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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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betrat Herr Schweitzer das Weinfaß und orderte ein großes Glas Wasser. Bertha war darob doch sehr perplex, enthielt sich aber eines Kommentars. Weitere Gäste waren nicht anwesend. Die würden erfahrungsgemäß erst später auftauchen, denn es war Hochsommer und das Weinfaß hatte keinen Garten zum Draußensitzen.
    – Rückblende –
    Er ging an der Kneipe vorbei, in der der Verbrecher wie jeden Mittwoch seine Feierabendbiere trank. Durch das große Panoramafenster sah er sein Opfer am Tresen stehen. Er atmete tief durch, es konnte also losgehen. An der Straßenbahnhaltestelle in der Rohrbachstraße setzte er sich auf die Bank für wartende Fahrgäste und überprüfte ein letztes Mal den Inhalt seiner braunen Ledertasche. Akribisch, wie er sich vorbereitet hatte, war natürlich alles an seinem Platz. In seiner Verkleidung als Maler hätte er sich selbst kaum erkannt. Er zog den blauen Hut aus Jeansstoff mit den Farbklecksen ein wenig mehr in die Stirn und setzte sich die Brille mit Fensterglas auf, die er vor mehr als zwei Jahren auf einem Flohmarkt in Offenbach erstanden hatte. Das Messer steckte in der verstärkten Außentasche seines weißen Kittels, auch er mit Farbspritzern übersät. Die vorbeifahrenden Autos hatten bereits die Scheinwerfer eingeschaltet. Bis sich der Verbrecher auf den Nachhauseweg begab, würden noch mindestens zwei Stunden vergehen. Er sah auf seine Armbanduhr. Auch wenn der vorgesehene Tatort im Günthersburgpark sehr abgelegen und schwer einsehbar war, so tummelten sich doch noch zu viele Leute dort herum, um unbemerkt die falschen Spuren zu legen. Ihm war klar, daß die Kripo bei Mord jeden Stein umdrehte. Soll sie doch, sagte er sich, die werden schon sehen, was sie davon haben. Und bevor die auf mich kommen, werden sie eher den Polizeipräsidenten verdächtigen. Das erste Mal seit langer Zeit mußte er lachen.
    Die 12 bog um die Ecke der Friedberger Landstraße. Quietschend und ratternd kam sie zum Stehen. Er half einer alten Dame beim Aussteigen. An der Eissporthalle verließ er die Tram. Er wollte noch ein paar Runden im Ostpark drehen. Daß sein Opfer früher nach Hause gehen würde, war unwahrscheinlich. Als er es vor dreizehn Wochen das letzte Mal beschattet hatte, war es kurz nach Mitternacht und die Zeche ließ auf mindestens sechs große Bier schließen. Zufrieden hatte er es registriert. Damals hatte er sich als alter Greis verkleidet und absichtlich übertrieben mit den Händen gezittert, als er sein Glas Cola zum Mund führte. Da die Kneipe aber immer gut besucht war, würde sich keiner mehr an ihn erinnern. Und wenn doch, dann würde dieser Umstand sowieso nur für noch mehr Verwirrung sorgen.
    Zwei Stunden später waren die drei Kippen der gleichen seltenen Marke, die er gestern abend vom Rasen neben einer Bank am Mainufer aufgeklaubt hatte, hinter einen Baum gelegt. An einer noch nicht ganz ausgetrockneten Stelle, die nie von Sonnenstrahlen erreicht wurde, hatte er einen besonders gut sichtbaren Abdruck seiner Sohlen hinterlassen. Auch die sich schon lange in seinem Besitz befindlichen Schuhe würde er wie den Kittel, den Hut, die Brille und das Messer nur dieses eine Mal verwenden, bevor sie auf Nimmerwiedersehen entsorgt werden sollten. Das heute vormittag am Eisengitter des Günthersburgparks abgeschlossene Rennrad stand noch an seinem Platz. Nur ein Profi hätte das teure Schloß knacken können. Auch das Rad war vom Flohmarkt. Den Rahmen hatte er umlackiert, so daß der Name des Herstellers nicht mehr zu lesen war. Was ihm ein wenig Sorgen bereitete, war das knutschende Liebespaar am Eingang zur Comeniusstraße, durch die er zu flüchten gedachte. Aber noch war Zeit genug.
    Heinz-Günther Sattler zahlte ohne Grummeln. Daß er zwei der drei Runden Skat verloren hatte, machte ihm nichts aus. Die Blätter waren heute einfach schlecht gewesen und es war schon drei oder vier Wochen her, seit er das letzte Mal zwei Schnäpse hatte springen lassen müssen. Er verabschiedete sich von den beiden Stammgästen, mit denen er seit etwa anderthalben Jahren unregelmäßig die Karten drosch.
    Vor der Tür blieb er kurz stehen und betastete die Taschen seiner Jeans. Schlüsselbund und Portemonnaie waren an ihrem Platz und Heinz-Günther Sattler setzte sich in Bewegung. Um zum Eingang des Günthersburgparks an der Hartmann-Ibach-Straße zu gelangen, überquerte er den Asphalt in der Kurve. So hatte er drei Zebrastreifen gespart, außerdem war es so einige Meter kürzer. Schon nach
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