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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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…“
    Der Killer klatschte sich an die Stirn und gab ein Geräusch von sich, das dem Glucksen einer Henne ähnelte. „Mann, Mann, Mann, was bin ich vielleicht blöd. Das hätte ganz schön affig ausgesehen, wenn Sie mit Fesseln zum Auto gehopst wären. Da könnte ich ja gleich selbst die Polizei rufen. Mann, Mann, Mann.“ Mit einer Schere durchschnitt Esterházy das Klebeband und entfernte die Reste.
    Herr Schweitzer schnappte sich den Koffer. Obwohl er beim Packen zugesehen hatte, war er doch über dessen Leichtigkeit erstaunt. Seine Maria brauchte selbst für einen kurzen Wochenendtrip bedeutend mehr. Ohne daß es abgesprochen gewesen wäre, ging er voraus und wartete, bis Esterházy die Wohnungstür abgeschlossen hatte. Herr Schweitzer wußte, was sich zwischen Gefangenen und bewaffneten Wärtern so gehörte.
    Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Unten öffnete der Killer den Briefkasten und kontrollierte ein letztes Mal seine Post.
    Sie mußten warten, weil sich von Sachsenhausen her ein Rettungswagen mit Blaulicht und hoher Geschwindigkeit näherte.
    Dieser Vorgang wurde vom Killer mit den Worten kommentiert: „Ja, ja, das Altersheim dort hinten. Aber so ist das immer im Hochsommer, es wird viel gestorben bei den Tattergreisen. Die trinken einfach zu wenig.“
    Sie überquerten die Straße. Herr Schweitzer öffnete die Heckklappe, um den Koffer hineinzulegen. Dann stutzte er.
    Esterházy wartete bereits ungeduldig an der Beifahrertür. „Was ist?“
    Es sei jetzt mal dahingestellt, ob seine Begriffsstutzigkeit der immer noch mörderischen Hitze oder dem Umstand geschuldet war, daß Herr Schweitzer vorher noch nie einen VW Käfer gefahren hatte, jedenfalls kam ihm das, was er sah, ganz und gar nicht geheuer vor. Es war kein Platz mehr für den Koffer. Und er, Herr Schweitzer, war vorübergehend ziemlich aufgeschmissen.
    Übellaunig kam der Killer heran und besah sich das Problem, was strenggenommen aber keins war, denn Käfer wurden schon ab Werk stets mit Heckantrieb geliefert; daran hatte sich über all die Jahre, in denen das Auto vom Band lief, nichts geändert. Karel Esterházy aber hatte spontan auch nicht daran gedacht, erfaßte die Lage jedoch sofort. Schelmisch legte er den Kopf schief und fragte: „Na, Meister, und jetzt?“
    „Auf den Rücksitz damit?“ schlug ein noch immer schwer von Begriff seiender Herr Schweitzer zaghaft vor.
    Der Killer ließ es auf sich beruhen. Er war schließlich nicht auf der Welt, um Schnüfflern Nachhilfeunterricht in puncto Kraftfahrzeugkunde zu erteilen. „Gute Idee. Der Käfer macht bestimmt so seine zweihundertdreißig Sachen, bei zwei Motoren …“
    Herr Schweitzer ahnte, daß er gerade mächtig verarscht wurde, wußte aber nicht inwiefern. Brav bugsierte er den Koffer auf die Rückbank.
    Esterházy legte sich seinen kleinen schwarzen Rucksack zwischen die Beine.
    Es kam, wie’s kommen mußte. Der schadhafte erste Gang war komplett aus seinem Gedächtnis gebannt. Der Käfer machte einen Satz nach vorne und der Motor erstarb.
    Fast hätte der Killer dabei die Knarre verloren. Im letzten Augenblick konnte er sich am Armaturenbrett abstützen. „Hey, was soll das?“
    „Tschuldigung, das hatte ich total vergessen, tschuldigung. Der erste Gang ist kaputt. Ich hätte daran denken müssen. Tschuldigung.“
    „Schon gut. Das ist wohl nicht Ihr Wagen, was?“
    „Nein, ein Kumpel hat ihn mir …“
    Esterházy fiel ihm ins Wort: „Ist ja schon gut. Umdrehen!“
    „Das Auto?“
    „Was denn sonst?! Wir fahren runter zu den Bootshäusern.“
    Mit viel Gefühl in den Beinen startete Herr Schweitzer den Käfer erneut. Diesmal klappte es. In einem eleganten Bogen wendete er.
    Ein paar Minuten später parkte der Wagen vor dem zu einem Künstleratelier umgebauten alten Frachtkahn, der dort, kurz vor der Gerbermühle bei den Ruderdörfern, schon seit vielen Jahren vertäut am Ufer lag.
    „Sie geben mir jetzt die Autoschlüssel, nicht daß Sie mir noch abhauen.“
    Das sagt sich so leicht daher, das mit dem Abhauen, dachte Herr Schweitzer. Auch wenn der Killer versprochen hatte, ihn zu verschonen, so lange er sich ihm nicht widersetzte, so war das Schießeisen weiterhin allgegenwärtig und vernichtete jedweden Fluchtgedanken schon im Ansatz. Er händigte ihm den Schlüssel aus. „Was jetzt?“
    „Sie steigen aus. Dann gehen wir zusammen den Weg Richtung Gerbermühle. Da kommt dann gleich rechts eine kleine Wiese mit ein paar Bänken. Dort sitzt fast nie jemand.
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