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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten
Autoren: Ellis Peters
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anderen Mann oder allein?«
    »Mein Liebes«, erklärte Hugh gerührt und amüsiert zugleich, »du wirst für mich immer ein Rätsel bleiben. Wie kommt es überhaupt, daß du so viel über den Fall weißt?
    Und woher diese hitzigen Gefühle?«
    »Ich habe sie zusammen gesehen, und das genügte. So nur über einen Messestand hinweg war deutlich zu sehen, wie ungestüm sie ihm zugetan war. Und ihr Männer«, sagte Ahne mit resignierter Nachsicht, »seht natürlich in erster Linie die Rechte des Mannes, wenn er tut, was er sich vorgenommen hat, ob er nun ins Kloster gehen oder in den Krieg ziehen will, aber ich bin eine Frau und sehe, was für ein großes Unrecht dieser Frau angetan worden ist. Hatte sie denn in dieser Frage keine Rechte? Und habt ihr euch nie mal die Mühe gemacht nachzudenken - er durfte sich die Freiheit nehmen, ins Kloster zu gehen und Mönch zu werden, aber sein Weggang hat ihr keine Freiheit gegeben. Sie konnte sich keinen neuen Mann nehmen, solange der, den sie hatte, ob Mönch oder nicht, noch am Leben war. War das gerecht? Ich hoffe fast«, gestand Aline rundheraus ein, »daß sie mit ihrem Liebhaber auf und davon ging, statt hier allein zu leben und zu leiden.«
    Hugh streckte seinen Arm weit aus, um seine Frau an sich zu ziehen, wobei er ein Mittelding zwischen einem Lachen und einem Seufzer hören ließ. »Meine Teuerste, du hast schon recht mit dem, was du sagst, denn diese Welt ist voller Ungerechtigkeit.«
    »Trotzdem glaube ich, daß es nicht Rualds Schuld war«, sagte Aline begütigend. »Ich wage sogar zu behaupten, daß er sie freigegeben hätte, wenn er gekonnt hätte. Doch jetzt ist es geschehen, und ich hoffe, daß sie mit ihrem Leben einigermaßen zufrieden ist, wo immer sie lebt. Und ich nehme an, daß einem Mann nichts anderes übrigbleibt als zu gehorchen, wenn er plötzlich eine Berufung in sich fühlt.
    Vielleicht hat ihn der Entschluß genausoviel gekostet. Was für ein Bruder ist aus ihm geworden, Cadfael? War es wirklich ein unabänderlicher Entschluß?«
    »Es sieht wahrhaftig so aus«, erwiderte Cadfael. »Der Mann geht voll und ganz in seinem Klosterleben auf. Ich glaube wirklich, daß er keine Wahl hatte.« Er hielt nachdenklich inne, da es ihm schwerfiel, für ein Ausmaß von Selbstaufgabe, wie es ihm selber unmöglich war, die angemessenen Worte zu finden. »Er lebt jetzt in dieser vollkommenen Sicherheit, an der weder gut noch böse etwas ändern kann, da für ihn bis zum heutigen Tag alles gut ist. Wenn man jetzt von ihm verlangte, zum Märtyrer zu werden, würde er das mit der gleichen Heiterkeit auf sich nehmen, als wäre es die Seligkeit. Tatsächlich wäre es für ihn die Seligkeit, weniger kennt er nicht. Ich bezweifle, daß er überhaupt noch an irgendeinen Teil des Lebens, das er vierzig Jahre lang geführt hat, auch nur einen Gedanken verschwendet, daran oder an die Frau, die er kannte und im Stich ließ. Nein, Ruald hatte keine Wahl.«
    Aline sah ihn mit aufgerissenen Augen, die in all ihrer Unschuld so klug waren, unverwandt an. »Ist es für dich auch so gewesen«, fragte sie, »als deine Zeit kam?«
    »Nein, ich hatte eine Wahl. Ich habe eine Wahl getroffen.
    Es war sogar eine schwierige Wahl, aber ich habe sie getroffen und halte daran fest. Ich bin kein so auserwählter Heiliger wie Ruald.«
    »Der soll ein Heiliger sein?« fragte Ahne. »Das scheint mir doch etwas zu einfach.«
    Die Urkunde über den Landtausch zwischen Haughmond und Shrewsbury wurde in der ersten Septemberwoche aufgesetzt, gesiegelt und bezeugt. Ein paar Tage später machten sich Bruder Cadfael und Bruder Richard, der Subprior, auf den Weg, um die Neuerwerbung in Augenschein zu nehmen und deren bestmögliche Nutzung zum Vorteil der Abtei zu prüfen. Der Morgen war dunstig, als sie aufbrachen, doch als sie die Fähre erreichten, die vom Feld aus ein Stück stromaufwärts verkehrte, drang die Sonne schon durch den Dunst, und die Sandalen der Männer hinterließen dunkle Fußspuren in dem von Tau benetzten Gras auf dem Steilufer. Auf der anderen Flußseite erhob sich sandig und steil das jenseitige Ufer, das hier und da von der Strömung ausgehöhlt war und allmählich in eine schmale Grasflache überging, an deren Ende sich ein mit Büschen und Bäumen bestandener Hügelkamm erhob. Als sie die Boote verließen, hatten sie noch einige Minuten an diesem schmalen Streifen Weideland entlangzugehen, und dann standen sie an der Ecke des Töpferackers, der in seiner ganzen Größe schräg
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