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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers
Autoren: Peter Hereld
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Gott von ganzem Herzen und
wollte ihm unbedingt in aller Demut dienlich sein, doch jene anderen Gedanken,
die mein Hirn marterten und meine fromme Seele allgegenwärtig auf die Probe
stellten, ließen mich einfach nicht zur Ruhe kommen.
    Ich begann mich nachts zu geißeln
und am Tage augenblicklich in Gebeten Abbitte zu leisten, sobald unkeusche
Gedanken mich quälten. Dadurch jedoch wurde mein Verhalten auch nach außen hin
sichtbar immer eigentümlicher, sodass meine Mitbrüder schließlich zu dem
Schluss kamen, dass ich für den Ordensdienst nicht geschaffen sei. Nur Bruder
Jonas setzte sich noch für mich ein. Er bemühte sich, mir eine Gnadenfrist
einzuräumen, doch schließlich konnte auch er mir meine Not nicht abnehmen;
einzig in seinen Gebeten um die Erlösung meiner Seele zu bitten, fühlte er sich
imstande.
    Der arme alte Jonas, so sehr
wünschte er sich, mir zu helfen; er, der wie ein Vater für mich war und sich
auch als ein solcher fühlte, und so hilflos musste er sich der Natur seines
Ziehsohnes geschlagen geben.
    Ich zweifelte und mein Glaube
wurde das erste Mal auf eine Probe gestellt. Ich rede bewusst vom ersten Mal, so sollten weitere Ereignisse folgen, die mich an der Güte oder auch nur
an der Allgegenwart des Allmächtigen zweifeln ließen, doch dazu später. Wie
nur, so fragte ich mich, konnte ich derart in Versuchung geführt werden, wo ich
mich doch Ihm mit Haut und Haar verschrieben hatte, wie nur konnte Er dies zulassen? Hatte ich durch meine Geißelungen und den Gebeten nicht schon
genug Abbitte geleistet? Doch mehr noch als meine eigenen Qualen verbitterte
mich das Leid, welches mein fehlgeleiteter Geist dem armen Jonas zufügte.
    Und auch die übrigen Brüder, die
mich schlicht vor die Tür setzen wollten, zogen meinen Gram auf sich, denn nie
zuvor fühlte ich mich derart im Stich gelassen.
    In jenen Tagen nun, in denen ich
mit so ziemlich allem haderte, was mir früher lieb und teuer gewesen war, kam
mir durch puren Zufall etwas zu Ohren, was wie die Lösung all meiner Probleme
erschien.
    Ein Bauer, mit dem unser Kloster
Tauschhandel betrieb, unterhielt sich angeregt mit Bruder Gregor, dem
Cellarius. Ob ihm denn schon von den toll gewordenen Kindern zu Ohren gekommen
sei, die sich aufmachen wollten, jenes Wunder zu vollbringen, das abertausend
gut gerüsteten, kampferprobten Rittern verwehrt geblieben sei. Offensichtlich
wusste unser Kellermeister nichts davon, verwirrt schüttelte er sein
schlohweißes Haupt.
    »Jerusalem wollen’s befreien von
den Heiden, diese Narren! Gegen die Sarazenen kämpfen im Namen des Herrn,
vermutlich mit Stöckchen und Kieselsteinen, die sie des Wegesrands finden. Nun
seid ehrlich, verehrter Bruder Gregor, ich kenne Euch als einen vernünftigen,
gottfürchtigen Mann, so sagt mir also, wem sei’s gedient, wenn Jerusalem
befreit wird vom Orientalen? Schließlich ist es auch sein Land. Nur Kummer hat
uns allen dieser nie enden wollende Kampf beschert.«
    »Als Diener des Herrn«, erwiderte
Gregor wohlbedacht, »vermag ich Euren Einwand nicht gutzuheißen. Als Mensch
jedoch habe auch ich meine Zweifel, ob eine Hand voll Kinder Gottes Willen
zuwege bringen kann, mehr noch, ich trauere um die vielen Mütter und Väter, die
vor Sorge um ihre Kinder viel Leid erfahren werden.«
    »Wie recht Ihr doch habt. Auch
meinen Jungen, gerade mal zehn Jahre alt, werde ich einsperren müssen, wenn
morgen dieser närrische Nikolaus bei den Gebeinen der Heiligen Drei Könige
spricht. Er hat ihm schon einmal zugehört, lass es einige Wochen her sein,
seitdem redet mein Bengel nichts andres mehr. Man sagt, dieser Nikolaus von
Cölln, wie man ihn nennt, habe noch die Stimme und die Haut eines Kindes, aber
seine Rede sei berauschender und verführerischer als die eines jeden anderen
Mannes reifen Alters. Und was die Hand voll Kinder betrifft, welche du
vom Geist des Nikolaus aufgestachelt vermutest, so lass dir gesagt sein, dass
bereits einige Tausend darauf warten, endlich loszuziehen.«
    »Ach du Schreck!«, fuhr der
altehrwürdige Gregor entsetzt auf, »mag das wirklich möglich sein? Halten denn
die Eltern ihre Kinder nicht zurück?«
    »Einige unter ihnen sind sogar
durchaus stolz auf ihre Brut, die losziehen will, Gottes Kampf auszufechten.«
    Daraufhin wusste Bruder Gregor
nichts zu erwidern, bar jedweden Verständnisses schüttelte er sein Haupt.
    Ich für meinen Teil hatte genug
erfahren.
    Gott gab mir ein Zeichen, wie ich
ihm meine Demut zeigen konnte, und ich wollte
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