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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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auch, sehr heikel das Ganze. Dazu hätte es nicht kommen brauchen, aber unvorhersehbare Ereignisse machten einen Strich durch Esterházys Rechnung.
    Zunächst einmal servierte der Killer gen zwanzig Uhr dreißig ein frugales Mahl. Brot mit Käse ohne Butter.
    Mit einem Teppichmesser befreite Esterházy die Hände seines Gefangenen. „Bier, Wein, Wasser?“
    Na, immerhin etwas. Herr Schweitzer nahm das als Zeichen für eine zumindest temporäre Unterbrechung des Redeverbots: „Wein. Bitte. Wenn’s recht ist.“
    „Es ist recht“, sagte Esterházy mit einer Spur Süffisance, schenkte einen kleinen Schluck in den Römer und hielt die Flasche so, daß Herr Schweitzer das Etikett lesen konnte.
    Secua tinto 2004, finca la estacada, las Herr Schweitzer, tippte auf Spanien, kostete und nickte. „Ausgezeichnet.“
    „Das freut mich. Es ist nämlich der einzige, den ich Ihnen anzubieten habe.“ Esterházy schenkte großzügig ein. Er selbst trank Wasser. „Guten Appetit.“
    Waren seine Gedanken zuletzt anderweitig beschäftigt, so merkte er nun, wie groß Hunger und Durst derweil geworden waren. Sogar das Käsebrot verströmte das Aroma eines von Meisterhand zubereiteten Coq au vin. Herr Schweitzer ließ es sich schmecken.
    Zwischen zwei Bissen sagte der Killer unvermittelt: „Ich habe nicht vor, Sie zu töten. Voraussetzung …“
    Gewöhnlich sagt man Männern nach, sie seien nicht multitaskingfähig. Herr Schweitzer in bestimmten Situationen aber schon. Er kaute und verdaute und war trotzdem in der Lage, die Tragweite des soeben Gesagten zu erkennen. Das Leben schien es wieder gut mit ihm zu meinen. Flugs hakte er nach: „Ja?“
    „Voraussetzung ist natürlich, daß Sie mitspielen. Keine Dummheiten und so.“
    Herr Schweitzer war nicht der Dümmsten einer: „Natürlich. Ich werde tun, was immer Sie sagen.“
    „Gut. Alles, was ich brauche, ist ein kleiner Vorsprung. Morgen früh bin ich weg.“
    „Klar, verstehe“, kommentierte er diesen redlichen Vorschlag zuversichtlich. „Von mir haben Sie nichts zu befürchten. Ich warte hier und schweige wie ein Grab.“
    „Nee, nee, nee, Sie sind mir vielleicht einer. So einfach ist das auch wieder nicht. Ich kann Ihnen unmöglich trauen. Das müssen Sie verstehen.“
    Herr Schweitzer, der gerade noch sein Überleben mit einer Militärparade feiern wollte, wurde nachdenklich. Er selbst fand seinen Vorschlag nämlich geradezu genial. Aber wenn der Killer sagt, so einfach sei es nun auch wieder nicht, dann war dem eben so. Und so kurz vorm Ziel riskiere ich lieber nichts mehr. „Ich verstehe.“
    „Schön. Wir machen es wie folgt …“ Karel Esterházy erhob sich, ging ein paar Schritte zur Tür, blieb stehen, kehrte um und griff sich die SIG Sauer. „Hätte ich jetzt glatt vergessen.“
    Zurück kam er mit einer kleinen weißen Schachtel. „Das sind die Schlaftabletten meiner Frau.“
    „Wo ist sie?“
    „Tot.“
    „Mein Beileid.“
    „Halb so schlimm.“ Esterházy öffnete den Verschluß der Wasserflasche und bröselte drei Tabletten hinein. „Das müßte reichen. Danach schlief Vera immer wie ein Murmeltier. Zwölf Stunden und mehr an einem Stück.“ Dann hielt er kurz inne und blickte nachdenklich auf Herrn Schweitzer. „Aber vielleicht, Sie sind ja viel, äh, umfangreicher als Vera. Das reicht womöglich doch nicht.“ Sprach’s und zerkleinerte eine vierte Tablette.
    „Das soll ich jetzt trinken?“
    Der Killer schien über diesen Vorschlag nachzudenken. Doch, wie wir bereits wissen, gehörte er zu der Sorte Mensch, die einmal gefaßten Entscheidungen bedingungslos folgten. Ein Plan ist ein Plan und Abweichungen davon konnten übel enden. „Nein, nicht jetzt. Später. Ich will nicht, daß Sie bei mir in der Wohnung bleiben.“ Er sah auf die Wanduhr. „Wir warten noch ein halbes Stündchen, dann gehen wir.“
    „Wohin?“
    „Keine Angst, es ist nicht weit.“
    Das halbe Stündchen zog sich wie Knetmasse. Der Wein hatte dazu beigetragen, daß Herr Schweitzer sich vor Angst kaum noch ins Hemd machte und auch ansonsten recht gefaßt wirkte. Er schmiedete bereits Pläne für die nahe Zukunft. Und die sahen so aus: Schoppe in’n Kopp und das in Begleitung von Giorgio-Abduls zweitem Gratisjoint. Das hatte er sich aber mal so was von verdient, fand er.
    Dann war es um, das halbe Stündchen.
    „So, gehen wir. Die Pflicht ruft“, erklärte Esterházy. „Sie nehmen bitte den Koffer. Ihren Autoschlüssel haben Sie?“
    „Ja, aber meine Füße
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