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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies
Autoren: Petra Durst-Benning
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Listen, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. Da gab es Listen, in denen er die Produktionssteigerungen eintrug. Und Listen, in denen er aufführte, welcher Arbeiter wann welche Strafe von seinem Lohn abgezogen bekam. Es gab Listen über das Verhältnis von Herstellungskosten zu Verkaufspreisen und Listen, die aufzeigten, welche Artikel sich besser verkauften als andere.
    Der Obergeselle räusperte sich. »Siegfried Braun bekommt ebenfalls einen Lohnabzug für unerlaubtes Entfernen vom Arbeitsplatz. Einen ganzen Wochenlohn …?«
    Strobel nickte. Er hatte den fragenden Unterton seines Obergesellen sehr wohl wahrgenommen, zog es aber vor, ihn zu ignorieren. Auch wenn der Betrieb alles in allem ganz manierlich lief, schadete es nicht, ab und an ein Exempel zu statuieren. So wie bei diesem Siegfried Braun. Ansonsten würden bald anarchistische Zustände herrschen.
    Der Obergeselle verabschiedete sich. Strobel wußte, daß der Mann seine Anweisungen Wort für Wort befolgen würde. Einen guten Fang hatte er mit ihm gemacht!
    Natürlich hatte es zu Beginn den einen oder anderen Versuch gegeben, die Autorität des neuen Obergesellen auf die Probe zu stellen. Ja, Strobel hatte sogar Verständnis dafür, daß die Hüttenarbeiter herauszufinden versuchten,wie weit sie gehen konnten. Sehr schnell hatten sie jedoch feststellen müssen, daß der Unterneubrunner ein sehr viel strengeres Regiment führte als einst Karl der Schweizer Flein!
    Ja, so allmählich spurten die Leute …
    Im nächsten Moment sprang Strobel auf und klopfte wie wild gegen die Glasscheibe, durch die er fast sämtliche Arbeitsabläufe der Hütte beobachten konnte. Diese Scheibe hatte er gleich in seiner ersten Woche einbauen lassen, und er wollte sie nicht mehr missen. Mit einem Stirnrunzeln hob er drohend seinen rechten Zeigefinger.
    Jockel, der gerade am Sortiertisch eine gläserne Vase in die Höhe hielt, zuckte zusammen und beeilte sich dann, hastig zu nicken.
    Strobel wandte sich wieder von der Glasscheibe ab. Na also, es ging doch … Obwohl er sich noch immer nicht sicher war, mit diesem Jockel den richtigen Mann zum Sortierer bestimmt zu haben. Sicher, der Ausschuß hielt sich in Grenzen. Um ehrlich zu sein, war Strobel mit der Qualität seiner Glaswaren außerordentlich zufrieden – was er zu einem gewissen Teil sicher auch dem Sortierer zu verdanken hatte. Aber der Mann hatte so etwas Aufmüpfiges! Gleich in den ersten Tagen waren sie aneinandergeraten, um irgendeine von Strobel neu eingeführte Vorschrift war es gegangen. Eine Lappalie. Da der Obergeselle anderweitig beschäftigt gewesen war, war Jockel zu ihm, Strobel, gekommen. Hatte sich aufgebläht wie ein Streithahn. Hatte verlangt, daß Strobel die entsprechende Verordnung zurücknahm. Strobel hatte nur gelacht.
    So ein Lachen könne einem in Lauscha schnell vergehen, hatte Jockel dann gesagt und recht verschlagen dabei dreingeschaut. Ob Strobel noch nichts vom Feuerteufel gehört habe, der immer mal wieder im Dorf zuschlage. Soein Feuer ausgerechnet in einer Glashütte käme doch reichlich ungelegen …
    Strobel hatte innerlich gekocht. Wie konnte der Mann es wagen, ihm zu drohen? Ihm!
    Als ein paar Stunden später am selben Tag zwei Polizisten aus Sonneberg auftauchten, war Jockel das hämische Grinsen vergangen. Nach einer Nacht auf der Polizeiwache, in der Jockel immer und immer wieder zu den in Lauscha gelegten Bränden befragt worden war, kam er verstimmt und kleinlaut zurück.
    Strobel hatte sehr erleichtert getan, daß seinem Sortierer in puncto Brandstiftung doch nichts nachzuweisen gewesen war. Aufgrund von Jockels Äußerung habe er es mit der Angst zu tun bekommen, den Brandstifter höchstselbst vor sich zu haben, daher habe er doch die Polizei informieren müssen …
    Mit einem Ächzen lehnte sich Strobel in seinem Stuhl zurück, verschränkte beide Hände im Nacken.
    Nach dieser kleinen Affäre hatte keiner mehr aufzumucken gewagt, zumindest war Strobel nichts Derartiges zu Ohren gekommen. Und was die Leute hinter seinem Rücken sprachen, war ihm ehrlich gesagt reichlich egal …
    Wohingegen ihm andere Dinge weniger egal waren.
    Wanda Miles zum Beispiel.
    Die Entwicklung, die seine Pläne hinsichtlich Wanda Miles genommen hatten, befriedigte Friedhelm Strobel nicht im geringsten. Nervös biß er ein Stück
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