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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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Viel zu oft in den letzten Jahren hatte er sich damit bis auf die Knochen blamiert und Spötteleien geradezu provoziert. ‚Na, Dickerchen, schmeckt das vegetarische Rumpsteak?’ Marias Worte bei seinem vorerst letzten gescheiterten Diätversuch im Februar. Auf Dauer können solche dummen Sprüche ganz schön traumatisieren.
    Oberkommissar Schmidt-Schmitt hatte seinen freien Tag im Schrebergarten verbracht. Herr Schweitzer konnte die dabei gegrillten Thüringer förmlich riechen, was seine sowieso schon schlechte Laune noch tiefer in den Keller sacken ließ. Als Ouzo-Schorsch beim Brezelbub auch noch eine Käse-Schinken-Stange orderte, hielt er es nicht mehr aus und ging zu Bertha in die Küche. Diese schnitt gerade ein paar Käsewürfel zurecht, die ein Gast bestellt hatte. Heroisch ignorierte Herr Schweitzer diesen Leckerbissen und fragte Bertha nach Karotten, denen man nachsagte, sie seien Bestandteil vieler Diäten und würden vor lauter brauchbaren Vitaminen nur so strotzen.
    Die Wirtin verkniff sich jeden Kommentar, Herr Schweitzer war von jeher etwas wunderlich, und holte das Gewünschte aus dem Kühlschrank.
    Er setzte sich wieder zu Ouzo-Schorsch und Schmidt-Schmitt an den Tresen. Während er an der orangefarbenen Abscheulichkeit knabberte, warf er zwischendurch immer mal wieder begehrliche Blicke auf die Käse-Schinken-Stange und den blöden Fettsack, der ein paar Meter weiter provozierend langsam von den Käsehäppchen naschte.
    Eigentlich war Herr Schweitzer auf Neuigkeiten im Jens Auer-Mordfall erpicht, doch Schmidt-Schmitt und Ouzo-Schorsch unterhielten sich dermaßen angeregt, daß er nicht zu unterbrechen wagte. Er hörte nur mit halbem Ohr zu. Sein Mineralwasser schmeckte nach nichts. Trotzdem bekam er mit, daß der Pensionär früher einmal Richter am Oberlandesgericht hier in Frankfurt gewesen war. Es waren also Fachgespräche, die hier geführt wurden. Gerade schwadronierten die beiden über einen Fall, bei dem ein gehörnter Ehemann zornestrunken seine Gattin abgemurkst und Schmidt-Schmitt die Beweise für dessen Überführung gesammelt hatte. Ouzo-Schorsch war dann auch der Richter gewesen, der das Lebenslang aussprach.
    Eine halbe Stunde und zwei Mineralwasser später begann sich Herr Schweitzer zu langweilen. Wieso babbelt der Ouzo-Schorsch ausgerechnet heute so viel, wo er doch sonst so schweigsam ist, ärgerte er sich.
    Dann fing der ehemalige Richter auch noch zu gickeln an: „Hihi, stell dir das mal vor, meldet sich der Typ am Handy doch tatsächlich mit Osterhasi. Osterhasi, hast du so etwas schon mal gehört?“
    Schmidt-Schmitt: „Muß man den kennen, den Osterhasi?“
    „War so ein Typ, der immer so einen komischen Hut trug. Einen grünen aus Filz, vielleicht Jäger oder so.“
    „Ach der! Natürlich“, sprach Schmidt-Schmitt, der aus beruflichen Gründen auch des öfteren am Oberlandesgericht verkehrte. „Der Bekloppte, der immer in der ersten Reihe saß. Osterhasi, sagtest du …“
    „Ja genau: Osterhasi.“ Ouzo-Schorsch konnte sich offensichtlich kaum noch beherrschen.
    Herr Schweitzer fragte sich, was daran denn so lustig war, daß ein gestandener Richter sich dermaßen wegeimern konnte. Gedanklich tippte er sich an die Stirn. Ich muß aufpassen, daß ich im Alter nicht auch so kindisch werde, sagte er sich.
    Es war schon Mitternacht durch, als Herr Schweitzer doch noch zum Zuge kam. Der Richter, dessentwegen Bertha extra den Ouzo im Weinfaß eingeführt hatte, war gegangen. Nach den widerlichen Karotten und dem faden Wasser bereitete ihm der Abend einen weiteren Tiefschlag. Der Oberkommissar hatte nämlich mit der Aufklärung von Jens Auers Tod nichts zu tun, vielmehr war er mit zwei anderen Todesfällen beschäftigt. „Mord ist gerade sehr im Kommen“, erklärte er Herrn Schweitzer. „Einer im Günthersburgpark und einer in Niederrad. Davon hast du bestimmt gehört. Und so gut wie keine Anhaltspunkte. So etwas hat’s in Frankfurt meines Wissens noch nie gegeben. Ich mag morgen gar nicht zur Arbeit gehen. Nichts als Frust, sag ich dir.“
    In einem Zug leerte Schmidt-Schmitt sein Weinglas. „Bertha! Zahlen.“
    Und: „Wieso trinkst du eigentlich Wasser? Das schmeckt doch überhaupt nicht.“
    Ach nee! „Nur so“, gab sich der Gelegenheitsdetektiv bedeckt.
    In dieser Nacht träumte Herr Schweitzer von herumalbernden Osterhasen mit grünen Hüten, die sehr lieb zueinander waren und sich gegenseitig mit appetitlichen Käsehäppchen fütterten.
    – Rückblende
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