Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie

Titel: Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Autoren: Wilfried Esch
Vom Netzwerk:
Paläographie nennt. Man kann heute jedem Zeitalter bestimmte Schriftformen zuordnen. Beginnen wir bei den Römern. Ihren Schriftduktus bestimmen Stein und Meißel. Man nennt die Schrift daher auch römische Lapidarschrift. Man kann diese Schriftart als eine der ersten römischen Schriftformen bezeichnen. Diese Schrift entwickelte sich über einen Zeitraum von sagen wir 500 bis 600 Jahren zur so genannten Rusticaschrift. Durch das Bedürfnis, schneller zu schreiben und auch bedingt durch das Benutzen von Gänse- und Rabenfedern oder Rohr vereinfachten sich die Buchstaben. Die Schriftart des 9. bis 11. Jahrhunderts nennt man Minuskelschrift. Aus ihr entwickelte sich hundert Jahre später die gotische Textur mit einem sehr dichten Buchstaben- und Zeilenbild. Es vermittelt dem Betrachter einen schweren, feierlich ernsten Charakter.«
    »Verstehe«, warf Matthias ein. »Da jede Schriftart einer bestimmten Zeit zuzuordnen ist, könnt Ihr anhand des Schriftbildes den ungefähren Zeitraum seiner Entstehung bestimmen, wenn die Schrift nicht datiert ist.«
    »Richtig! Womit wir beim nächsten Punkt abgelangt wären. Urkunden, Verträge, Kontrakte, Protokolle, Akten und vieles mehr lassen sich am leichtesten chronologisch ordnen und einstufen, wenn sie datiert sind. Ohne Datum benötigt man eindeutige Hinweise auf Geschehnisse oder Personen aus jener Zeit der Entstehung des Schriftstückes. Im Falle von Urkunden wären auch Siegel hilfreich, was ja auch unser Problem ist. Zudem ist das Vermächtnis auf Pergament geschrieben. Das ergibt ein weiteres Problem. Pergament weist eine gute Radierbarkeit auf, wodurch sich Urkunden, Gerichtsprotokolle, Rechnungen und ähnliches sehr leicht fälschen ließen. Papier wäre besser für uns«, stellte Maurus fest.
    »Warum, das müsst Ihr mir genauer erklären«, gab Matthias erstaunt zurück.
    »Weil das Papier zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstand und eigentlich zunächst einen Rückschritt darstellte, zumindest, was seine Festigkeit und Dauerhaftigkeit anbelangte. Feuchtigkeit und Nässe waren, nein sind seine größten Feinde. Die ersten Papiere waren grobflockig und leicht zerstörbar. Es besteht zum größten Teil aus Hadern, das sind Woll- und Leinenlumpen, die durch Hinzufügen von Wasser zu einem zähen Papierbrei gestampft werden. Danach wird das Papier mit einem Sieb aus der Bütte geschöpft und nach Glättung und Trocknung zu einem Bogen geformt. Die Oberfläche ist dann dünn und verfilzt, lässt sich also so gut wie gar nicht radieren. Pergament hingegen besteht aus Tierhäuten, meistens von Kälbern, Ziegen oder Lämmern. In selteneren Fällen aus der Haut von ausgewachsenen Rindern oder Eseln. Dabei beizt man die Häute mit Kalkwasser und gerbt sie nicht, wie bei der Lederherstellung. Nachdem man die Tierhäute gebeizt hat, werden sie enthaart und völlig glatt geschabt. Anschließend mit einem Bimsstein geschliffen und mit Kreideschlamm behandelt. Der letzte Schritt ergibt dann eine samtig weiße Schreibfläche.«
    Matthias zog die Augenbrauen hoch. »Jetzt verstehe ich«, gab er zu.
    »Dieses Vermächtnis oder Testament, nennt es wie Ihr wollt, trägt kein Siegel. Das zu beurteilen, ist ein rechtliches Problem, was Eure Aufgabe wäre«, fuhr Maurus mit seinen Ausführungen fort.
    »Das klingt beinahe wie eine Wissenschaft für sich«, stellte Matthias amüsiert lächelnd fest.
    »Das ist es auch tatsächlich, wenn ich das sagen darf. Meiner Meinung nach sollte es als wissenschaftliches Fach gelehrt werden. Zumindest als, sagen wir: Hilfswissenschaft!«
    »Ihr seid ein erstaunlicher Mann, van Leuven. Ihr könnt es noch weit bringen. Vielleicht winkt Euch sogar eines Tages eine Professur an einer Universität.«
    Maurus errötete leicht ob des Kompliments von Matthias, der eine weitere Frage stellte: »Doch wie geht es jetzt weiter? Das Vermächtnis trägt kein Datum, kein Siegel. Wir wissen lediglich, dass es angeblich von Sophie von Limburg stammt, und dass ein gewisser Mönch namens Arnulf van Leuven das Vermächtnis beurkundet hat. Das alles sind zwar Hinweise, aber keine stichhaltigen Beweise. Wir wissen nicht, ob es sich um die Handschrift der Gräfin oder dieses Mönchs handelt, Arnulf van Leuven. Zudem fehlt das Siegel. Ein Beweismittel für die Echtheit wäre eben jenes fehlende Siegel. Was können wir also tun, um die Echtheit des Schriftstückes zu beweisen oder, wie es der Churfürst wünscht, zu widerlegen?«
    »Zunächst die Handschrift überprüfen. Man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher