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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien
Autoren: Iny Lorentz
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1.
     
    I
m Osten bedeckte der erste Hauch der Dämmerung die Berge, während der westliche Horizont in flammendem Rot leuchtete, als könne der Tag sich nicht entschließen, der Nacht zu weichen. Die Reiterschar, die zu dieser Stunde unterwegs war, achtete jedoch weder auf die beginnende Dunkelheit noch auf das prächtige Farbenspiel am Himmel. Das Gesicht ihres Anführers war düster, und in seinen Augen leuchtete blanke Wut.
    Drei Tage lang hatte Roderich, der Grenzgraf der baskischen Mark, die Diebe verfolgt, die eine seiner Schafherden geraubt hatten, und war dabei ein ums andere Mal in die Irre geleitet worden. Obwohl er zu wissen glaubte, wer dahintersteckte, hatte er die Verfolgung abbrechen müssen, weil die Schar seiner Krieger, die ihn auf die Jagd begleitete, zu klein war. Auf einen ernsthaften Kampf mit dem kompletten Stamm der Schafdiebe durfte er sich nicht einlassen.
    Daher war die Stimmung ausgesprochen schlecht, und seine Leute verschafften ihrer Wut mit Flüchen Luft.
    »Beim heiligen Jakobus, diese Bergwilden lachen sich ins Fäustchen, weil wir uns wie Hunde mit eingezogenen Schwänzen davonmachen müssen«, schimpfte Ramiro, der Stellvertreter des Grafen.
    Der ging nicht auf seine Worte ein, sondern winkte ihm, still zu sein. »Vorsicht, da vorne ist jemand. Haltet die Waffen bereit!« Er sprach so leise, dass es nur der Reiter direkt hinter ihm hörte. Dieser gab die Warnung weiter, und innerhalb kürzester Zeit hatten alle Männer die Schilde fester gefasst und ihre Speere gesenkt.
    Das Geräusch, das den Grafen hatte aufmerksam werden lassen, stammte jedoch nur von einem einzigen Mann, der auf einem in blutrotes Licht getauchten Felsen saß. Obwohl GrafRoderich wenig mehr als einen Schattenriss ausmachen konnte, war ihm klar, dass er einen Waskonen vor sich hatte, und zog sein Schwert.
    Im gleichen Augenblick stand der Mann auf, sprang vom Felsen und hob die Hände, um seine friedlichen Absichten zu zeigen.
    »Einen schönen guten Abend wünsche ich dir, Graf Roderich«, grüßte er.
    »Er wird gleich noch schöner werden, wenn dein Blut an meinem Schwert glänzt!« Roderich schlug jedoch nicht zu, sondern musterte den Waskonen mit durchdringendem Blick. Den Kerl hatte er schon ein paarmal gesehen und glaubte sich an seinen Namen erinnern zu können. Dennoch tat er so, als sei der andere ihm fremd. »Was willst du? Sprich schnell, denn meine Klinge ist durstig.«
    »Ich will mit dir reden, Graf Roderich, und dir einen Gefallen erweisen.« Der Waskone warf einen vielsagenden Blick auf die Begleiter des Grafen. »Es wäre mir lieb, wenn wir unter vier Augen sprechen könnten!«
    Der Graf schüttelte den Kopf. »Ich vertraue den Männern meiner Leibschar mein Leben an. Also sprich, wenn du das deine behalten willst.«
    »Sie sollen schwören, nichts von dem zu erzählen, was sie jetzt hören werden«, forderte der Waskone.
    »Meine Krieger sind keine Schwatzmäuler. Und jetzt rede endlich!« Auf einen Wink des Grafen umringten die Reiter den Waskonen und richteten ihre Speere auf ihn. Der Mann strich sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und lachte, um seine Nervosität zu verbergen.
    »Du bist auf der Suche nach den Männern, die deine Schafe gestohlen haben. Was würdest du sagen, wenn ich dir helfen würde, ihren Anführer und dessen Spießgesellen in deine Gewalt zu bekommen?«
    Die Miene des Grafen wurde noch grimmiger. »Wenn du mich veralbern willst, hast du dir einen verdammt schlechten Tag dafür ausgesucht.«
    Für einen Augenblick sah es so aus, als würde er den Waskonen einfach niederschlagen, dann aber siegte doch seine Neugier. »Gesetzt den Fall, du meinst es wirklich ehrlich: Warum würdest du das tun wollen?«
    »Dein Feind hat mich schwer beleidigt«, antwortete der Waskone nach einem kaum merklichen Zögern.
    Um die Lippen des Grafen spielte nun ein spöttisches Lächeln.
    »Das soll ich dir glauben? Ich weiß genau, in welchem Verhältnis du zu diesem Schafdieb stehst. Also soll ich ihn dir aus dem Weg räumen, damit du an seiner Stelle meine Schafe stehlen kannst!«
    Der Mann begriff, dass dies keine Lösung war, die dem Grafen gefallen konnte, und ging aufs Ganze. »Was würdest du sagen, wenn unser Stamm dir Schafe als Tribut zahlen würde, anstatt sie dir zu stehlen?«
    Nun nickte der Graf unwillkürlich. »Damit könnte ich mich anfreunden. Aber dazu muss ich in euer Dorf kommen, um euren Treueschwur entgegenzunehmen, und zwar ohne Kampf.«
    Diese Entwicklung
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