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Das Gold des Bischofs

Das Gold des Bischofs

Titel: Das Gold des Bischofs
Autoren: Simon Beaufort
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Gewölbebögen, an den Felsendom mit den prachtvollen orientalischen Mosaiken und der großen Kuppel, die strahlte wie ein Stück vom Himmel selbst.
    Roger sann ebenfalls über die Freuden Jerusalems nach und seufzte voll Sehnsucht. »Die Hurenhäuser geben einen Vorgeschmack auf das Paradies, und der Wein ist süß wie Nektar. Es ist die großartigste Stadt auf der ganzen Welt.«
    Unvermittelt brüllte er los, um die Aufmerksamkeit des Schankburschen zu erringen. Der Lärm ließ Geoffrey hochschrecken, und die rauen Gespräche in der Stube verstummten so abrupt, als hätte eine Schar Nonnen den Raum betreten. Als der Bursche beunruhigt herbeieilte, verlangte Roger mehr Bier. Dann streckte er die Beine von sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
    Â»Sonst behauptest du immer, Durham sei die großartigste Stadt der Welt«, bemerkte Geoffrey. »Hast du es dir inzwischen anders überlegt?«
    Â»Still!«, schnauzte Roger so laut, dass einige der unappetitlichen Gesellen an den Nebentischen erschrocken herüberblickten. »Es ist dieser Tage nicht klug, ihren Namen in der Öffentlichkeit zu nennen. Er wird zu leicht mit Bischof Flambard in Verbindung gebracht.« Verschwörerisch neigte er sich zu Geoffrey hin, sprach aber kein bisschen leiser. »Er ist mein Vater, weißt du?«
    Roger lehnte sich wieder zurück und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Geoffrey stellte fest, dass die unbedachte Bemerkung ihnen mehr als einen prüfenden Blick von den anderen Gästen einbrachte. Aber Roger war stolz auf seinen Vater, und er ließ keine Gelegenheit aus, mit dieser angeblichen Verwandtschaft zu prahlen, obwohl Geoffrey inzwischen jede Einzelheit seiner Abstammung hinreichend kannte.
    Flambard war der oberste Justitiar des vorangegangenen Königs gewesen, ein Amt, dem es zugleich oblag, erhebliche Geldbeträge für den König einzutreiben. Als König William Rufus im Jahr zuvor bei einem Jagdunfall zu Tode gekommen war, hatte Flambard seine Dienste auch dem neuen König Henry angeboten. Der hatte es allerdings abgelehnt, einen unbeliebten Mann wie Flambard an seinen Hof zu holen, und so fand sich der verruchte Bischof unversehens im beeindruckenden White Tower zu London eingekerkert.
    Vermutlich täte Roger gut daran, in Southampton nichts über seine Abkunft verlauten zu lassen. Aber er würde sein Geheimnis kaum lange bewahren, wenn er es in höchster Lautstärke durch überfüllte Gaststuben brüllte. Wann immer Geoffrey an die Verwandtschaft zwischen den beiden dachte, überlegte er unwillkürlich, ob Rogers Mutter sich nicht vielleicht geirrt hatte. Roger war gutmütig derb, geradlinig und ungehobelt, und politische Ränkespiele waren ihm fremd, während sein angeblicher Vater einer der gerissensten Männer des Landes war, der Ehrlichkeit und Offenheit nicht zu kennen schien.
    In diesem Augenblick trat ein Schankknecht mit einem Tablett an den Tisch. Es war ein magerer Junge mit herabhängendem Unterkiefer und gelben Zähnen. Seine Schürze starrte von Fett, Schmutz und eingetrockneten Bierflecken, und Geoffrey war nicht eben beruhigt, als er beobachtete, wie der Bursche sich die Hände an dieser Schürze »säuberte«, ehe er die armseligen Brotstücke und eine Schale mit Zwiebeln verteilte.
    Â»Da will ich was Besseres«, sagte Roger mit verächtlichem Blick auf das Angebot. »Bring mir Fleisch, Junge. Aber keinen von euren ärmlichen Eintöpfen – ich möchte ein richtiges Stück Fleisch.«
    Â»Wir haben Fastenzeit«, entgegnete der Junge ängstlich und musterte Rogers riesige Gestalt sowie die beeindruckende Zahl von Waffen, die er mit sich führte. »Da reichen wir kein Fleisch.«
    Â»Unsinn«, erwiderte Roger abschätzig. »Ich bin ein Kreuzfahrer und Ritter – ein Jerosolimitanus – der gekämpft hat, um das Heilige Land von den Ungläubigen zu befreien. Für diese Mühen erwarte ich Fleisch, Fastenzeit oder nicht.«
    Eingeschüchtert huschte der Bursche davon. Roger hätte ihm nicht erst erklären müssen, dass er auf dem Kreuzzug gewesen war: Sowohl er wie auch Geoffrey waren in weiße – wenn auch, vor allem in Rogers Fall, schmutzige – Wappenröcke gekleidet, die das rote Kreuz der Kreuzfahrer zeigten. Darunter trugen sie eine Kettenrüstung, knielange Hemden aus ineinandergreifenden
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