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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Staubsaugermauls kam. Womöglich Rattengift? Ich schnappte das Tier und trug es zum Auto, 15 Minuten später waren wir beim Tierarzt, der noch die Abdrücke der Falten seines Kopfkissens auf der Backe hatte. Ich machte mir Vorwürfe, wegen des Hundes, nicht wegen des Tierarzts, und wischte ein Tränchen aus dem Augenwinkel. »Schlechte Hundemutter, schlechte Hundemutter«, sagte eine Stimme in meinem Kopf. Der Tierarzt drückte und zupfte und leuchtete am Hund, in den Hund und um den Hund herum und zuckte gähnend mit den Schultern.
    »Hmm, haben Sie Beruhigungsmittel zu Hause? So etwas wie Morphium zum Beispiel? Könnte er so was erwischt haben?«
    Hatte ich nicht, konnte er nicht.
    »Dann warten Sie mal bis morgen, ob es dann besser ist.«
    Und als ich so mit dem schwankenden Tier auf dem Beifahrersitz nach Hause tuckerte, ging ganz hinten in meinem Hirn ein kleines Licht auf. Es wurde größer und beschien meinen Küchentisch, auf dem, als ich das Haus am Abend verlassen hatte, in einer Schale noch ein Haschischplätzchen gelegen war. Ich sah das Tier von der Seite an. »Bist du breit?«, fragte ich, worauf das Tier mich ansah, sich die Nase leckte und vergaß, die Zunge wieder einzuziehen. Zu Hause sah ich sofort nach: Tatsache. Das Plätzchen war weg. Ich rief wieder den armen Tierarzt an: »Wie viel Haschisch verträgt ein mittelgroßer Hund? Ungefähr so groß wie der, der vor 20 Minuten bei Ihnen war?«
    Es ging glimpflich für das Tier aus. Der ärztliche Rat war: »Lassen Sie ihn einfach ausschlafen.«
    Und bis ich aufgelegt hatte und anfing zu schimpfen: »Ich mache mir Sorgen und die Tierarztkosten und blablabla, derweil bist du nur breit wie ein Haus, du, du, du – Drogenhund!«, da lag das Tier schon wieder auf dem Sofa und schlief tief und fest. Es schlief zwei Tage durch und stand in der Zeit nur einmal auf, um den gesamten Wassernapf leer zu trinken. Ein Brand. Man kennt das ja. Ach ja, das Tier war schon toll. Leider verließ es diese Welt knapp vor seinem 18. Geburtstag. Seine Leine kann ich immer noch nicht wegschmeißen.
    Wie sollte ich ein anderes Tier so ins Herz schließen wie dieses? Was mich auch an einem neuen Hund schreckt, ist, dass man heute nicht mehr einfach so einen Hund hat. Ich sehe das im Bekanntenkreis, da muss man mit dem Hund erst in die Welpenspielstunde, dann in die Junghundgruppe mit anschließender Hundeschule und sonntags zu Spiel und Spaß, Agility oder Obedience. Da springen die Herrchen und Frauchen über Hindernisse und kriechen auf allen vieren durch Stofftunnel, in der Hoffnung, der Hund mache es ihnen dann nach. Man trägt eine 10 Meter lange Schleppleine und einen Klicker mit sich herum und man hat Lungen-Leckerlis in der Tasche, die in einem Umkreis von 100 Metern alle Passanten olfaktorisch warnen: Hier kommt eine tote Lunge.
    Man hat nicht mehr einen Hund, man erzieht ihn. Wer früher töpferte oder mit Salzteig bastelte, strickt jetzt am Hund herum. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde es auch schön, wenn ein Hund so gut erzogen ist, dass er keinen Jogger frisst, und kommt, wenn er gerufen wird. Das ist von großem Vorteil, besonders für die Jogger. Mit Grausen denke ich an eine Freundin, die, wenn sie nach Hause kommt, immer erst einen Hundekaustab durch den Briefschlitz schiebt, damit ihre Dogge auf der anderen Seite sie nicht umschmeißt, wenn sie die Türe öffnet.
    Aber es wird ganz schön viel Wirbel um die Vierbeiner gemacht, finde ich. Und manchmal, wenn ich eine Hundehalterin auf der Straße mit ihrem Hund sehe (der Hund heißt anscheinend Cara-Nein!) und wenn diese zu Cara-Nein! sagt: »Wieoftdennjetztnoch, setzdichendlichhin!«, dann graut mir davor, Hundehalter zu sein. Man trifft ja notgedrungen auf andere Hundehalter. Wahrscheinlich würde ich über die Hundewiese gejagt, weil mein Hundi ein simples Halsband trüge und kein Brustgeschirr und kein Premiumfutter bekäme. Also, Nachteile Hund:
Andere Hundehalter
Hundescheißetüten
Hundescheiße
Die grauen Schlieren an den Tapeten auf Hundehöhe
Der Zustand jener Dinge, die der Hund als sein Spielzeug betrachtet, die es aber nicht sind
In jeder Jackentasche sind Leckerlis
Der Geruch von Leckerlis
Der Geruch der Jackentaschen
Nasser Hund
Hunde wälzen sich beim Gassigehen in verwesendem Fisch, daraufhin steht man in einem eisigen Fluss und wäscht den Hund. Dann stinken Hund und Mensch nach verwesendem Fisch. Man ist mit dem Auto gekommen, das heißt, das Auto stinkt jetzt auch nach
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