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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien
Autoren: Iny Lorentz
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kannte.
    Verblüfft ließ Roderich sie ein paar Augenblicke lang gewähren, dann griff er nach unten, packte sie am Genick und hielt sie so von sich weg, dass ihre Fäuste ihn nicht mehr erreichen konnten.
    »Wer ist dieses Mädchen?«, fragte er.
    »Ikers Tochter Maite«, erklärte Okin, ohne zu zögern.
    »Ein mutiges Ding! Nun, wir werden diese Wildkatze schon zähmen.« Roderich lachte und reichte Maite an einen seiner Krieger weiter. »Hier, Ramiro! Pass auf die Kleine auf. Du solltest sie fesseln, denn sie schielt mir zu sehr nach unseren Dolchen. Zu Hause wird Alma sich ihrer annehmen. Wenn einer so ein Ding zurechtstutzen kann, dann sie.«
    Seine Reiter stimmten in sein Lachen ein, denn die Beschließerin der Burg wurde nicht umsonst Alma der Drache genannt. Bei der würde die Kleine kuschen müssen, wenn sie nicht den Hintern versohlt bekommen wollte. Den Hass, der aus Maites Augen sprühte, nahm keiner von ihnen ernst. Sie sahen in ihr nur ein Kind, das sich bald in die neuen Gegebenheiten einfinden würde.
    Graf Roderich wandte sich noch einmal an Okin. »Du weißt jetzt, wer eure Herren sind! Halte dich daran, sonst kostet es euch beim nächsten Mal mehr als nur ein paar Tote.« Er warf dem Leichnam des Häuptlings einen Blick zu, der einem erlegten Hirsch hätte gelten können, und gab seinen Männern das Zeichen, ihm zu folgen.
    Maite wehrte sich verzweifelt, doch Ramiro gab ihr eine Ohrfeige, die ihr die Sinne zu rauben drohte. Bevor sie sich wieder aufraffen konnte, hatte der Asturier einen rauhen Strick um ihre Handgelenke gewickelt und sie vor sich auf das Pferd gesetzt. Als sie in ihrer Wut mit ihren Füßen gegen den Hals des Pferdes trat, erhielt sie die nächste Ohrfeige und musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz zu schreien. Sie war Ikers Tochter und würde vor den Asturiern keine Schwäche zeigen. Das Pferd erneut zu treten, wagte sie jedoch nicht, und sie konnte auch die Tränen nicht aufhalten, die ihr nun, da das Heimatdorf immer weiter hinter ihr zurückblieb, aus den Augen rannen.

4.
     
    N
achdem die Asturier verschwunden waren, herrschte Totenstille. Dann scharten sich die Dorfbewohner um Okin und sahen ihn erwartungsvoll an. Ein alter Mann sprach schließlich aus, was alle dachten.
    »Wie konnte das passieren?«
    »Weiß ich es?«, fuhr Okin auf. »Mein Schwager musste ja unbedingt losziehen, um Graf Roderichs Schafe zu stehlen. Jetzt liegt er so tot da, wie ein Mann nur sein kann!«
    »Ich will wissen, warum Asier uns nicht gewarnt hat. Wir hätten diesen asturischen Hunden sonst einen heißen Empfang bereiten können!«
    Okin fuhr ärgerlich herum. »Glaubst du denn, wir wären mit den gepanzerten Reitern fertig geworden? Schau dich doch um! Was siehst du? Junge Burschen, die noch nie einen Kriegszug mitgemacht haben, und alte Männer wie dich. Iker hat zu viele unserer Krieger in den Tod geführt. Möge er dafür in der Hölle schmoren!«
    Das Gemurmel der Leute zeigte deutlich, dass nicht alle so dachten wie er. Einige Frauen, deren Ehemänner und Söhne mit Iker gezogen waren, brachen in Klagelaute aus und schlugen sich wie von Sinnen gegen die Brust.
    »Wären wir gewarnt worden, hätten wir Männer aus den anderen Dörfern zu Hilfe holen können!« Der Alte haderte immer noch mit dem Wächter, der es versäumt hatte, sie rechtzeitig zu warnen.
    »Dafür wäre nicht genug Zeit geblieben«, wandte Okin ein. Doch ihm war klar, dass er in dieser Situation nicht den Eindruck eines Hundes hinterlassen durfte, der den Schwanz zwischen die Beine klemmt, und ballte drohend die Faust. »Sie mögen Iker und unsere jungen Krieger getötet haben, doch auch damit können sie uns nicht das Rückgrat brechen. Wirwerden aus anderen Dörfern junge Männer zu uns holen, damit sich so etwas wie heute nicht wiederholt.«
    »Also werden wir diesem aufgeblasenen Asturier keinen Tribut entrichten«, setzte der alte Mann zufrieden hinzu.
    Okin zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich müssen wir ihm ein- oder zweimal ein paar Schafe überlassen, doch sobald aus unseren Knaben Krieger geworden sind, bekommt der Asturier kein räudiges Vlies mehr von uns.«
    Einige Hitzköpfe knirschten mit den Zähnen, doch die meisten im Dorf hießen diesen Rat gut. Sie wussten, dass der Stamm Zeit brauchen würde, die verlorenen Krieger zu ersetzen.
    Eine Frau jedoch wollte sich damit nicht zufriedengeben und spie vor Okin aus. »Es ist eine Schande für euch Männer, dass die Asturier Ikers Tochter
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