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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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verachtete er von ganzem Herzen. Den grünen Tee süßte er mit Honig von einem Imker aus Alsfeld, den er auf dem Wochenmarkt an der Konstablerwache erstanden hatte. Die Wanduhr mit den römischen Ziffern zeigte 6 Uhr 25 an. Er war zeitig dran heute. Eine halbe Stunde früher als sonst. Unwillkürlich mußte er schmunzeln. Daß er seine acht Stunden Schlaf nicht ganz geschafft hatte, machte ihn auch irgendwie menschlich, fand er und schlug die Zeitung von gestern auf. Beim Kinoprogramm für diese Woche blieb er hängen. Zwei Filme markierte er mit einem Kuli; der Rest war amerikanischer Trash. Damit konnte sich verblöden, wer wollte, er selbst hatte höhere Ansprüche. Und Kino wäre eine gute Gelegenheit zum Entspannen, ein bißchen nervös war er nämlich schon. Es war ihm egal, wenn er in einem Jahr im Gefängnis saß. Vorher mußte alles zum Abschluß gebracht werden. Alles, denn das Wichtigste hatte er sich aufgehoben. Das war der Anreiz, vorher durfte ihm kein Fehler unterlaufen. Denn ohne das Letzte wäre es wie ein Sechser im Lotto, bei dem man vergessen hatte, den Schein abzugeben. Abermals mußte er schmunzeln. Ein guter Vergleich, der mit dem Lotto.
    Er legte den Löffel beiseite, ging zur Kommode im Flur und holte sich das Messer. Fünfzehn Zentimeter maß die Stahlklinge. Unzählige Male hatte er sie in den letzten Tagen geschärft. Behutsam legte er sie auf den Tisch und aß weiter.
    Nachdem er das Geschirr abgespült hatte, zog er sich an. Da er noch Zeit hatte, bis der Blumenladen am Friedhof seine Pforten öffnete, dehnte er seinen Spaziergang bis zum Sportplatz der Spielvereinigung 05 aus.
    – Ende der Rückblende –
    Endlich kam Herr Schweitzer zu seinem Kaffee. Maria wollte noch eine Runde schlafen, Neapel hatte sie ihrer Kräfte beraubt. Schnell fand er den Artikel über den Taximord am Kuhhirtenturm. Er überflog ihn nach Neuigkeiten. Es gab keine. Lediglich das Phantombild war erneut abgedruckt. Aber das hatte es in sich. Es wirkte sehr real, fast wie ein Paßfoto. Der Typ, circa 35 bis 45 Jahre alt, mit den vielen Pickeln im Gesicht, sah aus wie ein Bilderbuchjunkie. Das paßte, fand Herr Schweitzer, denn fast alle Taximorde wurden von Gelegenheitstätern verübt. Looser, die dringend Kohle für den nächsten Schuß oder sonstwas brauchten. So gut wie nie kamen die Täter aus dem näheren Umfeld des Ermordeten. Was die Aufklärung naturgemäß immens erschwerte. Doch bei der Ermordung von Jens Auer hatte offensichtlich Kommissar Zufall seine Hände mit im Spiel gehabt. Der Zeuge war nämlich ein Kunststudent, der sich mit dem Porträtieren von Menschen sein Studium finanzierte. Und er mußte gut sein, wie das Phantombild bezeugte. Herr Schweitzer sah nun genauer hin und entdeckte ein kleines keltisches Kreuz als Ohrring. Es hing an einem etwa drei Zentimeter langen feingliedrigen Kettchen.
    Er legte die Zeitung beiseite und führte die Kaffeetasse zum Mund. Die Kripo wird wohl gerade dabei sein, sämtlichen Fixerstuben Frankfurts einen Besuch abzustatten, überlegte er. Und natürlich die Verbrecherdateien durchforsten. Kaum ein Junkie, der noch nie straffällig geworden ist. Gäbe es ein Wettbüro dafür, Herr Schweitzer würde umgehend einen hohen Betrag darauf setzen, daß die Kripo den Mörder bereits verhaftet oder zumindest seinen Namen ausfindig gemacht hatte. Jens’ Schwester Elly wird wohl getrost auf meine Dienste verzichten können, freute er sich.
    Wenn doch bloß die blöden Wolken nicht wären. Leider hatte der Wetterbericht nicht gelogen. Das Thermometer zeigte unter zwanzig Grad an. So nahm er sein Buch, Stieg Larssons
Verblendung
, und begab sich zum Sofa. Kaum hatte er sich die Decke bis zur Brust hochgezogen, kam auch schon die kleine schwarze Katze mit den weißen Pfötchen und machte es sich auf seinem Bauch gemütlich. Herr Schweitzer ließ es geschehen und kraulte Pepsi am Hals.
    – Rückblende –
    Drei Gräber weiter wurde gearbeitet. Es war abgelaufen und zwei Männer in grünen Arbeitsanzügen machten sich daran, den verwitterten Stein auf eine Sackkarre zu wuchten. Keine einfache Angelegenheit, wie er aus den Augenwinkeln beobachtete.
    Den kleineren Strauß, größtenteils aus Gänseblümchen bestehend, die er selbst gepflückt hatte und ihre Lieblingsblumen waren, steckte er in die linke, mit Moos bewachsene Keramikvase. Seine Augen füllten sich mit Tränen, als er daran dachte, wie seine Tochter, gerade einmal drei Jahre alt, nach Hause gekommen war und sie
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