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Das gläserne Tor

Titel: Das gläserne Tor
Autoren: Sabine Wassermann
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Gegen Geeryu konnte er nichts unternehmen, aber er musste wenigstens Mallayur beschäftigen, bevor dieser auf den Gedanken kam, Grazia als zweiten Schutzschild zu gebrauchen. Sie hatte sich in ihrer Furcht hinter die Wassersäule geflüchtet und die Hände dagegen gepresst. Er hatte gehofft, sie werde in den Schatten des Pfeilergangs flüchten, wo man sie vergaß. So aber stand sie gut sichtbar im Licht der Fackeln. Ihr Gesicht war bleich, und sie verfolgte zitternd den Kampf. Er wollte ihr zurufen, dass sie woanders Schutz suchen solle, aber er fürchtete, dass sie zu verschreckt war, um zu handeln, und er durch einen Ruf nur die Aufmerksamkeit auf sie lenken würde. Was der Gott tat, entzog sich ihm, denn er hatte keine Zeit, genauer hinzusehen. Es gelang ihm, einen Hieb zu setzen, der nicht von Geeryus Kraft aufgehalten wurde, doch Mallayur parierte. Sein Herr war durchaus kein schwacher Gegner.
    Die Flammen hatten mittlerweile den nächsten Holzpfeiler erfasst. Die Galerie erbebte unter den Schritten flüchtender Menschen. Anschar wich zurück, nachdem der nächste Hieb wieder an der Barriere der Nihaye abgeprallt war. Er musste einsehen, dass sein Überraschungsangriff fehlgeschlagen war. Was hatte er bisher erreicht? Dass ein Palastkrieger tot am Boden lag. Mehr nicht. Auch das Feuer zeigte keine Wirkung, denn Mallayur ließ sich nicht davon ablenken.
    »Das Feuer!«, rief er schließlich. »Willst du nichts dagegen tun?«
    »Was sollte das sein?« Mallayur hatte der brennenden Galerie den Rücken zugekehrt. Leicht geduckt und mit gehobenem Schwert beobachtete er jeden Schritt seines Gegners.
    »Wenn die Nihaye den Gott freilässt, kann er es löschen.«
    »Ach, so hast du dir das gedacht? Oh, Geeryu würde das gewiss gern tun, wenn ich es ihr sage. Aber bevor er sich mir nicht unterworfen hat, geschieht das nicht. Das habe ich ihm gestern schon gesagt.«
    »Hier geht es aber um deinen eigenen Palast, nicht um die schwebende Stadt. Den willst du allen Ernstes abbrennen lassen, nur weil du deinen Willen nicht bekommst?«
    »Was sollte das ausgerechnet den kümmern, der das Feuer gelegt hat?«
    Darauf wusste Anschar zunächst nichts zu erwidern. Ihm lag nichts daran, dass hier Menschen starben, und das würden sie auch nicht, denn die schützenden Felsengewölbe waren von überall leicht zu erreichen. Aber das konnte sich ändern, wenn die Flammen auf die Stadt übergriffen. »Was willst du denn mit dem Gott, wenn hier alles abgebrannt ist? Er nützt dir sowieso nichts, denn er kann den Fluch nicht abwenden. Das muss dir doch klar sein. Lass ihn frei!«
    Mallayur reckte den Kopf in Geeryus Richtung. Er wirkte verunsichert. Sie hatte die Hände gehoben, bereit, wieder in den Kampf einzugreifen. Und als sie fast unmerklich den Kopf schüttelte, stürzte er wieder auf Anschar zu. »Ein Sklave, der Befehle erteilen will? Das kann nur ein Scherz sein«, rief er und holte aus. Anschar parierte den Hieb ohne Mühe. Als er nachsetzen wollte, schlug etwas mit voller Wucht gegen sein Kinn. Er taumelte rückwärts. Wieder musste er sich gegen Mallayur erwehren, und wieder war sein Gegenschlag so kraftvoll, dass er fast das Schwert aus der Hand seines verhassten Feindes geschlagen hätte. Er vermochte einen Schrei nicht zu unterdrücken, als er aufs Neue den unsichtbaren Hieb spürte. Es war wie während seines Zweikampfes mit Darur. Die Nihaye übte ihre Kraft aus. Plötzlich fand er sich auf dem Boden wieder. Mallayurs Schwert sauste ihm entgegen. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich auf die
Seite rollen und aufspringen. Geeryu lächelte ihm zu. Sie hatte die Hände erhoben. Mit der linken Hand machte sie eine streichelnde Bewegung, und er glaubte geohrfeigt zu werden. Mit der rechten wiederholte sie es, und sein Kopf flog auf die andere Seite.
    Du Hure, dachte er wutentbrannt. Du von den Göttern verfluchte Hure!
    Anschar tauchte in den Schatten des Pfeilergangs. Die unsichtbaren Angriffe hörten auf. Nach wenigen Schritten fand er, was er suchte. Er raffte den Speer auf, rannte zurück in den Garten und schleuderte ihn auf die Nihaye.
    »Pass auf!«, schrie Mallayur. Ein metallisches Klirren ertönte; der Speer prallte eine Schrittlänge vor Geeryu ab und fiel ins Gras.
    Vielleicht brachte es ihm wenigstens Zeit. Anschar stürzte auf Mallayur zu. Die Schwerthiebe prasselten auf seinen Herrn ein, der sich ihrer kaum erwehren konnte. Schon stürzte er rücklings zu Boden. Über seine nackte Brust zog sich eine
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