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Das gläserne Tor

Titel: Das gläserne Tor
Autoren: Sabine Wassermann
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Schnittwunde. Das Schwert glitt ihm aus der Hand. Anschar wollte die Klinge an seinem Hals ansetzen, da stieß ihn Geeryu wieder zurück. Vor Enttäuschung aufbrüllend rollte er über das Gras. Blut floss ihm aus der Nase. Mittlerweile war sein Gesicht ähnlich zugerichtet wie Grazias, wenn nicht noch schlimmer. Sie lugte hinter der Wassersäule hervor, ihr Blick eine einzige Verzweiflung. Als der brennende Pfeiler krachend in den Garten fiel, kauerte sie sich am Fuß der Säule zusammen. Mittlerweile brannte die gesamte Längsseite der Galerie. Das Feuer fraß sich bereits in das darüberliegende Stockwerk. Die Luft war heiß und schwer zu atmen.
    Anschar kam auf die Füße. Fahrig wischte er sich durchs Gesicht und betrachtete seinen blutigen Handrücken. Auch Mallayur stand geduckt da und betastete seine sich in heftigen Atemstößen hebende Brust, über die das Blut floss. Der
Schnitt war nicht tief, aber sicherlich schmerzhaft. Hasserfüllt starrte er Anschar an. Dann glitt sein Blick zu Grazia. Er machte einen Schritt auf sie zu.
    Wenn Grazia in seine Gewalt gerät, ist alles verloren, dachte Anschar gehetzt. Das war es ohnehin, wie ihm schien, aber solange er kämpfen konnte, wollte er nicht daran glauben. Er setzte Mallayur nach und schnitt ihm den Weg ab. Mit Hieben, begleitet von gehetzten Schreien, trieb er ihn von der Säule fort, auf Geeryu zu. Es war deutlich, dass der Schnitt Mallayur schwächte, denn er blinzelte sich den Schweiß aus der Stirn, während er sich des zornigen Angriffs zu erwehren versuchte. Im Zurückweichen strauchelte er über seinen knöchellangen Rock. Anschar sah hinter ihm die Nihaye, wie sie die Hände hob. Bevor die Luftschläge ihn erreichen konnten, ließ er sich auf den Boden fallen. Klirrend prallte Geeryus Kraft gegen den Behälter.
    Anschar warf einen Blick zurück. Das Wasser in der Säule brodelte so heftig, dass der Gott nur noch schemenhaft zu erkennen war. Sie erzitterte, aber sie brach nicht.
    Er rollte sich auf den Rücken und hieb den Schwertgriff in Mallayurs Gesicht. Widerwärtig knackte es. Aufheulend drückte Mallayur die Hand auf die Nase, kroch von ihm fort und stemmte sich hoch. Er schien sich in den Pfeilergang retten zu wollen, doch ein Teil der brennenden Brüstung brach dicht vor ihm herunter und fiel in ein Gebüsch, das sofort in Flammen stand. Er machte kehrt. Das Schwert war ihm aus der Hand geglitten. Mit blutüberströmtem Gesicht, die Augen zugekniffen, wankte er auf Anschar zu.
    Das betörende Gefühl der Genugtuung, seinen Herrn so leiden zu sehen, lähmte Anschar für einen winzigen Augenblick. Dann machte er sich daran, ihm den Todesstoß zu versetzen. Doch er hatte zu lange gewartet. Er prallte gegen eine weitere Barriere. Mit dem Schwert stieß er dagegen, jedoch
erreichte er damit nichts. Würde das Anrennen gegen Geeryus Kraft nie enden?
    »Du verwünschte Hure«, giftete er sie an. »Hör auf damit. Hör endlich auf!«
    Ihre Finger schnellten vor. Eine unsichtbare Faust traf sein Gesicht und warf ihn auf die Knie. Die Schläge prasselten so schnell auf ihn ein, dass er nichts dagegen tun konnte. Nicht wehren, nicht flüchten. Das harte Gras drückte sich in seinen Rücken, als er fiel. Irgendwo hörte er das Feuerköpfchen schreien – ein Laut, der seine Seele wie eine Klinge zu schneiden vermochte.
    Ich weiß nicht, ob ich Mallayur besiegt habe, dachte er, während er nach Grazia Ausschau hielt. Aber das hier überfordert mich. Es tut mir leid.
    Grazia stand neben der Säule und lehnte sich dagegen. Tränen strömten an ihr herab. Schlaff hingen die Arme an ihren Seiten; aus den Händen floss Wasser. Sie schien es gar nicht zu bemerken. Anschar wandte sich von dem traurigen Anblick ab. Er kämpfte sich zurück auf die Knie. Sein Mund war voller Blut; spuckend stemmte er sich hoch. Geeryu hatte ihre Angriffe eingestellt, aber noch die Hände erhoben. Gleich würde sie ihm den Rest geben.
    Mit einem Mal füllte sich sein Mund mit Wasser. Es war eine kleine Erleichterung, und er spuckte es mitsamt dem Blut aus. Dann machte er sich innerlich bereit für den letzten Versuch, Geeryus Barriere zu durchbrechen. Es würde sein Schwert, dessen Klinge schon schartig war, endgültig ruinieren. Es würde ihm den Tod bringen.
    Da sah er, wenige Handbreit vor Geeryus Gesicht, die blutigen Wassertropfen. Sie schwebten in der Luft, flossen herab und hinterließen rötliche Schlieren.
    »Grazia!«, schrie er. »Mach sie nass. Mach sie nass! «
    Wenn
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