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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies
Autoren: Petra Durst-Benning
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Strobel verschwunden. Doch die Leute waren viel zu aufgeregt, als daß auch sie ihres Weges gegangen wären. In kleinen Grüppchen wurde weiterdiskutiert, gehadert, gezetert.
    Â»Und nun?« David nahm Wandas Hand.
    Sie zuckte zusammen, hatte ihn nicht kommen sehen. Obwohl sie in der Mitte der Menge stand, hatte sie das Gefühl, alles nur wie durch einen Nebel mitzubekommen. Sie öffnete den Mund, doch bevor sie etwas sagen konnte, hob eine Männerstimme neben ihr an.
    Â»Ja! Und nun?« fragte auch Jockel. »Wie soll’s jetzt mit uns weitergehen? So wie es aussieht, kommt der Gauner so schnell nicht mehr aus dem Bau! Wem gehört denn die Hütte jetzt?«
    Â»Ja, für wen arbeiten wir ab heute eigentlich? Und wer zahlt uns unseren Lohn aus?« fragte ein anderer, der neben Jockel stand.
    Â»Ich nehme an, das ganze Geschäft wird irgendwie rückgängig gemacht werden«, sagte David. »Angefangen bei dem Kredit, den unsere Bank Friedhelm Strobel gewährt hat – schließlich hat er sich die Glashütte auf unrechtmäßigem Weg angeeignet. Ganz gewiß wird er nicht weiterhin Eigentümer der Hütte sein, vielmehr wird die Hütte an Alois Gründler zurückgehen. Er muß natürlich informiert werden, aber wenn ich mich nicht täusche, liegt seine neue Adresse unserer Bank vor – somit dürfte das kein größeres Problem sein. Außerdem gibt es da noch den Bruder in Suhl. Und was euer Geld angeht, das Geld, um das euch Strobel betrogen hat …« Er zuckte mit den Schultern. »Meiner Ansicht nach stehen die Chancennicht schlecht, daß es wiederauftaucht und zu seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgelangt.«
    Bei diesen Worten ging ein Raunen durch die Menge. Was für wundervolle Nachrichten!
    Â»Dann holst du dein Geld, das du den Leuten als Ersatz gezahlt hast, aber auch wieder zurück«, zischte Thomas seiner Tochter zu, doch Wanda winkte nur ab.
    Schnell wurden die Leute wieder leiser, gerade so, als erhofften sie sich, etwas zu hören, was ihnen inmitten des Aufruhrs half. Doch es war nicht David, der weitersprach.
    Â»Wißt ihr eigentlich, welcher wichtige Tag sich demnächst zum zehnten Male jährt?« Erwartungsvoll schaute Christoph Stanzer in die Runde. Als keiner etwas sagte, fuhr er fort: »Nur noch drei Wochen sind es bis zum 21. Dezember. An diesem Tag …« – er machte eine kleine Kunstpause, als wolle er sich aller Aufmerksamkeit vergewissern – »im Jahre 1901 schloß die alte Dorfglashütte für immer ihre Pforten. Zehn Jahre ist das nun her!«
    Â»Zehn Jahre …« »Ein düsterer Tag …« »Wie die Zeit vergeht …« Das Stimmengewirr wurde wieder heftiger.
    Christoph Stanzer hob um Ruhe bittend die Hand. »Seit damals ist Lauscha nicht mehr das, was es einmal war. Vielleicht könnt ihr Jungen das nicht nachempfinden …« Er warf Jockel und ein paar anderen einen Blick zu. »Aber für uns Alte war es so, als hätte man uns das Herz herausgerissen!«
    Â»Das Herz von Lauscha!« rief Karl der Schweizer Flein. Die Umstehenden nickten eifrig.
    Â»Das ist ja alles schön und gut«, antwortete Jockel überheblich. »Aber was hat diese alte Geschichte mit uns zu tun? Mit unseren Problemen hier und heute?«
    Â»Das kann ich dir sagen, junger Mann!« rief ChristophStanzer. »Wenn wir alle zusammenhalten, wenn wir uns nochmals aufs neue aufeinander einlassen, dann – könnte am 21. Dezember 1911 die Gründler-Hütte den Glasbläsern gehören! So, wie die Genossenschaft es im Sommer geplant hatte. Stellt euch doch nur vor: Die Gründler-Hütte könnte zu dem werden, wofür die Mutterglashütte einst gestanden hat!«
    Â»Dann hätte Lauscha endlich wieder ein Herz, das schlägt und mitfühlt!« rief Karl, und seine Frau Maria nickte heftig.
    Â»Und wir hätten sichere Arbeitsplätze!« schrie Siegfried Braun.
    Â»Der neue Obergeselle könnte seinen Krempel packen und zurück nach Unterneubrunn gehen!« schrie ein anderer.
    Â»Ja, dann wären wir endlich unsere eigenen Herren! So wie einst die Glasmeister in der Mutterglashütte. Was haben wir diese Männer immer beneidet!« Gustav Müller Sohns Augen glänzten.
    Martin Ehrenpreis, der neben ihm stand, legte ihm einen Arm um die Schulter. »Du ein
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