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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten
Autoren: Ellis Peters
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enthalten in einem winzigen Fläschchen, meine Erlösung von Schmerz und von der Welt. Sie sagte, das Mittel werde seine Macht nicht verlieren, wenn ich das Fläschchen immer gut verschlossen hielte. Sie erklärte mir die Eigenschaften des Mittels, denn in sehr kleinen Dosen wird es gegen Schmerz eingesetzt, wenn andere Mittel versagen, aber in dieser Stärke würde es dem Schmerz für immer ein Ende machen.
    Es ist Schierling.«
    »Man weiß vom Schierling«, sagte Cadfael traurig, »daß er dem Schmerz manchmal selbst dann für immer ein Ende macht, wenn der Leidende gar nicht beabsichtigt hat, sein Leben aufzugeben. Ich verwende ihn nicht. Seine Gefahren sind zu groß. Man kann eine Lösung daraus machen, die man gegen Geschwüre und Schwellungen und Entzündungen einsetzen kann, aber es gibt andere Heilmittel, die sicherer sind.«
    »Ohne Zweifel!« sagte Donata. »Ich habe jedoch eine andere Art von Sicherheit gesucht. Ich hatte jedenfalls meinen Zauber und hatte ihn immer bei mir und griff sogar oft danach, wenn der Schmerz sich kaum noch ertragen ließ, aber ich zog die Hand immer zurück, ohne den Stöpsel herauszuziehen. Als wäre schon der bloße Besitz des Fläschchens eine Stütze meiner Kraft. Habt Nachsicht mit mir, ich werde jetzt auf die fragliche Angelegenheit zu sprechen kommen. Im letzten Jahr, als mein Herr sich ganz der Liebe zu Generys hingab, machte ich mich zu einer Zeit am Nachmittag, als Eudo anderswo auf seinem Gut zu tun hatte, auf den Weg zu ihrem Häuschen. Ich nahm eine Flasche guten Weins mit, zwei passende Becher und mein Fläschchen mit Schierling. Und ich schlug ihr einen Glückshandel vor.«
    Sie hielt nur inne, um Luft zu holen und ein wenig die Stellung zu verändern, in der sie schon so lange reglos dagesessen hatte. Keinem ihrer drei Zuhörer wäre es jetzt in den Sinn gekommen, ihre Erzählung zu unterbrechen. All ihre Vermutungen waren jetzt ohnehin in dem Wind ihrer kühlen Distanziertheit verflogen, denn sie sprach in ausgeglichenem und ruhigem Tonfall von Schmerz und Leidenschaft, fast gleichgültig, nur mit dem Ziel, alle Schatten des Zweifels zu zerstreuen.
    »Ich bin nie ihre Feindin gewesen«, sagte sie. »Wir kannten uns schon seit vielen Jahren, und als Ruald sie im Stich ließ, empfand ich mit ihr und war wütend und verzweifelt.
    Dies geschah nicht aus Haß, Neid oder Bosheit. Wir waren zwei Frauen, die mit den Fesseln unserer Rechte auf ein und denselben Mann unrettbar zusammengebunden waren, und keine von uns konnte die Verstümmelung ertragen, ihn mit der anderen teilen zu müssen. So schlug ich ihr einen Ausweg aus der Falle vor. Wir würden zwei Becher mit Wein füllen und in den einen noch den Schierlingstrank geben. Falls ich sterben sollte, sollte sie ein volles Anrecht auf meinen Gemahl haben, und Gott weiß, daß sie auch meinen Segen dazu hatte, wenn sie ihm Glück schenken konnte, wozu ich nicht mehr die Macht besaß. Und falls sie sterben sollte, schwor ich ihr, daß ich mein Leben bis zum bitteren Ende weiterführen würde, ohne mich zu schonen und ohne je wieder Linderung zu suchen.«
    »Und Generys hat sich mit einem solchen Handel einverstanden erklärt?« fragte Hugh ungläubig.
    »Sie war ebenso verbittert, kühn und entschlossen wie ich, und es quälte sie genausosehr, meinen Herrn zu haben und zugleich nicht zu haben. Ja, sie war einverstanden. Ich glaube sogar mit Freuden.«
    »Aber es war doch keine leichte Angelegenheit, das auf gerechte Weise zu regeln.«
    »Da keine von uns die Absicht hatte, die andere zu täuschen, war es doch sehr leicht«, erwiderte sie schlicht. »Sie ging aus dem Zimmer und hörte nicht zu und sah nicht hin, als ich die Becher füllte. Aber nur einer enthielt den Schierling. Dann ging ich hinaus, begab mich weit auf den Töpferacker, während sie die Becher trennte und verstellte, wie es ihr gerade einfiel. Den einen stellte sie auf den Wäscheschrank, den anderen auf den Tisch, und dann ging sie hinaus und rief mich herein. Ich wählte. Es war Juni, der zweiundzwanzigste Tag des Monats, ein wunderschöner Mittsommer. Ich weiß noch, daß die Wiesengräser gerade zu blühen begannen, und als ich in das Häuschen zurückkehrte, waren meine Röcke mit dem Silber ihrer Samen bestreut. Dann setzten wir uns in dem Häuschen zusammen, tranken unseren Wein und fühlten uns mit uns und der Welt im reinen. Und hinterher einigten wir uns darauf, uns zu trennen, denn ich wußte, daß das Mittel eine Starre des ganzen Körpers
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