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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten
Autoren: Ellis Peters
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haben konnte, habe ich nie erfahren.
    Es ging vorbei, so wie alles irgendwann zu Ende geht.
    Als sie vermißt wurde, dachte niemand daran, auch nur einen Seitenblick auf uns zu werfen. Ich weiß nicht, wo das Gerücht aufkam, sie sei aus freien Stücken mit einem Liebhaber auf und davon gegangen, aber es war schnell herum, wie es bei Klatsch nun einmal ist, und die Menschen glaubten es. Was Sulien betrifft, so war er der erste, der aus dem Haus flüchtete. Mein älterer Sohn hatte nie etwas mit Ruald oder Generys zu tun gehabt, wenn man von einem höflichen Gruß absieht, wenn sie auf den Feldern vorbeikamen oder auf der Fähre gemeinsam den Fluß überquerten. Er hatte auf dem Gut viel zu tun, und da er sich mit Heiratsgedanken trug, spürte er nie den Schmerz, der im Haus herrschte. Aber Sulien ist ein anderer Mensch. Ich spürte sein Unbehagen schon, bevor er uns überhaupt anvertraute, daß er vorhabe, in Ramsey einzutreten. Jetzt erkenne ich, daß er für seinen Kummer mehr Grund besaß, als ich damals annahm. Sein Weggang lastete jedoch noch schwerer auf meinem Gemahl, und es kam die Zeit, in der er es nicht einmal mehr über sich brachte, in die Nähe des Töpferackers zu gehen oder sich den Ort anzusehen, an dem sie gelebt hatte und gestorben war. Er machte das Land Haughmond zum Geschenk, um es los zu sein, und als das vollbracht war, ritt er davon, um sich König Stephen anzuschließen. Und was ihm danach widerfuhr, wißt Ihr.
    Ich habe nicht um das Privileg der Beichte gebeten, Vater«, sagte sie förmlich, »da ich von denen, die über mich richten können, sei es Gesetz oder Kirche, keine weitere Verschwiegenheit will. Ich bin da, und jetzt tut, was Ihr für richtig haltet. Ich habe Generys nicht betrogen, als sie noch lebte, denn es war eine ehrliche Wette, und jetzt, wo sie tot ist, habe ich sie auch nicht betrogen. Ich habe mein Wort gehalten. Ich nehme keine Linderungsmittel, in welchem Zustand ich mich auch befinde. Ich zahle meine Buße jeden Tag meines restlichen Lebens bis zum Ende. Ungeachtet dessen, was Ihr seht, bin ich stark. Es kann noch lange dauern, bis das Ende da ist.«
    Es war vollbracht. Sie ruhte jetzt still aus und mit einer sonderbaren Zufriedenheit, die sich in dem vergleichsweise gleichmütigen Ausdruck ihres Gesichts zeigte. Von jenseits des Hofs läutete die Glocke des Refektoriums die Mittagsstunde.
    Der Offizier des Königs und der Vertreter der Kirche wechselten nur einen langen Blick, um sich abzustimmen. Cadfael bemerkte es und fragte sich, wer von ihnen als erster sprechen und wem von diesen beiden Autoritäten in einem so seltsamen Fall wirklich der Vortritt zustand. Verbrechen fielen in Hughs Zuständigkeit, Sünden in die des Abts, aber wie sollte hier Gerechtigkeit aussehen, wo die beiden so bemitleidenswert miteinander verwoben waren, daß es nicht mehr möglich zu sein schien, sie zu entwirren? Generys tot, Eudo tot, wer hatte von einer weiteren Verfolgung noch etwas zu gewinnen? Als Donata gesagt hatte, die Toten sollten ihre Sünden tragen, hatte sie sich selbst dazugezählt. Und wie unendlich langsam der Tod für sie auch nähergerückt war, jetzt mußte er sehr nahe sein.
    Hugh sprach als erster. »Hier gibt es nichts«, erklärte er, »was in meine Zuständigkeit fällt. Was immer getan wurde, was immer daran Recht und Unrecht war, Mord war es nicht. Es war ein Unrecht, die Tote ungesegnet in die Erde zu legen, doch der, der es getan hat, ist inzwischen selbst tot, und was würde es dem Gesetz des Königs oder der guten Ordnung in meiner Grafschaft nützen, es jetzt noch zu seiner Unehre bekanntzumachen? Ebensowenig könnte jemand wünschen, Euren Kummer zu vergrößern oder Eudos Erben Kummer zu machen, der an allem unschuldig ist. Ich sage, dieser Fall ist abgeschlossen, wenn auch ungelöst, und so soll es bleiben, das nehme ich auf mich. Ich bin nicht so unfehlbar, daß ich nicht wie jeder andere Mensch fehlen und es zugeben könnte. Es gibt jedoch einige Forderungen, denen entsprochen werden muß. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als daß wir bekanntmachen müssen, daß Generys Generys ist, obwohl nie bekannt werden wird, wie sie zu Tode gekommen ist.
    Sie hat das Recht auf ihren Namen und darauf, daß ihr Grab als das ihre bestätigt wird. Ruald hat das Recht zu erfahren, daß sie tot ist, und sie gebührend zu betrauern. Mit der Zeit werden die Menschen die Angelegenheit in die Vergangenheit absinken und der Vergessenheit anheimfallen lassen.
    Aber für
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