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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten
Autoren: Ellis Peters
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war vom Töpferacker verschwunden.
    »Nun, wie lautet dein Urteil?« fragte Bruder Richard.
    »Ich glaube, wir täten gut daran, es mit einer Wintersaat zu versuchen. Jetzt tief pflügen, dann noch ein zweites Mal, um Winterweizen zu säen und ein paar Bohnen dazu. Um so besser, wenn wir vor dem zweiten Pflügen noch mit etwas Mergel düngen können.«
    »Besser könnten wir es kaum nutzen«, stimmte Richard zufrieden zu und ging vor Cadfael den sanften Abhang hinunter auf die sanft geschwungene und glitzernde Flußbiegung unter den kleinen Sanddünen zu. Cadfael trottete hinter ihm her. Die trockenen Gräser raschelten in einem langgezogenen, rhythmischen Seufzen um seine Fesseln wie zum Gedenken an eine Tragödie. Wir sollten, dachte er, das Land dort oben lieber gleich urbar machen, damit der Boden Frucht trägt. Dort, wo früher der Brennofen gestanden hat, sollte grünes Getreide wogen, und das Häuschen sollten wir entweder abreißen oder einen Pächter hineinsetzen und darauf achten, daß er das Unkraut jätet und den Garten pflegt. Entweder das oder alles aufpflügen.
    Lieber gleich vergessen, daß in Feld und Garten mal ein Töpfer gearbeitet hat.
    In den ersten Oktobertagen wurde das sechsköpfige Ochsengespann der Abtei mit dem schweren, hochrädrigen Pflug durch die Furt auf die andere Seite des Flusses gebracht, wo es die erste Grassode auf Rualds Acker schnitt und umdrehte. Die Tiere begannen an der oberen Ecke, in der Nähe des verfallenen Häuschens, und zogen die erste Furche unterhalb des Knicks mit seinem üppigen Buschwerk und den Brombeersträuchern, die den Feldrain bildeten. Der Ochsentreiber trieb sein Gespann an, und die Tiere trotteten teilnahmslos vorwärts. Das Messersech schnitt tief durch Grasnarbe und Erde, die Pflugschar durchschnitt die verfilzten Wurzeln, und das Streichbrett schleuderte die Lehmklumpen wie eine sich träge brechende Welle zur Seite, brachte schwarzen Erdboden und den kräftigen Geruch der Erde nach oben. Bruder Richard und Bruder Cadfael waren gekommen, um sich den Beginn der Arbeit anzusehen. Abt Radulfus hatte den Pflug gesegnet, und alle Vorzeichen waren günstig. Die erste gerade Furche wurde über das gesamte Feld gezogen und hob sich schwarz vor der herbstlichen Blässe der Gräser ab, und der aufsein Geschick stolze Pflüger ließ sein langes Gespann in einer weit ausholenden Kurve umdrehen, damit die Tiere auf dem Rückweg möglichst dicht an der ersten Furche blieben. Richard hatte recht gehabt; der Erdboden war nicht zu schwer, und die Arbeit würde rasch vorangehen.
    Cadfael hatte der Arbeit den Rücken gekehrt und stand in der klaffenden Türöffnung des Häuschens und starrte in den kahlen Raum. Schon vor einem ganzen Jahr, nachdem sich die Frau den Staub dieses Orts von den Füßen geschüttelt und die Trümmer ihres Lebens hinter sich gelassen hatte, um anderswo einen Neuanfang zu suchen, war die gesamte bewegliche Habe von Rualds Ehe mit Einverständnis seines Landherrn auf Longner entfernt und dem Almosenpfleger Bruder Ambrose übergeben worden, der sie unter seinen Bittstellern nach deren Bedürfnissen verteilen sollte. Nichts war im Haus geblieben. Im Kamin lagen noch die Reste der letzten kalten Asche, und der Wind hatte Laub in die Zimmerecken geweht, das sich dort zu Nistplatzen für überwinternde Igel und Haselmäuse abgelagert hatte. Lange Brombeerzweige hatten von den Sträuchern draußen durch die leere Fensterhöhle einen Weg ins Haus gefunden, und auf Cadfaels Schulter wippte ein Scharlachdornzweig, der die Hälfte seiner Blätter verloren hatte, dafür aber mit roten Beeren gesprenkelt war. Nesseln und Kreuzkraut hatten in den Spalten der Bodenbretter Wurzeln geschlagen, um dort emporzuwachsen. Die Erde braucht nur sehr kurze Zeit, um die Spuren menschlichen Lebens zu tilgen.
    Cadfael hörte das Rufen von der anderen Seite des Ackers, schenkte ihm jedoch keine Beachtung, sondern dachte nur, der Treiber brülle sein Gespann an, bis Richard ihn am Ärmel zupfte und ihm ins Ohr zischte: »Da drüben muß etwas passiert sein! Sieh mal, sie sind stehengeblieben. Sie haben etwas gefunden - oder zerbrochen - oh, doch hoffentlich nicht das Kolter!« Es war ihm anzusehen, wie ärgerlich er geworden war. Ein Pflug ist ein kostbares Gerät, und ein eisenbewehrtes Kolter konnte sich auf neuem und unerprobtem Boden leicht als verwundbar erweisen.
    Cadfael drehte sich um und starrte auf die Stelle, an der das Ochsengespann stehengeblieben war, am
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