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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weil sie aus Australien stammte. Sie hatte ihn also, wie man so sagt, ›am Band‹. Sie hätte jederzeit ihm gegenüber das erreichen können, was er anderen androhte: ihn vor den Kadi zu schleppen. Um so mehr freue er sich, erklärte er seinen Freunden oft, auf den Moment seiner Testamentseröffnung nach seinem Tode, wenn seine Gattin erfahren werde, daß ein wesentlicher Teil seines Vermögens nicht ihr verbleiben, sondern eingehen werde in die Stiftung eines Heims für bedürftige Witwer, die den Fesseln ihrer Ehen zu Lebzeiten ihrer Gattinnen nachweisbar nicht hätten entfliehen können.
    »Nordpol hin, Südpol her«, sagte Johnny Miller, »wißt ihr, was der Kasten hier längst brauchte?«
    »Was?« fragte Harry White. Er war die Nummer drei der Gesellschaft um den runden Tisch.
    »Eine Klimaanlage.«
    »Und wer soll die bezahlen?«
    »Du zum Beispiel«, grinste Miller.
    »Warum ich?« widersprach White. »Warum nicht der Club aus seinem Vermögen? Die Beiträge, die wir entrichten, sind hoch genug.«
    Dazu hätte aber laut Statut des Clubs eine sogenannte Vollversammlung aller Mitglieder mit gemeinsamer Beschlußfassung stattfinden müssen, etwas, das äußerst schwer zu bewerkstelligen war. Sattsam gemachte Erfahrungen der Vergangenheit lehrten dies. Eine echte Vollversammlung war seit Menschengedenken nicht mehr zustandegekommen, da sich das fortgeschrittene Alter der Mitglieder natürlicherweise ständig mit einem relativ hohen Krankenstand verband.
    »Dem Kasten hier«, sagte grinsend der vierte im Bunde, »fehlt's zwar nicht an Vornehmheit, aber an Modernität.« Der Mann hieß klangvoll Nicholas Nicholson und grinste immer; kein Wunder, denn eine enorm große Kundschaft nötigte ihm ihr Geld geradezu auf. Er stellte Pillen und Tropfen her, die der Gesundheit des Menschen dienten – dienen sollten! Daß dies der Fall war, setzte voraus, daß die Leute daran glaubten. Der größte Renner in seinem pharmazeutischen Sortiment war ein ›Nerventonikum auf rein pflanzlicher Basis‹, das paradoxerweise an eine italienische Wurstsorte erinnerte, weil es den Namen ›Mortedalla‹ trug. Menschen mit schlechten Nerven, die es regelmäßig einnahmen, waren davon überzeugt, daß sie noch viel schlechtere Nerven hätten, wenn sie es nicht regelmäßig einnähmen. Auf solcher Basis gedeihen die Umsätze der Heilmittelfabrikanten am besten. Nicholson-Produkte wurden in drei Werken hergestellt, und er besaß drei Töchter, von denen jede eines dieser Werke als Mitgift zu erwarten hatte. Das müsse genügen, fand er, und gedachte mit dem Rest seines Vermögens, das sich angehäuft hatte und immer noch weiter anhäufte, irgendeine Stiftung ins Leben zu rufen, über die er sich noch nicht im klaren war.
    Harry White – das wäre noch nachzuholen – nannte nur einen Sohn namens Jack sein eigen. Jack interessierte sich nicht für die Firma seines Vaters, die eine der größten in der Strickwarenbranche war. Jack fuhr Rennen. Dies hatte seinen Erzeuger dazu gebracht, Kontakt mit dem PS-Club herzustellen, auf der Suche nach Wegen, das White-Vermögen nach Jacks vorauszusehendem frühen Ende einem sinnvollen Zweck zuzuführen.
    »Verdammte Hitze!« stieß Johnny Miller wieder hervor und winkte dem Kellner, um einen Drink mit Eis zu bestellen. Dieses Beispiel wirkte ansteckend, die drei Freunde Johnnys ahmten es nach.
    »Verrückte Welt«, sagte dann Nicholson, der Pharmazeut. »In Europa, habe ich gelesen, schneit's zur Zeit.«
    »Wo in Europa?« fragte White.
    »In den Bergen.«
    »In welchen Bergen?«
    »Wieso in welchen?« Nicholson schien erstaunt. »Haben die mehrere?«
    Johnny Miller fühlte sich angesprochen.
    »In den Alpen«, sagte er. »Ich habe das auch gelesen. Aber in den Tälern regnet's wie verrückt. Der Rhein führt schon gewaltiges Hochwasser.«
    »Wer?« fragten Nicholson und Percy Waller, der Konservenfabrikant, gleichzeitig.
    »Der Rhein.« Miller blickte in die Gesichter der beiden und entdeckte nur Ignoranz. »Das ist ein Strom in Germany«, setzte er deshalb hinzu. »Ihr seid doch typische Amerikaner.«
    »Du etwa nicht?« antwortete, wie immer grinsend, Nicholson.
    »Doch – aber kein typischer!«
    Nicholson hatte vergessen, daß Miller Einwanderer war, wenn das auch schon lange zurücklag.
    »Warum nicht?« fragte er deshalb.
    Noch ehe Miller antworten konnte, sagte Waller zu Nicholson: »Weil er in Germany geboren wurde, das weißt du doch.«
    Miller nickte.
    »Kunststück«, meinte daraufhin
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