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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
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bedeutend zuversichtlicher als noch kurz zuvor auf
dem Hellweg in Richtung Stadt auf das Heilige Kreuztor zu.

     
    *

     
    Johann schlummerte
süß, und wie auch schon in so vielen Nächten zuvor war es wieder die
windschiefe Hütte der Roten Marie, in die er in seinem Traum einkehrte. Wenn
sein Geldbeutelchen prall gefüllt war, was selten genug vorkam, suchte er sie
auch schon einmal leibhaftig auf, doch Teufel noch eins, manchmal, wenn er
nachts aus dem Schlaf aufschreckte und die Erinnerung ans Geträumte noch frisch
war, da fragte er sich das eine oder andere Mal, ob ihm die wahrhaftige Marie
tatsächlich lieber war als jene, die ihn nachts in seinen Träumen so inniglich
liebte.
    Gerade umschlang sie seine Lenden
mit einer Inbrunst, wie nur sie es vermochte, als ein lauten Platschen ihn fast
aus seinem Schlummer riss, doch sofort verlegte Johann den Ort des sündigen
Geschehens von Maries Lager ins örtliche Badehaus, und schon passte das fremde
Geräusch wieder in seinen Traum, und so schlief er weiter und träumte von roten
Haaren, festen Brüsten und einem breiten Hintern.

     
    *

     
    Robert blieb das Herz
stehen.
    Oben grummelte Johann vor sich hin
– unmöglich, dass er weiterschlief nach diesem Lärm, und doch, nach einigen
bangen Momenten setzte wieder sein lautes Geschnarche ein, stockend zunächst,
dann jedoch im alten Rhythmus.
    »Lass mich diesmal den Knoten
binden, schließlich bin ich im Hause eines Seefahrers aufgewachsen«, flüsterte
Osman, nahm die beiden Kutten an sich und verknüpfte sie sorgsam miteinander.
    »So, jetzt ist’s solide genug für
eine Herde Kamele und wird sogar dein Gewicht halten«, sagte er. Erst jetzt
fiel ihm auf, wie schwer die Erschöpfung seinen Freund inzwischen gezeichnet
hatte.
    »Oder soll ich’s lieber
versuchen?«
    »Und wie willst du mich
hochziehen, du Hänfling? Nein, diese Aufgabe erfordert einen ganzen Mann, so
gern ich dir auch den Vortritt ließe!«, sprach’s und warf ein zweites Mal die
zusammengebundenen Kutten über das Rundholz. Mit einem lauten Klatschen schlang
sich das vollgesogene Leinen um den gehobelten Stamm. Wieder meinte Robert, der
Lärm müsse Johann aus dem Schlaf gerissen haben, und ein weiteres Mal wurde er
nach einigen Momenten der bangen Sorge von dessen monotonem Geschnarche
beruhigt.
    Robert versuchte seine wenigen ihm
noch verbliebenen Kräfte zu sammeln. Diesmal würde der Knoten halten, nur noch
ein einziges Mal müsse er den Schmerzen trotzen, sprach er sich selbst Mut zu
und zog sodann so lange an den herunterbaumelnden Enden des Kuttengeflechts,
bis sie auf gleicher Länge herabhingen.
    »Auf ein Neues!«, flüsterte er
Osman zu.
    »Auf ein Neues, mein Freund!«,
erwiderte dieser.
    Knapp über Roberts Kopf baumelten
die Enden, immer noch unentwegt tropfend. Ein letztes Mal tief Atem geholt,
dann zog er sich nach oben, nur ein kleines Stück weit, aber immerhin, der
Anfang war getan. Schwer atmend schaute er hinauf zum Rundholz. Es lag noch
gute fünf Fuß über seinem Kopf und schon jetzt meinte er, sich keinen Zoll
weiter nach oben ziehen zu können. Und doch musste das Unmögliche geschehen,
also rief er sich ins Gedächtnis, dass nicht nur sein Leben, sondern ebenso das
von Osman und, sollte es ihn nicht entzweigerissen haben, auch das von Albert
vom Gelingen seines Planes abhing. Er biss die Zähne zusammen und ignorierte
den Schmerz, den ihm die lädierte Rippe bereitete, achtete nicht auf seine
Arme, die vor Anstrengung zitterten, und schob unablässig eine Hand über die
andere. So näherte er sich zwar nur langsam, aber dennoch stetig dem
Brunnenrand.
    Nur noch wenige Zoll fehlten ihm
bis zum Stamm, als plötzlich ein Ruck durchs Leinen ging. Löste sich etwa
abermals der Knoten?
    Robert schaute mit bangem Blick
nach oben, doch der Knoten ruhte still und fest auf dem Holz.
    Wieder ein Ruck, begleitet von
einem Geräusch, das eindeutiger nicht sein konnte.
    »Verdammt, der Stoff reißt!«,
hörte er von unten Osman rufen.
    Nun aber rasch, jetzt oder nie,
dachte sich Robert, nahm seine ganze Kraft zusammen, zog sich in Windeseile
noch zwei Mal nach oben und erreichte schließlich mit seinen Fingerspitzen das
Rundholz. Verteufelt glatt war es, sodass Roberts Hände abzurutschen drohten,
doch schließlich umklammerte er den Stamm inbrünstiger als ein Freier seine
Braut, dann zog er rasch seine Beine nach und schlang sie ebenfalls um das
Holz.
    Geschafft, Halleluja!
    Von hier aus über den Rand nach
draußen zu
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