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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies
Autoren: Petra Durst-Benning
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Daß sie derart aufgelöst reagieren würde – damit hatte sie nicht gerechnet. Statt nach Hause zu gehen, hatte sie Anna begleitet, weil sie dabeisein wollte, wenn Johanna die Nachricht übermittelt wurde.
    Â»Mutter …« Anna räusperte sich. Zaghaft streichelte sie über Johannas Rücken.
    Geräuschvoll putzte Johanna ihre Nase. »Ach, ihr Lieben, ich weine doch nur, weil ich so glücklich bin«, schniefte sie. »Endlich muß Strobel für seine Gemeinheiten bezahlen! Aktienbetrug, Urkundenfälschung – ich weiß gar nicht, wie seine Taten genau genannt werden. Aber ich kann mir vorstellen, daß das Gesetz harte Strafenfür solche Verbrechen vorsieht, schließlich reden wir hier nicht von jemandem, der ein paar Holzscheite klaut. Oder Nachbars Huhn. Sondern von einem Betrüger, der den Glasbläsern auf schändlichste Art knapp elftausend Reichsmark gestohlen hat!«
    Wanda und Anna nickten heftig.
    Â»Thront wie ein kleiner König in der Gründler-Hütte – wie kann ein Mensch nur so verderbt sein?« Johannas Blick verlor sich in der Ferne. »Manchmal, vor allem seit Maries Tod, war ich nahe daran, den Glauben an einen gerechten Gott zu verlieren. Die Guten sterben viel zu früh, und die Schlechten können ungehindert ihre Schandtaten begehen. Nun aber …« Endlich breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Johanna holte tief Luft.
    Â»Kinder, ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie Friedhelm Strobel von der Polizei abgeführt wird!«
    Â»Und wem ist das zu verdanken?« Herausfordernd schaute Anna von ihrer Mutter zu Wanda.
    Beide zuckten etwas unsicher mit den Schultern. Was wollte Anna hören? Daß sie allein für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich war?
    Anna schaute in die verunsicherten Mienen und lachte. »Na, den Steinmännern allesamt!« Sie legte je einen Arm um Johannas und Wandas Schulter. »Mutter, hast du uns nicht immer wieder erzählt, wie ihr drei Schwestern zusammengehalten habt? Wie Pech und Schwefel? Gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen?«
    Johanna nickte stumm. Ja, das hatte sie gewiß.
    Annas Brauen hoben sich. »Nun, wie man sieht, hat sich daran nichts geändert, oder? Mit den Steinmännern ist auch heute noch zu rechnen! Gegen Weibsbilder wie uns hat ein Friedhelm Strobel auf lange Sicht keine Chance!« Sie sah Wanda an und erschrak.
    Â»Wanda, was ist denn los? Um Himmels willen, warum weinst du denn jetzt auch noch?«
    Â»Weil …«, schluchzte Wanda, »weil ich so glücklich bin.«

    Â»Und hier – die Pfeifen! Die kannst du deinem Bruder auch gleich morgen zurückbringen!« Mit einem Handstreich fegte Karl Dutzende von Porzellanpfeifenköpfen vom Tisch in eine Schachtel, in der auch schon kleine Vasen und Figuren lagen. »Sag ihm, er soll sich eine andere Pfeife besorgen, die für ihn Blümchen und Girlanden malt!«
    Barfuß und im Nachthemd schaute Maria Schweizer von den Pfeifenköpfen zu ihrem Mann. Obwohl es im Haus eiskalt war, war sie noch einmal aufgestanden, als sie ihn kommen hörte. Doch nun wußte sie nicht, ob dies eine gute Idee gewesen war. War Karl etwa betrunken? Statt ihr von seiner Reise zu erzählen, war er sofort an seinen Arbeitsplatz gerannt und gebärdete sich wie ein Elefant im Porzellanladen.
    Â»Hier – die Pinsel, die Porzellanfarben … Alles bringst du ihm zurück. Und sag ihm, daß ich den ganzen Kram nicht mehr sehen kann! Hat doch alles nichts mit Kunst zu tun!«
    Â»Aber Karl …«
    Â»Nichts aber, Karl ! Ab morgen bin ich wieder ein Glasbläser! So, wie es sich gehört. Du wirst schon sehen …«

    Â»Noch ein Glas Wein, Herr Wagner?« Schon winkte Gerhard Grosse der Bedienung vom »Schwanen«.
    Noch ein Glas Wein – warum nicht? David nickte. Irgendwie mußte der Triumph über Friedhelm Strobel doch gefeiert werden, oder?
    Nach der langen Reise war er zu aufgeregt gewesen, um direkt nach Hause in seine Kammer zu gehen. So hatte ereiner spontanen Eingebung folgend beschlossen, noch ein Glas Wein im »Schwan« zu trinken, durch dessen Fenster einladend Licht und Gelächter nach draußen drangen. Ein Glas Wein in einem der feinsten Lokale Sonnebergs. Wie ein feiner Herr. So, wie er sich das früher immer gewünscht hatte. Jetzt hatte er es wirklich verdient!
    Es war purer Zufall,
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