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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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bemerkte, daß er schwitzte und flach atmete. Er mußte irgend etwas unternehmen, und außer wenn er sich auf seinen blinden Instinkt verlassen hatte, war er nie gut darin gewesen, sich zwischen Alternativen zu entscheiden. Die Jacht errang einen leichten Vorsprung. Tim flüsterte leise Gebete an Götter, die er nicht beim Namen nennen konnte, und ging mit dem Shuttle in den roten Bereich, um wieder aufzuschließen. Wenn er Recht hatte … wenn ihm wieder einfiele, wie man es anstellte … wenn nichts schiefging, dann gab es eine Möglichkeit, die Jacht vom Sprung abzuhalten. Wenn etwas schiefging, würde er es nicht mehr erfahren.
    Sassinak kroch stöhnend unter einem Gewirr von Leibern hervor. Ein dumpfer Schmerz in ihrem Bein versprach, sich zu einem echten Schmerz zu entwickeln, sobald sie ihn zur Kenntnis nahm. Tim sollte unterwegs sein. Arly war draußen und stellte sich der Invasionsflotte entgegen. Und hier … hier herrschten Tod, Schmerz und Blutvergießen. Ein Lethi-Delegierter war zu bernsteinfarbenen Splittern und Krümeln zerschmettert worden, die nach Schwefelverbindungen rochen. Ein Ryxi wimmerte, während sein gebrochenes Bein zitterte und zuckte. Seine angesengten Rückenfedern fügten dem üblen Gestank im Saal eine weitere unangenehme Note hinzu. Und Aygar? Aygar lag reglos hingestreckt auf dem Boden, aber Lunzie kniete neben ihm und nickte ermunternd, als sie aufblickte. Ford, der ein wenig grau um den Mund war, hielt seine verbrannte Hand einem Sanitäter hin, der sie mit einem blaßgrünen Schaum einsprühte.
    Sassinak hinkte zu Lunzie hinüber und überlegte, ob sie sich neben sie setzen sollte, ließ es aber lieber. Sie hätte vielleicht nicht wieder aufstehen können. »Was ist mit ihm?«
    »Soviel ich sehe, hat ihn ein Betäubungsstrahl getroffen. Es ist nicht so schlimm. Er wird binnen einer Stunde aufwachen und sich ziemlich mies fühlen. Was noch?«
    Lunzie hatte den intensiven Blick von jemandem, der gerade mentale Disziplin praktizierte.
    »Die Vertreter der Paradens, die drüben unter den Gästen gesessen haben, sind geflohen. Mit ihrer Jacht.«
    »Spreng sie in die Luft!« Lunzie schien bereit, mit bloßen Händen Wände einzuschlagen.
    »Nicht nötig. Ich habe ihnen eine Falle gestellt.«
    »Du hast …?«
    Sassinak schilderte kurz ihre Vorkehrungen und sah sich dabei um. Die überlebenden Delegierten hatten sich in ihre Kapseln eingeschlossen. Sie sah, daß sie von ihnen ängstlich beobachtet wurde. Was dachten sie jetzt wohl? Und was sollte sie tun?
    »Sassinak. Eine Stellungnahme?« Einer der Studenten, der eine Kamera auf der Schulter trug, war die Sitzreihen heruntergestiegen. Die Studenten hatten also die Nachrichtenkanäle an sich gerissen. Sassinak runzelte die Stirn und versuchte ihren Kopf wieder klarzubekommen, zu denken. Sie spürte das Gewicht der Ereignisse auf sich lasten. Sie sah sich nach Coromell um, der als Dienstältester Stellungnahmen abgeben sollte. Dann entdeckte sie seinen verkrümmten Körper in der unmißverständlichen Haltung eines Toten.
    »Ich … Moment mal.« Hatte Lunzie ihn gesehen? Wie würde sie reagieren? Sassinak berührte Lunzie an der Schulter. »Hast du es gewußt? Coromell?«
    Lunzie nickte. »Ja. Ich hab’s gesehen. Ich hatte mich gerade in Trance versetzt. Ich konnte ihn nicht retten … und er war so anständig.« Sie kämpfte mit Tränen. »Ich kann jetzt nicht weinen, und außerdem …«
    »Du hast Recht.«
    Coromell war tot. Der Vorsitzende war tot. Die Richter, sofern sie überlebt hatten, waren nicht in der Lage, das Ruder zu übernehmen. Irgendjemand mußte es tun. Sassinak humpelte die Treppe zum Podium hinauf und stieg vorsichtig über die Leichen hinweg, die dort verstreut lagen: der Vorsitzende, der sie an ihren ersten Captain erinnert, und der diplonische Delegierte, den sie selbst getötet hatte. Auf dem Podium waren Statusmonitoren und eine Reihe von Pulten installiert, mit deren Hilfe Stimmen registriert und Wortmeldungen angenommen werden konnten. Aber nichts davon funktionierte mehr. Höchstwahrscheinlich hatten ihre eigenen Schüsse die Monitoren zertrümmert. Dennoch war es die richtige Stelle, und sie blieb dahinter stehen, als der Student mit der Kamera für eine Nahaufnahme an sie herantrat. Sie konnte sich vorstellen, wie sie aussah: eine müde, zerzauste Flottenoffizierin, die vor dem Föderationssiegel stand; die Verkörperung eines Militärputsches, das Ende von Frieden und Freiheit. Aber sie wollte ihre
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