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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel
Autoren: Oliver Buslau
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»Also gut.«
    »Tun wir uns an Simones Leckereien gütlich«, schlug Stollmann vor. Er deponierte seine Violine sorgfältig im offenen Kasten, nahm das Glas und verließ den Raum. Alban war ebenfalls aufgestanden und wollte Fiona den Vortritt lassen.
    »Warten Sie bitte einen Moment«, sagte sie. »Ich möchte Ihnen noch etwas zeigen.« Sie klappte ihren Bratschenkoffer auf und entnahm der Seitentasche, die eigentlich für Noten gedacht war, ein gelbes Blatt Papier.
    »Ich hatte Ihnen doch erzählt, dass meine Schwester Gesang studiert.« Sie hielt Alban das Blatt hin. »Sie hat in drei Wochen ein kleines Konzert an der Kölner Musikhochschule. Vielleicht haben Sie ja Lust zu kommen.«
    Alban studierte die Konzertnotiz. »Frederike Bertram, Sopran«, las er. Auf dem Programm standen Arien von Mozart, begleitet vom Hochschulorchester.
    »Ein richtiges Orchesterkonzert«, setzte Fiona nach. »Wenn Sie kämen, könnten wir vorher bei mir ein bisschen den Mozart üben. Die Duette für Geige und Bratsche. Was halten Sie davon?« Sie sah ihn erwartungsvoll an.
    Alban nickte, aber es sollte keine Zustimmung sein. Eher ein Zeichen von Nachdenklichkeit. Er wusste, dass Fiona in der Nähe der Kölner Musikhochschule in einer Altbauwohnung lebte. Den Vorschlag, gemeinsam zu musizieren, hatte sie schon häufig gemacht – schüchtern, aber stetig.
    »Vielen Dank«, sagte er. »Wenn es meine Zeit erlaubt …«
    »Ich weiß, Sie sind sehr beschäftigt. Aber es würde mich sehr freuen.«
    »An der Musikhochschule finden Sie doch sicher viel bessere Duettpartner.« Alban legte das Blatt auf einen Beistelltisch, direkt neben das Foto von Lea. Es war keine Absicht gewesen, doch er bemerkte, dass Fionas Blick einen Moment auf dem Bild hängen blieb, bevor sie sich wieder an Alban wandte.
    »Sicher. Aber mit Ihnen ist das Musizieren viel unkomplizierter.«
    »Tatsächlich? Warum das denn?«
    »Ach, ich weiß nicht … Vielleicht weil kein Leistungsdruck dahinter steht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Die Studenten sind sehr verbissen, und vor lauter Perfektion bleibt die eigentliche Musik oft auf der Strecke. Das gefällt mir ja auch so an diesem Musizierabend hier.«
    Das konnte Alban sich gut vorstellen. Zu seiner Zeit war es an den Hochschulen noch ruhiger zugegangen. Das fing schon bei der Aufnahmeprüfung an. Sie hatte den Sinn gehabt, Talent zu beweisen. Nicht mehr und nicht weniger. Perfektion war viel, viel später gekommen. Heute musste man bereits ein echter Meister sein, um überhaupt zugelassen zu werden.
    »Lassen Sie uns hinuntergehen und sehen, was Simone gezaubert hat«, sagte Alban.
    Von unten scholl laut Stollmanns Gelächter. Er und Simone pflegten kumpelhafte Sympathie füreinander, wobei Simone den alten Arzt immer wieder mit Erkenntnissen zum Thema Gartenpflege überraschte. Stollmann gab dafür allerlei gesundheitliche Ratschläge zum Besten. Wie es dabei immer wieder zu Ausbrüchen geballter Heiterkeit kommen konnte, hatte Alban noch nie verstanden.
    »Na, amüsiert ihr euch gut?«, fragte er und bemerkte, dass es fast etwas grantig klang. Wo blieb Kessler nur?
    »Simone hat mir gerade erklärt, dass man gegen Wühlmäuse am besten Kaiserkronen pflanzt«, sagte Stollmann kauend.
    Und das ist so lustig?, dachte Alban.
    Damit sie nicht alle in der Küche stehen mussten, war das Essen als Minibüfett im Speisezimmer angerichtet, das im Erdgeschoss lag und gleich an die große Küche angrenzte. Es waren die einzigen Räume, die Alban und Simone gemeinsam nutzten. Stollmann und Simone hatte schon bei der Blätterteigpastete zugegriffen. Darüber hinaus gab es noch eine weitere Simone-Spezialität: mit Speck umwickelte Backpflaumen, mit einem Zahnstocher durchspießt. Als Nachtisch stand eine Schüssel Obstsalat bereit.
    »Das sieht ja herrlich aus«, sagte Fiona, blickte aber Alban an, als habe sie ihm das alles zu verdanken, und nahm sich einen der bereitstehenden Teller.
    »Was ist denn jetzt mit eurem Vierten im Bunde?«, fragte Simone.
    »Er hat noch beruflich zu tun«, erklärte Stollmann und nahm einen Schluck aus seinem Glas, das mittlerweile neu gefüllt worden war. Wie auf Kommando ertönte die Türklingel. Alban öffnete, und dann schob sich Kessler mitsamt seinem großen Cellokasten durch die Tür.
    »Guten Abend allerseits. Es tut mir unendlich leid …«
    »Ist jemand ermordet worden?«, fragte Stollmann heiter.
    Der Kommissar zog seinen Mantel aus. Alban nahm ihn entgegen und brachte ihn zur
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