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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gekämpft, um diese Minute, jetzt und hier, erleben zu können: der Übertritt aus einer Welt, die die Menschen zerstört haben, in eine andere Welt, die noch so ist, wie Gott sie gewollt hat.«
    »Gehören Sie einer Sekte an, die die Menschen verbessern will?«
    »Im Gegenteil!« Der Mann lachte herzlich. »Ich war genau das, was man unter einem Genußmenschen versteht. Ich habe nichts ausgelassen: keinen Gesang, keinen Wein, kein Weib! Wo etwas los war: Philipp Hassler – meine vielen Freunde haben mich Phil genannt – war immer dabei. Wissen Sie, was der Jet-set ist? Ja? Ich war immer dort, wo was los ist. St. Moritz oder Bahamas, Monte Carlo oder Marbella, St. Tropez oder Miami, Acapulco oder Copacabana. Wo ein neues rassiges Weib auftauchte, war Phil im Einsatz und trug den Erfolg in seine Abschußliste ein. Und was sich so Zivilisation nennt – ich habe alles besessen. Mit Statussymbolen konnte ich jonglieren. Ob Sportwagen der Motoryacht, Privat-Jet oder Chalet in den Schweizer Alpen … lächerlich, darüber zu reden! Ich konnte mir's eben leisten. Die ›Seidenwerke JOHAS‹ in Krefeld, genannt nach meinem Urgroßvater, Johann Hassler. Eigene Spinnereien, Konfektion, Modellkleider. Die Sache lief von allein. Ob Sie es glauben oder nicht: Bis vor fünf Jahren war ich ein fleißiger Arbeiter. Morgens im Werk der erste – abends der letzte, oft bis tief in die Nacht hinein. Junge, was habe ich geschuftet! Mein Vater hatte nach dem Krieg seine zweite Frau geheiratet. Sie war zwei Jahre jünger als ich, der Sohn! Der Alte drehte durch, übergab mir einen Trümmerhaufen von Firma und lebte bis zu seinem Schlaganfall in der Nähe von Nizza. – Interessiert Sie das überhaupt?«
    »Sprechen Sie weiter, wenn's Sie erleichtert. Die Barkasse ist in zehn Minuten startbereit.«
    Don Fernando blickte an der Bordwand hinunter. Die Besatzung der Barkasse, drei Matrosen und ein Offizier, war schon an Bord. Mit einem kleinen Schwenkkran wurde Phil Hasslers Gepäck verladen – der letzte Gruß der Zivilisation. Ein paar Kisten aus Leichtmetall. Ein paar Säcke aus Segeltuch, Ballen in Kunststoffplanen. Ein Außenbordmotor, Benzinfässer. Wasserkanister. Segeltuchhüllen mit Waffen: drei Gewehre, zwei Pistolen und Munitionskästen. Ein ziemlich ›modernes‹ Paradies.
    »Ich war verheiratet«, sagte Hassler. »Nicht glücklich, sondern sehr glücklich! Unaussprechlich glücklich! So wie ich meine Frau geliebt habe, kann ein Mann nur einmal lieben.«
    Philipp Hassler schob den Segeltuchhut in den Nacken. Es war Nachmittag, die Sonne stand schräg, die Felsen ›seiner‹ Insel leuchteten von Rot bis Tiefviolett, von Hellgelb bis Blaugrün. Hochgetürmte Basaltsäulen, dazwischen ins Meer geflossene und dort bizarr erstarrte Lava. Ein Stück Mond auf der Erde, hätte mancher denken können, wenn die sieben Palmen nicht gewesen wären. An die dreifache Felsbarriere klatschte träge der Ozean. Kleine Seen bildeten sich in den schwarzbraunen Lavafeldern.
    »Meine Frau starb mit 31 Jahren. Lymphdrüsenkrebs. Wir hatten keine Kinder. Können Sie ahnen, was ich alles angestellt habe, um sie zu retten? Wo in der Welt ich überall mit ihr herumgereist bin? Welche Ärzte ich aufgesucht habe? Ich hatte Millionen. Ich hätte sie alle, alle hergegeben. Aber überall sagte man nur: rettungslos. Da halfen keine Millionen! Kümmern sich Krebszellen um Kontoauszüge? Heilt eine Lymphogranulomatose, indem man Tausendmarkscheine auf die Lymphknoten legt? Als Franziska starb – ich nannte sie immer nur Ziska –, saß ich drei Tage lang vor vierzig Schlaftabletten, aber ich war zu feige, sie zu schlucken. Erfolg: Ich schlug um ins Extrem. Ich wurde der Jet-set-Mann. Der Mann ohne Hemmungen: im Geschäft, im täglichen Leben, bei den Frauen. Ich war sogar in ›meinen Kreisen‹ eine Bombe! Einmal im Bett von Phil Hassler – und das kleinste Mäuschen war gesellschaftsfähig! Und dann kam das, was man nicht verstehen konnte. Als alle sagten: Jetzt ist er ganz verrückt! Als meine Freunde wegblieben, als hätte ich die Krätze, als die Verwandtschaft mich entmündigen lassen wollte, als ich überall auf Unverständnis stieß: Ich hatte einfach alles satt! Satt bis zum Kotzen! Wenn ich morgens aufwachte, und neben mir im Bett lag eine nackte Schönheit, räkelte sich und flötete: ›Schatzi, du bist wunderbar!‹ – dann hätte ich sie anspucken können! Mich widerte alles an! Alles! Und Ziskas Bild wurde immer zwingender in mir, ihr
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