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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht
Autoren: Wolfgang Ecke
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glaubte sein Soll an Hilfsbereitschaft erfüllt zu haben. Fast unbeabsichtigt entfuhr es ihm: „Oder wissen Sie einen anderen Weg?“
    Der alte Mann überhörte das Schnippische in Dickis Stimme. Nachdenklich, fast gequält musterte er das Treppenhaus. Und widerwillig: „Ein weiter Weg... fünf Treppen hoch... Weißt du, ich habe Asthma. Und ohne Fahrstuhl ist das... Na ja...“ Er war wohl der Meinung, daß es wenig Sinn habe, einem Jungen die Beschwerlichkeit eines von Asthma befallenen Körpers zu erklären. Resigniert begann er, den Brief wieder einzustecken.
    „Mister Völlers behauptet, wissen Sie, das ist der Hausverwalter, der behauptet, ein Fahrstuhl würde sich bei so einem alten Kasten nicht mehr lohnen... Er meint, daß man eines Tages das Haus abreißen wird.“
    Der alte Mann, der schon einen Schritt in Richtung Treppe getan hatte, zögerte und wandte sich dann noch einmal Dicki zu. „Sag mal... Bist du wirklich ein Freund von diesem Mister Clifton?“
    Ehrenwort! Sein bester sogar. Wir haben keine Geheimnisse voreinander...“ Die Hand des Alten fuhr wieder unter den Mantel. „Ich könnte dir den Brief ja geben... fünf Treppen... kein Fahrstuhl...“ Dicki Miller schien die Gedanken des alten Mannes zu erraten. Er trat auf ihn zu. Und im Verschwörerton flüsterte er: „Es braucht doch niemand zu erfahren, Sir!“
    „Das dürfte wirklich niemand erfahren!“ flüsterte der Mann zurück.
    „Auf mich können Sie sich verlassen!“ lockte Dicki. „Und Mister Clifton würde auch niemandem ein Wort verraten!“ Das gab den Ausschlag. Entschlossen fischte der Bote den Brief zum zweiten Mal unter seinem Mantel hervor und hielt ihn Dicki hin.
    „Hier! Ich verlasse mich auf dich! Wie heißt du eigentlich, junger Mann?“
    „Dicki Miller!“
    „Also, Dicki Miller, ich verlasse mich auf dich! Und ich danke dir, daß du mir einen so großen Gefallen tun willst!“ Er streckte Dicki seine faltige Hand hin, in die Dicki im Bewußtsein einschlug, soeben etwas Großartiges getan zu haben...

Unfreundliches...

    Man mußte den Weg fast bis zum Ende gehen (oder langsam fahren), um an das Haus zu gelangen, das sich, weit entfernt von den übrigen, als letztes unauffällig und doch unübersehbar an den Hügel schmiegte.
    Es war ein eigenartiges Haus; in einem Zug grob und doch pittoresk, skurril, verwinkelt und — lustig. Ja, es machte einen lustigen Eindruck, wie es so dastand: hingebaut, dazugebaut, draufgebaut und angebaut. Alles aus dem gleichen silbergrauen Kalkstein wie die übrigen Häuser des Ortes auch. Ein einstöckiges Haus, das aus vielen kleinen Anbauten bestand. Nur das der Straße, besser: dem Weg zugewandte Mittelstück schien von Beginn an dagewesen zu sein. Ein Vorbau mit einem breiten Fenster darin, der von zwei Säulen gestützt wurde. Die verschieden hohen Dächer waren alle mit rechteckigen Schindeln bedeckt, auf denen sich an manchen Stellen Moos angesetzt hatte. Gegenüber dem winzigen Vorgarten stand ein Auto. Es paßte so wenig in die nähere Umgebung wie zum Beispiel ein Pflasterstein in einen Kühlschrank. Ja, es störte direkt den besinnlichen und friedlichen Eindruck...
    Im Inneren des Hauses allerdings ging es weniger friedlich zu.
    Zwei junge Männer standen in der sogenannten Wohnstube vor einem alten, grauhaarigen Mann. Dieser, vierschrötig, mit einem von Wind und Wetter gegerbten Gesicht, saß in einem Schaukelstuhl und blickte teils trotzig, teils beunruhigt auf die beiden Besucher. Nicht, daß er Angst vor ihnen gehabt hätte, nein, das nicht. Was die Körperkraft anbetraf, so nahm er es wohl noch heute, trotz seiner 67 Jahre, mit manchem Jungen auf. Es waren ganz andere Dinge, die John Aston beunruhigten.
    Besonders der Rothaarige mit der kleinen Himmelfahrtsnase und dem pfiffigen Gesichtsausdruck war es, der ihm Mißbehagen einflößte. Und gerade diesen schien es besonders aufzuregen, daß der Alte seit ihrem Eintritt außer den gemurmelten Worten „Der Teufel soll euch holen!“ noch keinen Ton gesagt hatte.
    „Hören Sie endlich auf zu schaukeln!“ fauchte der Rothaarige wütend.
    John Aston, dem es nun wohl doch langsam zu bunt wurde, stemmte seinen massigen Körper aus dem schwarzlackierten Schaukelstuhl hoch und trat vor den Rotschopf Jack McButton hin, den er fast um einen Kopf überragte.
    „Ich bin fertig mit euch! Fix und fertig! Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben. Und das habe ich Mills schon am Telefon gesagt!“ Mit vor Zorn bebender Stimme
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