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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten
Autoren: Ellis Peters
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traurig, daß er dieser Sache entkam und sich befreite, auch wenn es bedeutete, daß er ins Kloster gehen mußte. Von einem schlimmeren Grund weiß ich nicht. Daß er dort gewesen ist und es gesehen hat - nein, das habe ich nicht gewußt.«
    »Und was er sah«, sagte Hugh nach einem kurzen und lastenden Schweigen, »war sein Vater, der den Leichnam von Generys begrub.«
    »Ja«, sagte sie. »Es muß so gewesen sein.«
    »Wir konnten keine andere Möglichkeit finden«, sagte Hugh, »und ich bedaure, sie Euch mitteilen zu müssen.
    Obwohl ich noch immer keinen Grund zu erkennen vermag, weshalb oder wie es dazu kam, daß er sie tötete.«
    »O nein!« widersprach Donata. »Nein, das hat er nicht.
    Er hat sie begraben, ja. Aber getötet hat er sie nicht. Warum sollte er? Mir ist jetzt klar, daß Sulien es glaubte und um keinen Preis zulassen wollte, daß die Welt es erfuhr. Aber so ist es nicht gewesen.«
    »Wer hat es dann getan?« fragte Hugh verwirrt. »Wer war ihr Mörder?«
    »Niemand«, erwiderte Donata. »Es war kein Mord.«

14. Kapitel
    In die ungläubige Stille hinein, die dann folgte, fragte Hughs Stimme: »Wenn dies kein Mord war, warum dann das heimliche Begräbnis, warum einen Todesfall verbergen, der niemandem vorzuwerfen war?«
    »Ich habe nicht gesagt«, erwiderte Donata geduldig, »daß man niemandem etwas vorwerfen kann. Ich habe nicht gesagt, es habe keine Sünde gegeben. Es ist nicht meines Amts zu richten, aber einen Mord hat es nicht gegeben. Ich bin hier, um Euch die Wahrheit zu erzählen.
    Das Urteil muß ich Euch überlassen.«
    Sie sprach als jemand und als der einzige Mensch, der Licht auf alles werfen konnte, was geschehen war, und als der einzige Mensch, der darüber in Unwissenheit gehalten worden war, daß diese Notwendigkeit bestand. Ihre Stimme blieb jedoch rücksichtsvoll, gebieterisch und freundlich zugleich. Mit sehr einfachen und klaren Worten trug sie ihren Bericht vor, wobei sie nichts entschuldigte, aber auch nichts bereute.
    »Als Ruald sich von seiner Frau abwandte, war sie untröstlich und verzweifelt. Ihr werdet es nicht vergessen haben, Vater, denn Ihr müßt ernste Zweifel gehabt haben, was seine Entscheidung betraf. Als sie entdecken mußte, daß sie ihn nicht halten konnte, kam sie zu meinem Gemahl, um ihn als Herrn und Freund beider zu bitten, Ruald gut zuzureden und den Versuch zu machen, ihn davon zu überzeugen, daß er schreckliches Unrecht begangen hatte. Und ich glaube aufrichtig, daß er sein Bestes für sie tat und sich immer wieder für sie einsetzte. Er hat wohl auch versucht, sie zu trösten und zu beruhigen, daß sie durch Rualds Verrat weder das Haus noch ihren Lebensunterhalt verlieren würde. Mein Herr war gut zu seinen Leuten. Aber Ruald ließ sich nicht von dem Weg abbringen, den er erwählt hatte. Er verließ sie. Sie hatte ihn über jedes Maß hinaus geliebt«, sagte Donata leidenschaftslos, denn sie sagte die reine Wahrheit, »doch genauso haßte sie ihn auch. Und in all diesen Tagen und Wochen hatte mein Gemahl für ihr Recht gekämpft, es aber nicht erringen können. Er war noch nie so oft und so lange mit ihr zusammen gewesen.«
    Sie hielt einen Moment lang inne, sah von Gesicht zu Gesicht, um dann mit großen, illusionslosen Augen ihren Ruin zu schildern.
    »Seht mich an, meine Herren. Seit jener Zeit bin ich dem Grab vielleicht ein paar kurze Schritte nähergekommen, aber die Veränderung ist nicht sehr groß. Ich war schon damals, was ich heute bin. Ich war es schon seit einigen Jahren gewesen. Es waren mindestens drei Jahre her, glaube ich, seit Eudo das Bett mit mir geteilt hatte. Er verzichtete aus Mitleid mit mir darauf, ja, enthielt sich aber auch selbst ohne ein Wort der Klage bis zum völligen Ausgehungertsein. Die Schönheit, die ich einmal besessen hatte, war verschwunden und verwelkt und zu dieser schmerzenden Hülle geworden. Er konnte mich nicht berühren, ohne mir Schmerz zu verursachen. Und sich selbst noch schlimmeren Schmerz, ob er mich nun berührte oder sich enthielt.
    Und sie war, wie Ihr Euch erinnern werdet, falls Ihr sie je gesehen habt, sehr schön. Was alle Männer sagten, sage auch ich. Wunderschön, voller Zorn und verzweifelt. Und ausgehungert wie er. Ich fürchte, ich quäle Euch, meine Herren«, sagte sie, als sie sah, wie alle drei vor Ehrfurcht über ihre Haltung und ihre erbarmungslose Offenheit erstarrt waren, voller Bewunderung für eine Offenheit, die sich ohne Emphase, ja sogar mit Mitgefühl äußerte. »Ich
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