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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies
Autoren: Petra Durst-Benning
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Glasmeister – das würde dir so passen, was?« Beide Männer lachten.
    Jockel runzelte die Stirn. »Könnt ihr auch einmal einen Moment lang ernst sein?« Er schüttelte den Kopf. »Was ihr hier phantasiert, hört sich gut an, aber wie soll es denn funktionieren? Reicht es euch nicht, einmal auf die Nase gefallen zu sein?«
    Wanda folgte dem Wortwechsel atemlos. David, der noch immer neben ihr stand, zwinkerte ihr vielsagend zu.
    Â»Dieses Mal stünden unsere Chancen doch viel besser!« rief Christoph Stanzer. »Dieses Mal hätten wir die Trümpfe in der Hand!« Der ehemalige Glasmeister der Mutterglashütte machte ein paar Schritte auf David zu,ergriff seinen Arm und hielt ihn wie eine Trophäe in die Höhe.
    Â»Wir haben in unserer Mitte einen sehr fähigen Bankangestellten, der uns bestimmt hilft, einen rechtmäßigen Kredit zu bekommen!«
    Davids und Wandas Blicke trafen sich erneut. Geschah das hier alles wirklich? Verwirrt schüttelte David den Kopf, als die Leute laut zu applaudieren begannen.
    Â»Und unser zweiter Trumpf ist die Amerikanerin!« Christoph Stanzer mußte nun schreien, um weiterhin Gehör zu finden. »Sie hat beim ersten Mal alles richtig gemacht, ihre Ratschläge waren uns eine große Hilfe. Wenn Strobel nicht gewesen wäre …« Er machte eine Handbewegung, als wolle er eine Fliege wegwischen. Dann packte er mit seiner freien Hand auch Wandas Arm und hielt ihn ebenfalls in die Höhe. »Wanda, wir zählen auch dieses Mal auf dich!« Und wieder jubelte die Menge.
    Â»Aber wie …« Verdutzt schaute Wanda an Christoph vorbei zu David, dessen Hand noch immer in die Höhe gehalten wurde. Lächelnd zuckte David mit den Schultern, als wolle er sagen: Da müssen wir durch!
    Â»Und? Was sagst du dazu, Mädchen?« Beifallheischend schaute Christoph Wanda an. Deren Lachen klang leicht hysterisch. »Nun ja, einige Ideen, was die Organisation der Genossenschaft angeht, hätte ich schon …«, murmelte sie.
    Â»Na, wunderbar! So, wie es aussieht, wird Wanda auch zukünftig nicht viel Zeit für dich haben, mein Engel«, flüsterte Eva Sylvie ins Ohr, jedoch laut genug, damit Wanda jedes Wort verstand. Bevor diese etwas sagen konnte, drückte Eva ihren Arm.
    Â»Gut hast du das alles gemacht, Mädchen! Marie wäre stolz auf dich! Und wir sind es sowieso.«
    Wanda glaubte nicht richtig zu hören. Ein Lob aus Evas Mund?
    Schon im nächsten Moment wandte Eva ihre Aufmerksamkeit wieder dem Kind auf ihrem Arm zu. »Die machen ein Geschrei, die Glasbläser, was? Aber daran wirst du dich gewöhnen müssen …«
    Wandas Kloß im Hals war so dick wie ein Knödel, und vor lauter Rührung brachte sie kein Wort mehr heraus.
    Â»Leute, ich kann’s immer noch nicht glauben – wir sind Strobel los!« rief Karl und stieß einen lauten Jodler aus.
    Â»Freibier für alle!« schrie Benno. »Auf geht’s zum Feiern in den ›Schwarzen Adler‹!«
    Â»Auf daß am 21. Dezember 1911die Gründler-Hütte den Glasbläsern gehört!« rief Christoph.
    David legte Wanda, die noch immer fassungslos und wie angewurzelt dastand, einen Arm um die Schulter. Ein Schmunzeln umspielte seine Mundwinkel.
    Â»Sieht so aus, als ob dasselbe Spiel von vorne losgeht …«
    Sie strahlte ihn an. »Sieht so aus, als ob sich mein Besuch am Lago Maggiore noch ein bißchen verzögert!«

    ENDE

A NMERKUNGEN:
    Diese Geschichte ist fiktiv. Die Gründler-Hütte gab es nicht, auch wurde im Jahr 1911 eine Glashütte in Lauscha weder geschlossen noch verkauft. Das eigentliche Hüttensterben begann erst viel später.

    Die 1883 gegründete Lauschaer Sparkasse möge mir verzeihen, daß sie in meiner Geschichte hinsichtlich der Hüttenfinanzierung keine Rolle gespielt hat – bestimmt wäre sie mehr als bereit gewesen, die Glasbläser zu unterstützen.

    1909 ist in Obergurig tatsächlich die Papierfabrik abgebrannt. Über gerettete Restbestände von Papier ist allerdings nichts bekannt.
    Die Bremer Schlüter-Reederei hat es nicht gegeben und somit auch kein solch sagenhaftes Aktiengeschäft. Die erwähnte Jutespinnerei Bremen hingegen, die ungewöhnlich viele Thüringer beschäftigte, gab es sehr wohl.

D ANKSAGUNGEN:
    Nichts ist so falsch wie die Vorstellung, ein Autor sitze einsam in seiner
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