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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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von ihr und allen Restbeständen seiner großen Passion befreien wird.
    I NZEST UND I MPOTENZ
    Am 2. Mai 1536 wird Queen Anne in Greenwich Palace verhaftet und auf den Tower geführt. Man wirft ihr Ehebruch mit fünf Männern – unter anderem dem eigenen Bruder – vor. Außerdem soll sie die Ermordung des Königs geplant haben. Alle Angeklagten bestreiten die windigen Vorwürfe – bis auf Mark Smeaton. Der bildhübsche Lautenspieler aus einfachen Verhältnissen gesteht den Sex mit der Königin.
    Kein Wunder, denn als Einziger wird er der Folter unterzogen, während seine hochadeligen Mitangeklagten nicht mit Streckbank oder Daumenschrauben malträtiert werden dürfen.
    Der folgende Prozess ist eine Farce, die Annes Bruder George Boleyn dadurch würzt, dass er einen der Anklagepunkte gegen seine Schwester laut verliest – was ihm ausdrücklich untersagt worden ist. Im Angesicht seines sicheren Todes pfeift der Viscount of Rochford auf das Verbot. Der Dreiunddreißigjährige teilt der interessierten, zahlreichen Zuhörerschaft aus Adel, Londoner Bürgertum und einfachem Volk mit, dass seine Schwester die mangelhafte Manneskraft Heinrichs mehrfach erwähnt haben soll. »Der König ist nicht fähig, eine Frau zufriedenzustellen«, zitiert er öffentlich. So kränkt man Löwen.
    Was im Prozess nur ein ohnmächtiger Seitenhieb gegen einen mörderischen Monarchen war, beschäftigt heute die Medizinhistoriker.
    Heinrichs zeitweise Impotenz, seine zunehmende Verfettung, offene Geschwüre an beiden Beinen, jähe Stimmungswechsel und gelegentliche Paranoia deuten auf eine schwere Erkrankung hin. Diskutiert werden ein ererbter oder erworbener schwerer Diabetestyp – der bei hohem Blutzuckerspiegel auch zu mentalen Aussetzern führen kann – sowie die Syphilis, die neben unheilbaren Geschwüren Wahnattacken nach sich zieht. Beide Krankheiten beeinträchtigen die männliche Zeugungsfähigkeit. Wobei die Syphilis häufig zu Fehlbildungen von Föten und Totgeburten führt.
    Kein Trost für Anne. An allem Unbill des Königs wird schließlich ihr – der Großhure – die Schuld gegeben. Auch das Hexengerücht lebt als Gossengeschwätz wieder auf, wird aber von offizieller Seite nicht bestätigt. Man will vermeiden, dass die englische Kirchenreformation als Werk zauberischer Mächte in Misskredit gerät. Zügig möchte man weiter die achthundert Klöster und Abteien Englands enteignen, um Heinrichs leere Staatskassen zu füllen und seine treuen Anhänger – etwa Prozesszeugen – mit großzügigen Schenkungen zu belohnen.
    Annes Hinrichtung wird auf den 19. Mai 1536 festgelegt. Bis zuletzt weiß sie nicht, ob Heinrich sie als Hochverräterin verbrennen oder mit dem Beil köpfen lassen wird.
    E RST EINE H INRICHTUNG, DANN EINE H OCHZEIT
    Heinrichs biegsames Gewissen nimmt diesen offensichtlichen Mord per Gesetz als gerechte Strafe für Anne hin. Der Monarch glaubt inzwischen felsenfest an ihre Untreue und bemitleidet sich aufrichtig dafür, dass er einige seiner besten Freunde aufs Schafott schicken muss, weil Black Nan sie verführt hat.
    Immerhin – vielleicht ist es eine letzte Anwandlung sentimentaler Erinnerung – bestellt er einen französischen Henker für ihre Hinrichtung. Ein Meister seines Fachs, der sein Schwert lautlos unter dem Stroh des Schafotts hervorzieht und Anne so geschwind richtet, dass sich ihre Lippen angeblich immer noch im Gebet bewegen, während ihr Kopf herabfällt. Vergessen worden ist allerdings ein Sarg, weshalb Kopf und Rumpf in einer Pfeilkiste in der Towerkapelle bestattet werden müssen.
    Die Legende sagt, dass Heinrich Tennis spielt, während Anne den Kopf verliert. Fest steht, dass der Fünfundvierzigjährige sich einen Tag nach ihrem Tod mit Jane Seymour verlobt und sich in den folgenden Wochen maßloser Prasserei hingibt und bis zu acht Liter Bier und Wein pro Tag trinkt. Vielleicht hatte sein Gewissen Durst.
    Jane Seymour schenkt ihm 1537 den ersehnten Sohn, stirbt aber am Kindbettfieber. Noch dreimal heiratet Heinrich: 1540 die deutsche Anna von Kleve, die er jedoch so hässlich findet – »eine flandrische Mähre« –, dass er die Ehe nicht vollzieht und sofort annullieren lässt. Im Kreis ihrer Hofdamen entdeckt er einen hübschen, blutjungen Ersatz: die sechzehnjährige Catherine Howard – eine Cousine Anne Boleyns. Heinrich erlebt seinen zweiten Frühling, der jedoch jäh endet. 1542 schickt er Catherine nach eineinhalbjähriger Ehe aufs Schafott. Im Gegensatz zu Anne hat die
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