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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
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eigenen Diener, wenn sie denn fehlten, seit jeher besonders
unbarmherzig zu richten.
    Johann, jener Halunke, der am
Brunnen Wache halten sollte, entging dem Schicksal der drei anderen, da Roberts
unabsichtlich überhart ausgefallener Schlag den Gauner nicht nur einen Großteil
seines ohnehin begrenzten Verstandes kostete, sondern überdies auch sämtliche
Bösartigkeit aus seinem Wesen trieb. So wurde aus Johann, dem Unbeherrschten,
wie er weit und breit nur genannt wurde, schlagartig Johann, der Einfältige.
Seit jenen Tagen gab es in der ganzen Stadt niemanden mehr, der unter seinem
bisher so bösartigen Wesen leiden musste. Das restliche Leben verbrachte er in
Hildesheim, und nachdem die anfangs noch misstrauischen Bürger der Stadt sich
vom Wandel seines Gemütes überzeugt hatten, nahmen sie ihn gern auf in ihrer
Mitte, denn seine stets gut gelaunte, freundliche Art erfreute selbst den
trübseligsten Geist. Ob seine Wandlung für ihn das Beste war, mag dahingestellt
sein, für seine Mitbürger jedenfalls war sie eindeutig ein Segen.
    Über das Schicksal von Georgs
viertem Handlanger Bertram, der im letzten Moment den lodernden Feuerspan aus
dem Schwarzpulverkessel hatte ziehen wollen und damit vermutlich Albert das
Leben rettete, da sein bedauernswerter Körper der Feuersbrunst die ärgste Wucht
nahm, sei der Mantel des Schweigens gehüllt, nur so viel: Er ging ohne Schmerz,
da ihn der Tod umgehend ereilte.
    Nun jedenfalls, am
achtundzwanzigsten Juli des Jahres 1234, einem sonnigen Freitag im Übrigen,
standen Robert, Osman und Albert ein letztes Mal beieinander. Drei Freunde,
deren Schicksale noch wenige Tage zuvor eng miteinander verknüpft und die nur
um Haaresbreite dem Tod entronnen waren. Ein jeder von ihnen verdankte sein
Leben den Taten der anderen.
    Der Medicus hatte bei allen dreien
gute Arbeit geleistet, sodass nur einige kleinere Narben zurückblieben, die sie
zeitlebens an ihre Abenteuer in Hildesheim erinnern sollten. Alle anderen,
mitunter üblen Wunden waren inzwischen verheilt und nahezu vergessen.
    »Und Ihr wollt wirklich
weiterziehen, ohne dass ein Heim, Mensch oder Auftrag auf Euch wartet im fernen
Cölln?«, fragte Albert zum wiederholten Mal.
    »Nun, ganz so ist es freilich
nicht, lieber Albert«, erwiderte Robert, »zumindest habe ich noch Hoffnung, die
geliebte Augusta wiederzufinden, auch wenn sie inzwischen sicher Mutter
zahlreicher Kinder ist und sich an mich vermutlich gar nicht mehr erinnern
kann. Außerdem gelobte ich, dem Vater der unglücklichen Luise über ihr
tragisches Schicksal zu berichten.«
    »Und Ihr, was treibt Euch aus
dieser gastlichen Stadt?«, sprach Albert nun Osman an. »Ein kluger Kopf, noch
dazu des Schreibens und fremder Sprachen mächtig, wird überall gebraucht, auch
und im Besonderen hier in Hildesheim.«
    »Ich will nicht verhehlen, dass
mir bereits der Gedanke kam, hier fürs Erste zu bleiben, doch sagt selbst,
lieber Herr Mönch, brächtet Ihr denn die Kälte auf, diesen linkischen Tropf zu
meiner Rechten hilflos seinem Schicksal zu überlassen? Er käme kaum unbeschadet
über die Stadtgrenzen hinaus. Ich zumindest bringe es nicht übers Herz. So also
muss ich wohl oder übel mit ihm ziehen!«
    »Deine Selbstlosigkeit und
Fürsorge wärmen mir das Herz!«, lautete kurz und knapp Roberts lakonischer
Kommentar.
    Albert schüttelte sanft den Kopf,
faltete die Hände und richtete schließlich seinen Blick zum Himmel. »Dann hat
es der Herr halt so vorherbestimmt! Robert, Osman, lasst mich Euch ein letztes
Mal umarmen und alles Gute auf Euren weiteren Wegen wünschen, Gottes Segen
bewahre Euch vor allem Bösen!«
    Zum Schluss noch ein herzlicher
Händedruck, dann bestiegen die beiden Freunde ihre Gäule und trabten gemächlich
vom Kloster in Richtung Brühltor. Und nicht wenige standen am Straßenrand und
winkten ihnen freundlich zu, denn die Abenteuer der Fremden und das Unrecht,
das ihnen hier in Hildesheim widerfahren war, war überall in der Stadt und
darüber hinaus bekannt geworden.
    Ein letztes Mal ging es vorbei an
der Stinekenpforte, die, nun gerade mal einen Schritt breit, bis auf jenen
penetranten Gestank all ihren Schrecken verloren hatte. Unglaublich, dachte sich
Osman bei ihrem Anblick, dass sie beide beinahe in dem jetzt so harmlos
dahinplätschernden Rinnsal ertrunken wären.
    Hinter dem Brühltor bogen sie nach
links auf den Hellweg ein, der auf Höhe der heiligen Kreuzkirche ihren Pfad
kreuzte. Weiter führte sie ihr Weg durch das Peterstor in
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