die königliche Borla vom Haupt riß, bemächtigten Perralta und ich uns des Thrones, er auf der einen, ich auf der anderen Seite, und zehn schreckliche Sekunden lang stierten wir uns mit blutunterlaufenen Augen an wie Todfeinde.
    Atahuallpa wurde als Gefangener in das nächstgelegene Gebäude geführt, und zwölf Mann wurden damit betraut, ihn zu bewachen.
    Eine geisterhafte Ruhe hatte sich über Platz und Straßen ausgebreitet. Aber von einer gewissen Stunde der Nacht an ertönten weit von den Bergen herüber die Klagegesänge des ihres Gottkönigs beraubten Peruaner, anschwellend, abschwellend, immer schmerzlicher und wilder bis zum Grauen des Tages.

Kapitel 8
    Die Soldaten erhielten Erlaubnis, auf Beute auszuziehen, und sie brachten aus dem Lager des Inka viel goldnes und silbernes Geräte mit und viele Ballen Stoffes, so fein im Gewebe und so vollendet in der Kunst der Farbverschmelzung wie wir noch keine vorher gesehen hatten.
    Alles entwendete Gut wurde in ein hierfür bestimmtes Haus geschafft, um zur bestimmten Zeit, nach Abzug des Fünftels für die kastilische Krone, verteilt zu werden. Cristoval Perralta und ich hatten aber den Thron des Inka mit Hilfe einiger Leute in einem Versteck untergebracht; einer von ihnen verriet uns an den Pedro Pizarro, worauf uns der General kommen ließ und uns mit unheilvoller Miene aufforderte, den Thron auszuliefern. Das geschah alsbald, denn wir zitterten vor seiner drohenden Stirn.
    Um mich schadlos zu halten, durchsuchte ich mit den Soldaten die Häuser der Stadt, und was irgend von Wert war, raubten wir. Die Eingeborenen wurden festgenommen, und wir rissen ihnen Schmuck und Zierate vom Leib. Einzeln oder in Gruppen zogen unsere Leute durch das Gelände und steckten die Wohnungen in Brand, nachdem sie sie ausgeplündert. Sie brachen in die Tempel, erschlugen oder vertrieben die Priester und schleppten fort, was sie tragen konnten an bunten Stoffen und schönen Gefäßen. Aber alles war nicht genug; sie lechzten nach mehr.
    Und auch mir war nichts genug; ich lechzte nach mehr.
    Eines Abends, als eine Abteilung von ihrem Raubzug, der besonders erfolgreich gewesen war, in die Stadt zurückkehrte, trat der gefangene Inka aus den inneren Gemächern seines Hauses in die Säulenhalle und schaute zu, wie die Soldaten sich ihrer Beute entledigten und wie andre hinzukamen, die goldnen und silbernen Gegenstände in die Hand nahmen, sie einander zeigten, sie betasteten, sie geradezu liebkosten und durch ihr ganzes
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