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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Ich könnte dann so etwas sagen wie: »Ja, ich war heute auch ganz schön weit – was? Lustwandeln?«
    Vielleicht ist das meine erste Lektion: Vergleiche dich nicht immer mit der Yogurette-Fraktion. Das nimmt mir den ganzen Spaß am Spazieren, weil ich mir denke: Eigentlich müsste ich laufen. Aber Herr Hischhausen hat recht, wenn er sagt: Was nützt es schon, wenn irgendwann auf deinem Grabstein steht: Sie hat regelmäßig Sport getrieben und es gehasst.
    »Gehen ist sogar olympische Disziplin!«, weiß L., und da fallen sie mir wieder ein, die lustigen Gestalten, die ganz schnell gehen und dabei so tuntig mit den Armen wackeln. So schon mal nicht! Ich will einfach stramm marschieren. Angeblich ist es ein guter Einstieg, 20 Minuten am Tag stramm zu marschieren. Das pumpt das Zehnfache an Sauerstoff ins Blut, Stress wird abgebaut, die Durchblutung wird gefördert und in meinem Fall habe ich noch den Eindruck, mein Gehirn wird gelüftet. Die besten Ideen kommen mir beim Gehen – und es macht Spaß. Und Spaß ist der einzige Grund, warum man gewillt ist, eine körperliche Anstrengung auszuhalten. Sex hätte man auch nicht, wenn es nur gesund wäre, darum hat die Natur es so eingerichtet, dass er Spaß macht.
    Um meinen täglichen Marsch in den Alltag zu integrieren, muss ich etwas verändern: Ich gehe nun morgens zu Fuß in die Arbeit, statt mit dem Bus zu fahren. Und zwar im Stechschritt. Das hat den Effekt, dass ich hellwach und gut gelaunt in der Arbeit ankomme, anstatt müde, zerknautscht und schlecht gelaunt, weil mich die Halbstarken im Bus so nerven. Ich muss nicht mehr erst das System hochfahren, ich laufe bereits auf Hochtouren im Büro ein. Und das Beste ist, dass ich Gefallen daran finde. Auch bei schlechtem Wetter. Denn trotz schlechtem Wetter bricht der Tag an, trotzdem steht der Lieferwagen mit frischem Gemüse vor dem Eckladen und der Fahrer pfeift beim Ausladen. Die Erstklässler stehen an der roten Ampel, und weil sie nicht stillhalten können, hüpfen ihre knallbunten Schulranzen immer auf und ab. Es riecht nach Croissants und frischen Brötchen aus der Bäckerei, in der die Verkäuferin mit den Händen über ihre blitzend weiße Schürze streicht. Mich überkommt dabei fast ein Gefühl von Gemeinschaft: Wir fangen den Tag an, jedem wird er etwas anderes bringen, aber den Start haben wir alle gemeinsam. Ich bin morgens schon gut gelaunt. Unfassbar.
    »Was ist denn mit dir los in letzter Zeit?«, fragt meine Kollegin Frau Drösel und ich kann nicht fassen, dass der kleine Spaziergang mich so verändert, dass sogar andere es bemerken. Zumindest morgens.
    Zu Beginn nehme ich mir vor, im Winter, wenn es noch dunkel ist und eisig kalt, mit dem Bus zu fahren. Als es dann Winter wird, bleibe ich trotzdem beim Fußmarsch. Auch wenn Schnee, Matsch oder Eis meinen Weg erschweren, ist es immer noch um einiges schöner, die bunten Regenschirme auf der Straße tanzen zu sehen und die kalte Luft in die Lungen zu ziehen, als im dampfenden Bus die Schnupfennase der Frau hinter mir im Nacken zu haben. Obwohl mein morgendlicher Gang keine große Anstrengung darstellt, gibt er mir doch das Gefühl, etwas für mich zu tun, worauf ich stolz bin. Das fühlt sich gut an. Und dieses gute Gefühl macht Lust auf mehr. Ich gehe jetzt oft am Wochenende oder abends noch eine Stunde raus. Weil es keine Pflicht ist, sondern Kür, mache ich es nur aus Spaß. Und schneller als Laub bin ich auch.

Tiere machen glücklich
    … heißt es. Aus Gründen der Referenz verweise ich an dieser Stelle auf einen besonders tragischen Fall, der mit ein Auslöser für einen Riesensprung in meiner Tierliebeentwicklung war: der Fall Christina. Meine Freundin Christina hat ihr Tier nämlich sehr glücklich gemacht. Christina wollte schon immer einen Hund haben. Während ihrer gesamten Kindheit stand auf ihrem Wunschzettel an den Weihnachtsmann ganz oben:

    Das brachte ihr unzählige Stoffhunde und Hundebücher ein, aber nie den heiß ersehnten Vierbeiner. Christina machte das Beste aus der Situation und zog während ihrer Kindheit stets einen Stoffhund an einer Leine hinter sich her, voller Hoffnung auf das nächste Weihnachtsfest, irgendwann musste es ja schließlich klappen. Es klappte natürlich nie. Christinas Mutter gehört nämlich zu der Gruppe von Personen, die schon beim Anblick eines Tieres das Bedürfnis verspüren, sich die Hände zu waschen. Die Tiere erkennen diese Leute genau – Hunde werden ihnen gegenüber aggressiv und bellen
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