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Das Gift der Engel

Das Gift der Engel

Titel: Das Gift der Engel
Autoren: Oliver Buslau
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Schwester fand – und sie genauso wie bei dem ersten Zusammentreffen erschreckte.
    Es dauerte eine Weile, bis sie verstanden hatte, was er sagen wollte. Nach seinem Anruf bei der Polizei war er nach vorne zum Tor gelaufen, um auf den Krankenwagen zu warten.
    Nun saß Alban vor Kessler in dessen Büro im Polizeipräsidium. Der Hauptkommissar sah aus dem Fenster auf die Baustelle gegenüber.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen. Aber das, was da passiert ist …« Er suchte nach Worten. »So was habe ich noch nicht erlebt.«
    »Schon gut«, sagte Alban.
    Kessler wies auf einen Stapel Papier. »Ein ziemlich umfangreiches Protokoll. Unterschreib es bitte, wenn du es gelesen hast.«
    »Ich vertraue dir. Außerdem habe ich keine Lust, das alles noch mal durchzukauen.« Alban nahm seinen Stift aus der Jackentasche und kritzelte seinen Namen an die markierte Stelle.
    »Dieser Domenico und Dagmar Dennekamp hatten sich mehrmals am Mauerdurchbruch getroffen«, sagte Kessler. »Manchmal erlaubten sie ihm wohl, in den Garten zu gehen. Vor allem nachts, wo sie nicht damit rechneten, dass Spaziergänger an dem Anwesen vorbeikamen. Das hat Bernardi ausgesagt.« Er schüttelte den Kopf. »Es klingt wie eine Liebesgeschichte. Und ich dachte immer, Kastraten … na ja …«
    »Sie hatten angeblich eine geringere Libido«, erklärte Alban sachlich. »Aber Liebe zu empfinden ist ja etwas anderes, oder nicht? Abgesehen davon hatten viele von ihnen auch Verhältnisse – und sie waren bei den Frauen höchst begehrt. Erstens wirkte ihre Stimme erotisch, und zweitens waren sie zeugungsunfähig. Im 18. Jahrhundert, als es noch keine Verhütungsmittel gab, hat das die Damenwelt vielleicht begeistert. Heute wäre Domenico allerdings nur durch seine Stimme ein Star geworden … Mithilfe von Guido von Schaumburg.«
    »Wo du gerade davon sprichst – wir haben ihn festgenommen. Er hat zugegeben, dass er in dieser Nacht neulich bei dir eingedrungen ist, um die CD zurückzuholen.«
    »Wie konnten die CD und die Partitur eigentlich aus dem Anwesen kommen?«
    »Bernardi behauptet, Domenico habe Frau Dennekamp die CD gegeben, weil darauf das Video zu sehen war. Als Beweis. Es hat eine Weile gedauert, aber dann hat sie schließlich vorgehabt, zur Polizei zu gehen. Als Bernardi Frau Dennekamp umgebracht hatte und sie deswegen nicht mehr auf dem Anwesen auftauchte, geriet Domenico in eine Krise und wollte nicht mehr singen. Er hat sich daraufhin Joch anvertraut, der Frau Dennekamp suchen wollte. Domenico hat eine Abschrift der Partitur angefertigt und sie Joch gegeben. Die Partitur war also letztlich auch für sie bestimmt. Wahrscheinlich hat Joch es nicht übers Herz gebracht, Domenico zu sagen, dass Frau Dennekamp tot war. Aber er begann Bernardi unter Druck zu setzen. Der Mord ging ihm zu weit. Und da hat Bernardi gehandelt. Dass Joch einen vorbestraften Freund hatte, kam ihm gerade recht. Er konnte ihm alles in die Schuhe schieben. Die Beethovenbüste, die von Zimmermann stammte, war eine ideale Mordwaffe. Dann der Versuch, am Automaten Geld abzuheben. Die Buchung des Fluges nach Los Angeles … Alles nur, um den Verdacht auf Zimmermann zu lenken. Und am Ende die falsche Zeugenaussage, die Guido von Schaumburg uns geliefert hat. Wir hatten ja keine Ahnung, dass die beiden in Verbindung standen. Da warst du uns ein Stück voraus. Zimmermann ist jedenfalls frei.«
    Alban nickte. Er fühlte sich müde und ausgebrannt. Er stand auf.
    »Ach, hier habe ich noch was für dich. Von den Kollegen von der Spurensicherung.«
    Er griff in die Schublade und holte eine CD hervor. »Es ist eine Kopie. Die Original-CD ist bei den Beweisstücken, aber die hier kannst du haben. Die Partitur müssen wir erst mal behalten.«
    »Danke«, sagte Alban. »Das hier ist interessanter. Und von der Arie habe ich ja Fotokopien.«
    Kessler sah ihm fest in die Augen. »Wie gesagt, es tut mir leid …«
    »Du kannst nichts dafür. Es ist in Ordnung.«
    Alban fuhr zurück nach Godesberg. Simone war nicht zu Hause. Er ging hinauf in sein Büro und schaltete den Computer an. Während er hochfuhr, sah er, dass der Anrufbeantworter blinkte. Das Display meldete zwei Anrufe. Wahrscheinlich Dr. Schneider und Zimmermann, dachte Alban. Ohne sich darum zu kümmern, legte er die CD ein und startete das Video.
    Immer und immer wieder sah er sich den winzigen Ausschnitt aus der Arie an. Die einzige Aufnahme eines echten Kastraten aus heutiger Zeit.
    Die Stimme klang blechern. Die
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