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Das Gold von Caxamalca

Titel: Das Gold von Caxamalca
Autoren: Jakob Wassermann
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zu sehen, da ich dieses schreibe.
    Trompetenschall rief uns zu den Waffen. Die Reiterei wurde hinter den Gebäuden aufgestellt, das Fußvolk in den Hallen. Die Stunden verstrichen, und wir glaubten schon, unsere Anstalten seien umsonst gewesen, als vom Inka eine Botschaft kam, daß er unterwegs sei.
    Aber erst um Mittag wurden die Peruaner auf der breiten Kunststraße sichtbar. Voran schritten zahlreiche Diener, deren Amt es war, den Weg von jedem, auch dem kleinsten Hindernis zu säubern, Steinen, Tieren und Blättern. Hoch über der Menge saß Atahuallpa auf einem Thron, den acht der vornehmsten Edelleute auf den Schultern trugen, während sechzehn auf jeder Seite, überaus kostbar gekleidet, nebenher schritten.
    Der Thronsessel war aus gediegenem Gold und warf Strahlen wie eine Sonne. Rechts und links hingen Teppiche herab, die aus den bunten Federn tropischer Vögel mit schier unbegreiflicher Kunst hergestellt waren. Viele der Unsern richteten gierige Blicke auf dieses Prunkstück von kaum zu ermessendem Wert, aber von allen Augen waren meine sicherlich die gierigsten. Ich konnte sie nicht losreißen von der schimmernden Herrlichkeit, und mein Herz schlug mit verdreifachten Schlägen.
    Um den Hals trug der Inka eine Kette von erstaunlich großen Smaragden; sein kurzes Haar umflocht ein Kranz von künstlichen Blumen aus Onyx, Türkisen, Silber und Gold, seine Haltung war so ruhig, daß man die täuschende Meinung bekam, eine Figur aus Erz sitze da oben.
    Als die vordersten Reihen des Zuges den Platz betraten, öffneten sie sich nach beiden Seiten für das königliche Gefolge. Unter lautlosem Schweigen seiner Leute schaute Atahuallpa suchend rundum, denn von den Unsern war niemand zu sehen, indes wir jedes Gesicht und jede Bewegung von ihnen wahrnehmen konnten.
    Da trat, wie es beschlossen war, der Pater Valverde, unser Feldpriester, aus einer der Hallen. Die Bibel in der Rechten, das Kruzifix in der Linken, näherte er sich dem Inka und redete ihn an. Felipillo, der wie sein Schatten hinter ihm huschte, so verhängnisvoll wie unentbehrlich, übersetzte seine Worte Satz für Satz, so gut oder so schlecht er es vermochte.
    Der Dominikaner forderte Atahuallpa auf, sich dem Kaiser zu unterwerfen, der der mächtigste Herrscher der Welt sei und seinem Diener Pizarro den Befehl erteilt habe, von den Ländern der Heiden Besitz zu ergreifen.
    Der Inka rührte sich nicht.
    Pater Valverde forderte ihn zum zweitenmal auf und fügte hinzu, wenn er sich dem Kaiser zinspflichtig erkenne, werde ihn dieser als treuen Vasallen beschützen und ihm in jeder Not beistehen.
    Es folgte das nämliche Schweigen.
    Da erhob der Mönch zum drittenmal seine Stimme und richtete im Namen unseres Herrn und Heilands die bewegliche Mahnung an ihn, sich zu unserem heiligen Glauben zu bekehren, durch den allein er hoffen dürfe, selig zu werden und der Verdammnis und höllischen Haft zu entgehen.
    Es hätte da anderer Worte bedurft und anderer Vorstellungen, als sie dem Pater zu Gebote standen. Er war ein einfacher Mann von geringer Erziehung und hatte die Zunge nicht und hatte die Flamme nicht, um das Herz des Götzendieners zu rühren und es für die Lehre Christi empfänglich zu machen, der wir alle in Demut gehorchen.
    Der Inka antwortete auch dieses Mal nicht. Ein starres Bild, saß er auf seinem Thron und schaute den Mönch halb verwundert, halb unwillig an. Dieser blickte ratlos zu Boden, sein Gesicht erblaßte, vergeblich suchte er Erleuchtung und neuen Anruf, und plötzlich wandte er sich um und hob das Kruzifix in seiner Hand wie eine Fahne.
    Da sah der General, daß die Zeit gekommen war und daß er nicht länger zaudern durfte. Er wehte mit einer weißen Binde, das Geschütz wurde abgefeuert, der Schlachtruf San Jago ertönte, aus dem Hinterhalt brach wie ein gestauter Strom die Reiterei hervor, und von Überraschung gelähmt, vom Geschrei und Knallen der Musketen und Donnern der beiden Feldschlangen betäubt, vom Rauch, der sich in schweflichen Wolken über den Platz verbreitete, erstickt und geblendet, wußten die Leute des Inka nicht, was sie tun, wohin sie fliehen sollten. Vornehme und Geringe wurden unter dem ungestümen Anprall der Reiterei miteinander niedergetreten, und ich sah nur einen Knäuel von roten, blauen und gelben Farben vor mir. Keiner leistete Widerstand, und sie besaßen auch nicht die Waffen, die dazu ausgereicht hätten. Nach Verlauf einer Viertelstunde waren alle Auswege zum Entkommen mit Leichen geradezu
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