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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt
Autoren: Alexandra Reinwarth
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zum Beispiel weil man, wie ich, sowohl Hunde als auch Katzen ganz hervorragend findet, wird man von allen verachtet. Da kann man sich eigentlich gleich zu den Wellensittich-Freunden schleichen. Die sind da toleranter, weil älter. Aber im Ernst: Katzen sind tolle Tiere. Ich finde sie hinreißend, wenn sie im Schlaf vom Sofa rutschen, aufschrecken und dann so tun, als wollten sie gerade sowieso hinunter. Oder wenn sie einen zu dicken Bauch mit einer vorteilhaften Pose kaschieren. Wenn sie sich quer über die Zeitung legen oder einem das Gefühl geben, man sei ihr Zeitvertreib, wenn man mit ihnen spielt. Es ist diese nonchalante Art, der Katzenbesitzer erliegen. Daher der Spruch:
    Ein Hund denkt: Sie füttern mich, sie pflegen mich, sie kümmern sich um mich … sie müssen Götter sein! Die Katze denkt: Sie füttern mich, sie pflegen mich, sie kümmern sich um mich … ich muss eine Göttin sein!
    Doch, Katzen sind etwas Wunderbares. Die Nachteile sind:
Man kann nicht mit ihnen rausgehen. Obwohl es da bestimmt Ausnahmen gibt. Ich habe aber bis jetzt nur scheußliche Ausnahmen gesehen: Katzen mit angelegten Ohren, die sich flunderartig ins Gras krallen, während eine Besitzerin am Ende der pinkfarbenen Leine flötet: »Koooomm, Muschimuschi, kooooomm!«
Sie stehen immer auf der falschen Seite der Tür. Egal, welche Seite das ist.
Sie spielen mit den Zehen ihres Besitzers, wenn er noch schlafen will. Wenn man Glück hat. Wenn man Pech hat, spielen sie mit dem Gesicht.
Sie haben sehr viele Krallen.
Sie topfen einem die Kübelpflanzen aus, nicht um.
Man kann nie mehr ein Brettspiel spielen.
Sie kratzen den Besuch, falls der so dreist ist, die Aufmerksamkeit des Katzenbesitzers zu beanspruchen.
Sie besetzen alle bequemen Plätze. Für eine durchschnittlich große Hauskatze ist es kein Problem, ein Dreisitzersofa komplett zu belegen.
Sie räumen wegen eines Schmetterlings oder einer Fliege das Bücherbord ab, schmeißen dabei die Vase um und kippen die Stehlampe in die Stereoanlage.
Sie lecken sich die Geschlechtsteile.
    Also doch einen Hund? Hunde mag ich auch sehr gerne, die geben einem immer das Gefühl, ein guter Mensch zu sein. Wer macht sonst schon so ein Theater, wenn man nach Hause kommt? Ich weiß, wovon ich spreche, wir hatten mal einen Hund. Während ich nach Kräften pubertierte, holten sich meine Eltern einen süßen Mischlingshund aus dem Tierheim. Ich glaube, sie suchten Trost. Das Tier wurde von meiner Mutter liebevoll umhätschelt, gefüttert und gebürstet, aber das undankbare Vieh liebte nur mich und lehnte meine Mutter ab. Genau wie ich. Wir waren ein Herz und eine Seele, das Tier und ich, und als ich von zu Hause auszog, nahm ich es mit. Das Tier war mit in der Uni und im Biergarten. Es rollte sich, wenn ich in der Kneipe arbeitete, auf einer Bank ein und schnurchelte dort geduldig bis Feierabend. Der einzige Fehler des Tieres war, dass es sehr gerne fraß. Das hatte, neben einem latenten, aber chronischen Übergewicht unter anderem diese Geschichte zur Folge:
    Wenn ich ohne das Tier ausging und spätnachts nach Hause kam, drehte ich immer noch eine Runde mit ihm, damit ich am Morgen länger schlafen konnte. Das ist ganz angenehm, wenn man so durch die schlafenden Straßen schlendert, man kann den Tag Revue passieren lassen und die Straßenlaternen malen dazu den eigenen Schatten auf die Bürgersteige. Hinter den dunklen Fenstern stellte ich mir die schlafenden Leute und ihre Leben vor, manchmal, ganz selten, brannte irgendwo ein Licht. Der Schein einer schwachen Schreibtischlampe, darunter ein Oberkörper, leicht nach vorne gebeugt, wie eine müde Blume.
    Als ich in dieser Nacht spät nach Hause kam und die Tür zu meiner Wohnung öffnete, kam mir das Tier nicht wie gewöhnlich entgegengesprungen. (Keine Sorge, es kommt keine traurige Sterbegeschichte.) Ich suchte das Tier und fand es auf dem Sofa, es wedelte sehr langsam mit dem Schwanz und sah mich verschlafen an. »Na komm, gehen wir!«, sagte ich und das Tier tat sich sichtlich schwer. Es robbte zum Sofarand und plumpste unsouverän auf den Boden. Dann rappelte es sich auf und folgte mir eiernd zur Tür. Kaum aus dem Haus, blieb das Tier mit gekreuzten Vorderbeinen stehen und lehnte sich mit der Schulter gegen die Hausmauer. Ich war jetzt beunruhigt. Das Tier sah mich mit leicht zur Seite geneigtem Kopf von unten rauf an und mir ging die Düse. Vielleicht war der Hund vergiftet worden, er fraß ja alles, was auf der Straße in die Nähe seines
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