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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm
Autoren: Frank Demant
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Sonne in die Sonne fliegen, war eventuell doch nicht die Antwort, die sie hatte hören wollen. Außerdem hatte er Flugangst.
    „Natürlich ist mir zu heiß. Komm, wir machen Sex.“
    Was? Jetzt? „Och …“ Dabei hatte man doch erst vor sechs Tagen miteinander … Herr Schweitzer sah seine Felle davonschwimmen respektive seinen Joint ungeraucht im Aschenbecher verglimmen. Wie komme ich aus dieser Nummer bloß wieder heraus, überlegte er fieberhaft.
    „Na, was ist? Fühlt sich der Herr wieder einmal zu schlapp?“ Herausfordernd sah sie ihn an.
    Wieder einmal! Welch unangebrachten Worte. Natürlich hätte er Maria stante pede (pede heißt nicht Penis, wie so mancher jetzt geneigt ist zu glauben, sondern weiterhin Fuß) das Gegenteil beweisen können, aber … Plötzlich hatte er den Geistesblitz, den er brauchte. Herr Schweitzer erhob sich und ging mit ausgestreckten Armen auf sie zu: „Du, hör mal, ich würde ja auch gerne. Aber Jens ist gerade beerdigt worden. Wäre es da nicht ein bißchen pietätlos, wenn wir gleich danach …?“
    Maria von der Heide wirkte sichtlich erschrocken. „Ups. Das hatte ich in all der Aufregung ganz vergessen. Wie konnte ich nur? Tut mir leid. Du bist sicherlich noch ganz durcheinander.“
    Na also, geht doch. Zwar schämte sich Herr Schweitzer nun ein wenig, denn Jens’ Tod war ihm nicht wirklich nahe gegangen, aber der Zweck heiligte schon immer die Mittel. Erneut entflammte er ein Streichholz. „Magst du auch mal?“
    „Gerne. Heute kann ich echt einen gebrauchen. Du glaubst gar nicht, wie chaotisch es in Neapel zugeht.“
    „Doch, glaube ich. Hier.“ Herr Schweitzer reichte den Joint weiter und gab ihr einen Kuß.
    Das Weinfaß, Insel der Glückseligkeit in Sachsenhausen.
    Über Herrn Schweitzers positive Eigenschaften konnte man sich streiten, wie man wollte, aber was Pünktlichkeit betraf, so versuchte er stets sein Bestes. Aber vielleicht spielte auch die Angst eine Rolle, keines von Berthas Schnitzeln mehr abzukriegen, die ihn als ersten das Weinfaß am Ziegelhüttenplatz betreten ließ. Es hatte dreizehn Uhr geheißen, und exakt dreizehn Uhr war es, als er mit Maria im Schlepptau die paar Stufen erklomm. Der Rolladen war bereits hochgezogen und die Tür stand offen. Der Duft von Bratkartoffeln lag in der Luft. Sie würden mit Speck und glasiggebratenen Zwiebeln angemacht sein, wußte Herr Schweitzer aus Erfahrung. Er stürzte nicht sofort in die Küche, ein Triumph der Selbstbeherrschung, sondern nahm an einem als Tisch dienenden umgedrehten Weinfaß Platz. Besteck und Servietten samt Pfeffer- und Salzstreuer waren darauf arrangiert. Die Theke zierte ein mächtiger Blumenstrauß. Ein mit einem Trauerflor geschmücktes Foto zeigte einen gutaufgelegten Jens Auer bei einer der vielen spontanen Partys hier im Weinfaß.
    Nach und nach trudelten sie ein. Erst René, der Ex-Rocker, dann Buddha Semmler zusammen mit Weizenwetter und Karin, wobei man bei den beiden Letztgenannten nie wußte, ob sie gerade mal wieder ein Paar waren oder nicht. Karin mit den bums-mich-blonden Haaren hatte sich obendrein mit Kosmetik zugedonnert. Aber auch sonst stimmte bei ihr was nicht im Oberstübchen. Ein Rentner namens Ouzo-Schorsch, der hier irgendwo ums Eck im Altersheim wohnte und seit dem Frühjahr regelmäßig vorbeischneite, folgte kurz darauf. Ouzo-Schorsch war einer von der stillen Sorte. Selten redete er von sich aus.
    Derweil man noch auf Ferdi und die Schwester von Jens wartete, verlustierte man sich mit alkoholischen Getränken, vorzugsweise Wein. Gelegentlich kam Bertha aus der Küche und schenkte nach.
    Um halb zwei meinte Bertha: „Wenn die in fünf Minutte noch net da sin, fange mer ohne se an. Pech gehabt.“
    „Kann ich dir irgendwie helfen?“ fragte Maria.
    „Klar doch. Kannst schon ma de Gorkesalat rausbringe.“
    Justament als die ersten Schnitzel serviert wurden, erschien Ferdi mit der Schwester. Der sie begleitende Herr mit dem weißen Polohemd wurde ihnen als Tobias Studer, Jens’ Chef vom Taxibetrieb Studer & Studer vorgestellt.
    „Elly McGuire. Ihr könnt mich Elly nennen“, sagte Jens’ Schwester in einem selbstbewußten Tonfall. „Alles, was heute gegessen und getrunken wird, geht selbstverständlich auf mich. Meinem Bruder hätte es gefallen. Guten Appetit und Prost. Auf Jens.“
    Das gefiel Herrn Schweitzer. Er hob wie alle anderen sein Glas, randvoll gefüllt mit einem Rioja, und stimmte ins Prost mit ein. Das Schnitzel vor ihm war riesengroß und
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