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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht
Autoren: Wolfgang Ecke
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sich erkundigte: „Sie sind der Engländer, der Herr Clifton?“
    „Ja, der bin ich...“
    Sie schob sich vom Fenster ab und wandte sich dem Tisch zu. Zögernd griff sie nach ihrer Handtasche. „Dann kann ich ja gehen...“ Und leise, fast furchtsam: „War es nun ein Jux, oder war es keiner?“
    Perry Clifton nahm behutsam den Mantel vom Stuhl und legte ihn ebenso behutsam auf das Bett. Er setzte sich und deutete freundlich auf den kleinen Sessel, der neben dem Fenster stand. „Bitte setzen Sie sich und erzählen Sie mir, wer Sie sind, wie Sie heißen und wie Sie hierherkommen.“
    Die Röte hatte sich verzogen, geisterblaß sah die Frau plötzlich wieder aus, und ihre Lippen bebten. „Ich hab’s ja geahnt, daß das mit dem Jux nicht stimmt. Wer gibt schon für einen Jux soviel Geld aus...“
    „Wenn Sie mir alles sagen, haben Sie nichts zu befürchten. Ich verspreche es Ihnen.“ Da begann sie zu erzählen. Zuerst stockend, von trockenen Schluchzern unterbrochen, dann immer flüssiger. Sie berichtete von dem Augenblick an, als ein kleiner rothaariger Engländer das Café am Ende der Autobahn betreten hatte...

    „Ich bin für niemanden zu sprechen!“ hatte er seiner Sekretärin eingeschärft. „Für niemand!!“
    James Pieter Burton, Grundstücksmakler und Mozartliebhaber, ging unruhig in seinem Büro auf und ab. Manchmal ließ er sich in seinen Schreibtischsessel fallen und starrte den Telefonapparat an, über den man ihn von außen direkt erreichen konnte. Es war der linksstehende. Der zweite Apparat diente dem Empfang der Gespräche, die ihm seine Sekretärin, Miß Langton, hereingab.
    Zweimal hatte er Mills schon angerufen, doch der wußte jedesmal ebenfalls noch nichts Neues. Püttely habe sich nicht gemeldet... Dazu kam, daß ihn das spurlose Verschwinden seines Butlers beunruhigte. Und je länger er warten mußte, um so mehr verwirrten sich seine Gedanken. Immer wieder erinnerte er sich an Cliftons Besuch und an das Mißtrauen gegenüber Henry Overgaty. Jetzt war Overgaty fort, und Mills...
    Das Telefon!
    Die Quarzuhr aus geschliffenem Messing auf dem Schreibtisch zeigte 11 Uhr 40 an.
    Der linke Apparat läutete. Es mußte Mills sein!
    Es war Mills. Seine Stimme jedoch klang verändert. Heiser! Sie hatte einen Unterton, der nach Panik klang.
    „Ich bin’s. Bist du allein?“ fragte diese Stimme. Burton ahnte sofort, daß etwas geschehen sein mußte. Und er spürte sich von einer unsichtbaren Hand gepackt und geschüttelt.
    „Was ist los? Hat Püttely angerufen?“
    „Nein. Wynham hat eben angerufen!“
    Burton holte pfeifend Luft. „Wynham von der Versicherung?
    Das Schütteln in ihm wurde heftiger.
    „Ja, James, du mußt auf der Stelle verschwinden. Hamilton, der Mann, den Clifton besucht hat, ist auf dem Weg zu Scotland Yard, um Anzeige gegen dich zu erstatten.“
    „Aber ich kann doch nicht einfach weglaufen... verschwinden. Wie stellst du dir das vor?“ stöhnte Burton voller Entsetzen. „Und du? Was willst du tun?“
    „Von mir ist nicht die Rede gewesen. Noch nicht!“ setzte er rasch hinzu. „Aber ich werde Vorbereitungen treffen. Ich habe keine Lust, ein paar Jahre im Gefängnis zu verbringen.“
    „Gefängnis?“ Burton brachte das Wort kaum über die Lippen.
    „Glaubst du vielleicht, sie zahlen uns einen Urlaub auf den Seychellen? Verdammt, James, du hast diesen Clifton unterschätzt. Es war eine idiotische Idee, ausgerechnet ihn auf Claire anzusetzen.“
    „Du warst damit einverstanden... Und die Leute, die du engagiert hast, haben die keine Fehler gemacht?“ keifte Burton heiser. „Reihenweise Fehler! Wozu Clifton nach Wien locken, wozu?“
    „Vielleicht hilft dir die Zeit, die wir dadurch gewinnen.“ Und beschwörend rief er ins Telefon: „Es hat doch keinen Sinn, wenn wir uns jetzt gegenseitig Vorwürfe machen... Für die Fehler sind wir beide gemeinsam verantwortlich. Aber jetzt müssen wir handeln. Auf der Stelle!“ Und als handle es sich dabei um eine plötzliche Eingebung, fragte Patrick Mills: „Was ist mit Overgaty?“
    „Overgaty? Weißt nicht du, was mit Overgaty ist?“
    „Ich? Woher soll ich das wissen?“
    Burton rammte den bronzenen Brieföffner voller Wucht in das Holz seiner Schreibtischplatte. „Und alles haben wir dieser Kanaille zu verdanken“, zischte er. Bei jedem Wort wuchtete er das stilettähnliche Instrument erneut ins Holz, in herumliegende Schriftstücke und Aktenhefter. Es war fast, als habe er den Verstand verloren. Plötzlich schlug
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