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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht
Autoren: Wolfgang Ecke
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um den Mund; nicht die leiseste Geste der Höflichkeit den Gästen des Hauses gegenüber. Oder — war da doch eine Spur von Interesse? „Mister Burton erwartet Sie in seinem Arbeitszimmer, Sir. Bitte erlauben Sie mir voranzugehen!“ Clifton registrierte eine dunkle, ein wenig heisere Stimme, und er sah, während er dem Butler folgte, daß dieser das linke Bein nachzog. Über läuferbelegte Gänge und Teppiche in kleinen Dielen ging es hinauf in den ersten Stock.
    Heiter-melancholische Mozartmusik — zuerst wie durch einen Dämpfer wahrnehmbar — verstärkte sich, wurde lauter und deutlicher, je näher sie einer breiten, zweiflügeligen Tür aus geschnitzter Eiche kamen.
    Der Butler klopfte. Zuerst leise, dann nachdrücklicher. Volltönend drang die Musik durch die geöffnete Tür, als der Butler eintrat.
    Mozart verstummte, dagegen ertönte ein heiseres Räuspern.
    „Ein Mister Clifton möchte Sie sprechen, Sir!“
    Stille.
    Der Butler wandte sich dem Detektiv zu. Und obgleich dieser nicht den leisesten Ton von der Gegenseite im Zimmer gehört hatte, gab der Butler die Tür mit einer steifen Verbeugung frei. „Mister Burton läßt bitten!“
    Perry Clifton betrat den Raum. Ein Zimmer von gewaltigen Ausmaßen und ausgesuchter Eleganz, in dem das Schöne das Praktische überwog. Ein Arbeitszimmer, wie es Perry bis zu diesem Augenblick eigentlich nur aus historischen Filmen mit französischem Hintergrund gesehen hatte. Selbst der zierliche Schreibtisch, obwohl mit Papieren übersät, schien eher als Requisit in ein Theaterstück zu passen als in die Umgebung eines zeitgenössischen Immobilienhändlers.
    Zu den wenigen technischen Einrichtungsgegenständen gehörte eine imposante Stereoanlage, die mit Tonbandgeräten und Lautsprechern ausgerüstet war und die jedem professionellen Studio zur Ehre gereicht hätte.
    Abgezirkelt in der Mitte des riesigen Raumes standen drei Sessel. Sie waren so plaziert, daß sie sich an der Stelle befanden, die den allerbesten Stereoempfang gewährleistete.
    Perry Clifton war sichtlich beeindruckt. Das sah auch James Pieter Burton, der mit ausgestreckter Hand und ernstem Gesicht auf ihn zukam.
    „Ich freue mich sehr, daß Sie gekommen sind, Mister Clifton. Vielen Dank!“
    Sie schüttelten sich die Hände, und Perry Clifton fühlte Sympathie für den hochgewachsenen, schlanken Mann vor ihm, den er auf fünfzig Jahre schätzte und der eher einem Künstler als einem Grundstücksmakler glich.
    Burton dirigierte ihn mit sanftem Druck zu einer Sesselgruppe, die sich in einem Erker befand. „Whisky, Kognak oder sonst etwas Alkoholisches?“ erkundigte er sich. Clifton schüttelte den Kopf. „Um diese Zeit trinke ich höchstens Tee — und dann auch nur, wenn ich unbedingt muß! Und jetzt muß ich nicht.“ Mit einem verschmitzten Lächeln fügte er hinzu: „Tee paßt weder zur Einrichtung noch zu Mozart... zumindest für meine Begriffe!“
    „Sie kennen sich also aus...“
    „Etwas. Und das Musikstück, das Sie vorhin hörten, war zweifellos das Divertimento D-Dur...“
    „Stimmt!“ nickte Burton gleichermaßen erfreut und anerkennend. Und wie um Entschuldigung bittend erklärte er: „Ich leiste mir fast jeden Tag eine halbe Stunde Mozart. Es erleichtert mich, daß Sie kein fanatischer Wagner-Anhänger sind.“ Er sagte es mit dem Anflug eines Lächelns. Perry Clifton schränkte jedoch sofort ein: „Ich bin ein Mensch, der sehr von Stimmungen abhängig ist, trotz meines Berufes. So kann ich um 16 Uhr aus Freude über ein Ereignis Mozart hören, um 20 Uhr aus einer nachdenklichen Stimmung heraus Wagner und um Mitternacht Joan Baez... Ich hoffe, daß Sie das nicht stört, Mister Burton!“
    „Es stört mich nicht. Im übrigen habe ich diese umfangreiche Mozart-Plattensammlung von meinem Bruder übernommen.“
    Es entstand eine kleine Pause, während der Clifton einen Kupferstich an der Wand fixierte und James Burton seinen Besucher ansah, ohne ihn jedoch wahrzunehmen. Perry Clifton ergriff als erster wieder das Wort: „Sie schrieben, daß Sie von Sir Arthur White von mir erfahren hätten. Kennen Sie ihn schon lange?“
    Burton nickte: „Wir lernten uns vor einigen Monaten auf einer Kunstauktion kennen, wo er mir ein einmaliges Stück vor der Nase wegsteigerte. Unser damaliger ,Zweikampf’ bildete sozusagen den Beginn unserer Bekanntschaft. Ich schätze sehr seinen scharfen Verstand und seine Kunst zu formulieren.“
    „Und vergessen Sie nicht sein Geschick, jemanden zu
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