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Das Glück einer Sommernacht

Das Glück einer Sommernacht

Titel: Das Glück einer Sommernacht
Autoren: Barbara Wallace
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mürrisch, aber ohne diese argwöhnische Abwehr, die ihr neuer Arbeitgeber ausstrahlte.
    „Ich habe Bestellscheine im Wagen“, sagte der Händler, als alles weggepackt war. Es waren die ersten Worte seit einer ganzen Weile. „Wenn Sie welche wollen, kommen Sie mit.“
    Kelsey folgte ihm und spürte auf dem ganzen Weg nach draußen Alex Markoffs Blick im Rücken.
    „Normale Lieferung ist alle zehn Tage“, sagte der Mann. „Die ersten vier Taschen sind umsonst, danach müssen Sie zahlen.“
    „Ich werd’s mir merken.“ Kelsey nahm den Stapel dreifarbiger Bestellformulare entgegen, den er ihr überreichte.
    „Liefern Sie schon lange hierher nach Nuttingwood?“, fragte sie neugierig.
    „Ziemlich.“
    „Und was heißt das?“
    „Drei, vier, fünf Jahre. Ich führe nicht Buch.“
    Sie nickte resigniert. Es war einen Versuch wert gewesen, aber fast hatte sie schon mit so einer vagen Antwort gerechnet.
    „Vielen Dank noch mal für die Bestellscheine“, sagte sie und wedelte mit den Papieren zum Abschied. „Bis bald.“
    Farley Grangerfield brummelte etwas von „nichts Besseres zu tun …“ vor sich hin und schlug die Wagentür zu. Kelsey unterdrückte ein Lächeln. Die Antwort war so schlecht gelaunt und so absurd, dass Kelsey sie jetzt schon beinahe lustig fand.
    Sie wartete, bis der Pick-up um die Ecke gebogen war, dann kehrte sie ins Haus zurück. In der Küche traf sie auf Markoff, der sich offenbar nicht vom Fleck gerührt hatte. Er lehnte am Spülbecken und sah aus dem Fenster.
    „Interessanter Mann“, sagte sie und schloss die Tür. „Ist er wirklich so ein Griesgram, oder tut er nur so? Waren Sie schon in seinem Laden? Im …“, sie sah auf die Formulare in ihrer Hand, „… Leafy Bean?“
    „Ein, zwei Mal.“
    „Ist der Laden auch so originell wie er selbst?“
    „Seine Kuchen und Apfeltaschen sind nicht schlecht.“
    Aus Alex Markoffs Mund klang das schon wie ein ganzes Loblied. Kelsey trat an den Küchentisch, auf dem noch verschiedenes Gemüse ausgebreitet lag.
    Vielleicht bildete sie sich das nur ein, aber es schien Markoff ernsthaft zu stören, dass sie und Farley Grangerfield sich begegnet waren. Nur weil er selbst ein menschenscheuer Einsiedler war, erwartete er doch wohl nicht, dass auch sie sich von jeder menschlichen Gesellschaft fernhielt?
    Dachte er, sie verbrachte den ganzen Sommer allein mit ihm und seinem streunenden Kater? Bei dem Gedanken lief ihr auf einmal ein seltsamer, warmer Schauer über den Rücken.
    Markoff hatte sich ihr zugewandt. Unter seinem intensiven Blick überlief sie gleich noch ein Schauer.
    Sie gab sich einen Ruck und fragte ihn direkt: „Es ist Ihnen nicht recht, dass Mr Grangerfield weiß, dass ich hier bin, stimmt’s?“
    „Ich mag es nicht, wenn die Leute ihre Nase in meine Angelegenheiten stecken.“
    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Assistentin auf Zeit zum Gesprächsthema in der Stadt wird. Wenn die Leute es dort überhaupt je erfahren. Mr Grangerfield wirkt nicht so, als würde er gern reden, und schon gar keinen Klatsch verbreiten.“
    „Jeder redet eines Tages, Miss Albertelli. Ich muss den Leuten nicht dabei helfen.“ Er löste sich vom Fenster. „Und Sie auch nicht.“
    Jeder redet eines Tages.
    Diese Bemerkung sollte für die nächsten zwei Tage das Letzte sein, was Kelsey von Alex Markoff hörte. Kurz darauf verschwand er einfach und überließ ihr Nuttingwood für sich allein.
    „Dich sehe ich öfter als ihn“, bemerkte sie zu Puddin’, als der Kater wie jeden Tag auf der Terrasse erschien. „Er ist wie ein Geist, der nur nachts auftaucht.“
    Sie wusste, dass er abends zurückkam, denn sie hörte ihn auf und ab gehen. Jede Nacht wanderte er scheinbar endlos lang durch sein Zimmer.
    „Wenn er einmal etwas Heiteres schreiben würde, dann könnte er vielleicht auch besser schlafen.“ Die Seiten, die sie bis jetzt entziffert hatte, waren noch finsterer als er selbst. Und bitter. Fantastisch, aber bitter. Welten entfernt von Folge dem Mond.
    „Als wären sie von zwei verschiedenen Menschen geschrieben“, sagte sie zu Puddin’. Vielleicht waren sie das ja auch in gewisser Weise.
    Warum hatte sie bloß nicht mehr über ihn in Erfahrung gebracht, bevor sie herkam? Statt Mr Lefkowitz Fragen zu stellen, hatte sie sich von der Aussicht auf die üppige Bezahlung blenden lassen. Natürlich spielte Geld zurzeit eine entscheidende Rolle in ihrem Leben, aber warum hatte sie nicht ein bisschen weiter gedacht? Alex Markoffs
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