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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies
Autoren: Petra Durst-Benning
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geahnt, gab Borowsky zu. Er zuckte mit den Schultern – natürlich tue ihm die ganze Sache inzwischen leid.
    Sowohl Wanda als auch die anderen spürten, daß esdem Mann mit dieser Bemerkung nicht ernst war. Bei allem, was Bernhard Borowsky tat, ging es ihm wohl immer nur um Claire – daß er mit seinem Verhalten nicht nur zum Kriminellen geworden war, sondern unzählige Familien ins Unglück gestürzt hatte, schien selbst jetzt noch nicht in sein Bewußtsein gedrungen zu sein.
    Seine Sorge um Claire, die sich in Berlin herumtrieb, die wildfremden Menschen, die ihn nicht mehr loslassen wollten, die Tatsache, daß er durch Friedhelm Strobel in ein weitaus schlimmeres Verbrechen als Taschendiebstahl verwickelt worden war – all das verwirrte Borowsky sehr. Erst allmählich dämmerte ihm, daß er von diesem Abend an Claire nicht mehr beschützen konnte, sondern daß er statt dessen für längere Zeit hinter Schloß und Riegel landen würde. Er begann bitterlich zu weinen.
    Wie Strobel zu den gefälschten Aktien gekommen war, wo er sie hatte drucken lassen, wußte Bernhard Borowsky nicht. Er wußte nur, daß es außer den falschen auch echte Aktien gab – diese habe er David Wagner beim ersten Treffen gezeigt. Danach habe er die Papiere jedoch sofort wieder zu Strobel gebracht, und der habe sie gegen die falschen ausgetauscht.
    Â»Johanna hatte von Anfang an mit ihrer Vermutung recht …«, murmelte Wanda.

    Als klar wurde, daß der Mann alles gesagt hatte, was er wußte, rief David die Polizei.
    Es war zwei Uhr morgens, als Bernhard Borowsky ein vollständiges Geständnis unterschrieb, in dem Friedhelm Strobel als Drahtzieher und Initiator des Betrugs genannt wurde. Die Beamten, die sonst mit Trunkenbolden, Beischlafdiebinnen und anderen kleineren Fischen zu tun hatten, staunten nicht schlecht. Sie versprachen, gleich amMorgen eine beglaubigte Abschrift des Geständnisses per Boten nach Sonneberg bringen zu lassen. Daß dort längst die Anzeige der Glasbläser gegen Unbekannt vorlag, sei von Vorteil – die Berliner gingen davon aus, daß ihre Sonneberger Kollegen spätestens am nächsten Tag die Festnahme des besagten Herrn Strobel in die Wege leiten würden. Sollte eine persönliche Aussage von Borowsky gewünscht werden, würde eine Überführung des Festgenommenen kein Problem darstellen.

57. K APITEL
    An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken – zu aufregend war die ganze Angelegenheit! Es war noch nicht richtig hell, als sich die kleine Gruppe in Richtung Bahnhof aufmachte. Sie wollten gleich den ersten Zug nehmen, der in Richtung Heimat fuhr. Kaum saßen sie auf den harten Bänken, fielen einem nach dem anderen die Augen zu. So verschliefen alle die lange Zugfahrt – bis auf Christoph Stanzer, der in Berlin genug geruht hatte und die anderen deshalb immer rechtzeitig wecken konnte, wenn sie umsteigen mußten.
    Trotz allem waren sie wie gerädert, als ihr Zug am späten Abend endlich in Lauscha einfuhr. Von David Wagner hatten sie sich in Sonneberg verabschiedet. Er hatte versprochen, am nächsten Tag, wenn die Polizei Strobel aufsuchen wollte, dabeizusein.
    Sie hatten es geschafft, genügend Beweise für Strobels falsches Spiel zusammenzubringen! Der Gedanke war wirkungsvoller als Schnaps und Wein zusammen: Erberauschte und betörte alle Beteiligten. Am liebsten sie wären trotz ihrer großen Müdigkeit in den »Schwarzen Adler« gerannt, um die frohe Nachricht hinauszuposaunen und mit allen zu feiern.
    Statt dessen beschlossen die Männer, noch eine Nacht Stillschweigen zu bewahren: Am nächsten Tag sollte ihre Neuigkeit Lauscha wie ein Erdbeben erschüttern. Keinen Tag später, aber auch keinen Moment zu früh. Dementsprechend fulminant sollte die Wirkung sein.

    Â»Kind, du weißt gar nicht, wie glücklich ich bin …« Ohne Wandas Hand loszulassen, schneuzte sich Johanna mit der anderen. Ihre Nase war puterrot, Tränen liefen ihr übers Gesicht. Wie so oft um diese Zeit war die Chefin direkt aus der Werkstatt gekommen, als die Haustür ging. Nach ihrem Aussehen zu schließen, hatte sie gerade Christbaumkugeln mit Glitzerstaub verziert.
    Â»Von nun an wird es mir wirklich gelingen, nach vorn zu schauen und nicht ewig zurück.« Ihr Schluchzen wurde noch heftiger.
    Betroffen schaute Wanda ihre Tante an.
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