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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)
Autoren: Peter Orullian
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betonten Rhythmus. Das hörte sich an wie eine Begrüßungsformel.
    »Und Geschichten, wenn die Pfeife brennt«, entgegnete der andere ebenso förmlich.
    Sie gaben sich die Hand, und Wendra fragte sich, ob sie den Mann irgendwie auf ihre Notlage aufmerksam machen könnte, ohne dass Jastail etwas merkte. Als die beiden sich dem Feuer näherten, wobei Penit um sie herumschoss wie eine Motte, packte Wendra ihre Spieldose weg und ging ebenfalls hinüber.
    Jastail nahm zwei Zinnbecher aus seinem Bündel, schenkte Tee ein und reichte dem Fremden einen Becher. »Welchen Namen tragt Ihr über die Landstraßen?«, fragte Jastail und setzte sich wieder auf seinen Stein.
    »Shanbe«, antwortete der Mann und nippte an seinem Becher. »Danke. Nicht an jedem Feuer an der Straße ist man so willkommen wie früher.«
    »Nur zu wahr«, bestätigte Jastail nickend. Mit seinem Becher in der Hand wies er auf Penit. »Das ist Penit. Ich begleite den jungen Mann nach Decalam, wo er am Lesherlauf teilnehmen wird.« Dann hob er die andere Hand mit der Handfläche nach oben. »Ich bin Jastail. Und das ist Lani«, sagte er, als Wendra in den Lichtkreis des Feuers trat.
    Der Ta’Opin erhob sich und machte eine kleine Verbeugung. Die respektvolle Geste überraschte Wendra. Sie fand es seltsam, aber wunderbar, dass ein Fuhrmann, der äußerlich so wenig den Gepflogenheiten ihrer Gesellschaft entsprach, ihr auf diese schlichte, aber aufrichtige Weise seine Achtung ausdrückte. Vielleicht war er genau der Richtige, um ihr und Penit bei der Flucht zu helfen. Sie erwiderte die Begrüßung mit einem Nicken und setzte sich neben den Jungen auf den umgestürzten Baumstamm. Unauffällig stupste sie Penit mit dem Ellbogen an.
    »Das wollte ich dir noch erzählen«, raunte Penit. »Jastail hat es mir heute gesagt. Der Lesherlauf ist ein Wettrennen um einen großen Preis. Und wir müssen sowieso nach Decalam, oder?«
    War der Junge so geblendet, dass er nicht bemerkte, wie Jastail ihn manipulierte?
    Jastail räusperte sich, unverkennbar in der Absicht, ihre geflüsterte Unterhaltung zu beenden. »Setzt Euch«, lud er den Ta’Opin ein. Shanbe ließ sich nah am Feuer auf dem Boden nieder und trank seinen Tee. »Ihr fahrt noch spät«, bemerkte Jastail über den Rand seines Bechers hinweg.
    »Ich wäre noch ein oder zwei Stunden weitergefahren, wenn Ihr mich nicht eingeladen hättet, mir die Hände zu wärmen«, entgegnete Shanbe.
    »Was bringt Euch dazu, das bei Nacht zu wagen, und ohne jeden Begleitschutz?«, fragte Jastail und schenkte sich Tee nach.
    »Ich will ebenfalls nach Decalam. Und meine Ladung wird dort dringend erwartet.« Shanbe streckte Jastail den Becher hin, und während der ihn bis zum Rand füllte, fuhr der Ta’Opin fort: »Aber für Wegelagerer stellt sie kaum eine lohnende Beute dar: Musikinstrumente und der Bericht einer Volkszählung, alles für die Discantus-Kathedrale.«
    Discantus! Wendra erinnerte sich an diesen Namen aus ihrem Fiebertraum. Sie blickte zu dem Wagen hinüber, dessen abge deckte Ladung mit dicken Seilen gesichert war. Was für Instru mente der Mann wohl transportierte?
    Der Ta’Opin fuhr fort: »Die Instrumente sind alt, brauchbar zwar, aber nur für Hände, die noch wissen, wie man darauf spielt. Gewöhnliche Leute wüssten mit keinem einzigen davon etwas anzufangen. Ansonsten habe ich modriges Pergament und stockfleckige Bücher geladen, nichts, was einen Dieb interessieren könnte.«
    »Dennoch ist es gefährlich, allein zu reisen«, bemerkte Jastail und lehnte sich mit seinem Becher behaglich zurück.
    »Da habt Ihr recht«, stimmte der Fuhrmann zu. »Aber Begleitschutz würde nur Aufmerksamkeit auf meine Ladung lenken, und für die sind wirklich keine zusätzlichen Reiter nötig. Außerdem machen die Legenden über mein Volk gewöhnliche Menschen vorsichtig, und dumme Menschen fürchten uns.« Er schnaubte lachend. »Und ich habe Glück, dass kluge Menschen selten ihr Glück auf der Straße zu machen versuchen.«
    Wendra warf Jastail einen viel sagenden Blick zu.
    Jastail erwiderte den Blick, doch sein Auftreten blieb unverändert freundlich. »Auf Euer Glück«, sagte Jastail und hob den Becher. »Das Glück, dass Ihr auf uns gestoßen seid und nicht auf die Art Männer, die Ihr beschrieben habt.« Wendra fand es abscheulich, wie der Wegelagerer sich auf Kosten des nichtsahnenden Ta’Opin amüsierte.
    Jastail bot erst Penit, dann Wendra seinen Becher an. Der Junge kicherte, und Wendra zwang sich, weiter zu
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