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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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höhlenreichen Felsschichten gleiten bis hinauf zu den einsamen, im schwachen Wind sich wiegenden sieben Palmen.
    Ich bin da, dachte er. Ich stehe auf meiner Insel!
    Und was keiner weiß und niemals wissen wird: Ich habe Angst.
    Welch ein verdammt würgendes Gefühl, plötzlich ganz allein zu sein.
    Phil schrak zusammen, als hinter ihm etwas ins Wasser klatschte. Die Matrosen luden seine Sachen aus. Er drehte sich um, lief zur Barkasse zurück und half den Männern, bis alles Gepäck an Land getragen war.
    Es war eine ganze Menge, was sie da im gelbgrauen Bimssand aufgestapelt hatten: ein Haufen Zivilisation. Am wichtigsten waren das stabile, aufblasbare Gummiboot in Katamaranbauweise, der Außenbordmotor, die Benzinkanister, die Spezialkarten des Galapagosarchipels, das kleine Funkgerät, mit dem man den Flughafen Baltra, die Marinestation von Santa Cruz und die dort 1959 gegründete und seitdem immer weiter ausgebaute Forschungsstation ›Charles Darwin‹ erreichen konnte – wenn man wollte. Vollkommen abgeschlossen von der Welt, vergessen und lebendig begraben war er also nicht. Aber wer die Bewohner der Galapagosinseln kennt, weiß, daß sich um Phil Hassler niemand kümmern würde, wenn er nicht ausdrücklich um Hilfe riefe. Ein Mann, der freiwillig für immer auf den ›Sieben Palmen‹ leben will, nördlich der wilden Towerinsel, an der Millionen Jahre vorbeigegangen sind, ohne daß, von wenigen Forschern abgesehen, ein Mensch ihren Boden betreten hat – ein solcher Mann verdient es doch kaum, daß man sich viel Gedanken um ihn macht.
    Verrückte, wenn sie sich schon selbst ihre Isolierzelle ausgesucht haben, soll man in Ruhe lassen.
    Phil Hassler blieb unten am Strand im knöcheltiefen Bimssand stehen und winkte der Barkasse nach, bis es ihr gelungen war, die dreifache Lavabarriere wieder zu durchbrechen und sich mit schneller Fahrt – es sah fast wie eine Flucht aus – dem Kanonenboot zu nähern.
    Nachdem die Barkasse an Deck gehievt war und das Schiff zum Ablaufen in den Ozean abdrehte, ließ Don Fernando zum Abschied die Sirene dreimal kurz aufheulen. Philipp Hassler stand breitbeinig auf einem Turm aus Metallkisten, die er übereinandergestapelt hatte, und winkte mit einem Handtuch zurück.
    Lebt wohl, ihr letzten Menschen!
    Er blieb auf seinem Kistenstapel stehen, bis die Aufbauten des Küstenwachbootes von Himmel und Meer verschlungen wurden. Und er blieb auch noch stehen, als nichts mehr zu sehen war als Ozean und glutroter Abendhimmel und die Flut, die jetzt mit gewaltigen Gischtwolken über die drei Lavabarrieren donnerte: Urkraft gegen erstarrte Schöpfungsstunden. Wie Riesenzinnen ragten die Lavagürtelrücken aus dem Meer, in der untergehenden Sonne rot leuchtend, als flösse das Gestein noch immer feurig in den Ozean.
    Jetzt ist es vollkommen, dachte er. Das Alleinsein. So, wie die Sonne untergeht und morgen in neuer strahlender Helle wieder erscheint, geht jetzt der alte Phil Hassler mit seinem übersättigten Leben unter – und morgen früh wird ein anderer Mensch über dieses Meer blicken. Unbeschwert wie ein Kind wird er über den Strand laufen, mit den Füßen den staubfeinen Sand aufwirbeln, wird sich hineinstürzen in das warme Meer, sich nackt den Wellen entgegenwerfen und inmitten buntschillernder Fischschwärme schwimmen – nichts als Teil einer unberührten, jungfräulichen Welt.
    Allein! – Warum noch die Angst im Hintergrund des Herzens, Phil?! Allein sein in dieser grandiosen Natur – du erlebst das letzte große Abenteuer, das einem Menschen heute noch beschieden ist. Die da draußen, in der anderen Welt, mögen es für den Gipfel des Snobismus halten: Ein Millionär leistet sich ein Robinsondasein. Das einfache Leben als Verjüngungsbad des alternden Playboy! Erfüllter Jugendtraum: Man darf ein Wilder sein! Darf sich am offenen Feuer selbstgefangenen Fisch am Stecken braten! Die Freiheit des Individuums! Und wenn man's satt hat, wenn man wieder unentwegt an Blondies sinnliche Lippen, ihren Busen und ihre langen Beine denkt, und vor allem an das, was man damit alles anstellen kann … dann setzt man sich eben ans Funkgerät und ruft zu Don Fernando: »Kommt mich abholen! Das Paradies ist schön! Aber auch Gott wußte, daß es erst vollkommen ist mit einer Frau! Warum sonst schuf er Eva?«
    Langsam kletterte Phil Hassler von seinen Metallkisten herunter und lehnte sich gegen den Stapel. In den Hosentaschen suchte er nach Zigaretten, fand aber nur eine breiige Masse – er
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