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Das Geheimnis der Moorleiche

Das Geheimnis der Moorleiche

Titel: Das Geheimnis der Moorleiche
Autoren: Stefan Wolf
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war völlig außer sich und gestikulierte
wild vor Kommissar Glockners Nase herum, doch der blieb ganz ruhig.
    Tim setzte sich zu seinen
Freunden auf eine Bank und sie verfolgten aufmerksam, was der alte Herr wollte.
    »Herr Professor...«, versuchte
Kommissar Glockner ihn zu beruhigen.
    »Graber!«, ergänzte der Mann.
    »Professor Graber«, wiederholte
Glockner. »Die Moorleiche befindet sich nicht hier im Präsidium, sondern in der
Gerichtsmedizin.«
    Der Professor schnappte nach
Luft. Er war ziemlich gereizt.
    »Aber dort war ich doch schon!
Man ließ mich nicht hinein — sondern hat mich zu Ihnen geschickt!
    Also bitte, bringen Sie mich zu
der Leiche!«
    Glockner schüttelte den Kopf.
    »Ich kann niemanden in die
Gerichtsmedizin bringen, tut mir leid.«
    »Dann holen Sie die Moorleiche
heraus! Ich muss sie unbedingt sehen, und zwar schnell!«
    »Herr Professor. Solange die
Ermittlungen andauern, wird die Moorleiche in der Gerichtsmedizin bleiben.«
    Dem Professor stand der Schweiß
auf der Stirn.
    »Aber das ist ja das Problem!
Wissen Sie, wie wertvoll so eine Moorleiche ist? Wie sensibel? Der Sauerstoff
wird sie zerstören! Sie lag mehrere tausend Jahre im Moorboden, wie luftdicht
verschweißt. Und wenn sie jetzt noch länger in der Gerichtsmedizin verbleibt,
wird sie zu Staub zerfallen. Und alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die wir
von ihr erfahren könnten, mit ihr!«
    Der Mann wischte sich fahrig
mit einem Taschentuch über die Stirn. Seine Brille war riesig und fast
viereckig. Er trug einen guten, aber schon sehr alten Anzug unter seinem
vergilbten Mantel. Sein graumelierter Bart wuchs wild, die grauen Haare waren
zerzaust. Er schien aus einer anderen Zeit zu stammen.
    Wohl typisch für einen
Archäologen, der sich nur mit alten Zeiten und Kulturen beschäftigt, dachte
Tim.
    »Ein verrückter Professor!«,
flüsterte Klößchen.
    »Aber er hat recht!«,
entgegnete Karl aufgeregt flüsternd: »Solche Funde müssen in einem speziellen
Klima aufbewahrt werden. Wenn es sich um eine jahrhunderte- oder
jahrtausendealte Moorleiche handelt, wird sie im Kühlhaus der Gerichtsmedizin
immer weiter zerfallen!«
    Kommissar Glockner versuchte,
den Mann zu beschwichtigen.
    »Sollte sich herausstellen,
dass es sich bei der Moorleiche um einen archäologischen Fund handelt, werden
wir sie selbstverständlich dem zuständigen Amt übergeben. Dort werden
Archäologen — Ihre Kollegen also — die Leiche untersuchen, und wenn Sie dabei
sein möchten, wenden Sie sich bitte dorthin. Bis dahin aber ist diese Leiche
eine Leiche, und kein Museumsstück, und sie wird behandelt wie jede andere
Leiche auch — sie kommt in die Obduktion!«
    »Damit meint er die
Untersuchung«, raunte Karl den anderen zu.
    »Sie wollen sie doch nicht etwa
aufschneiden?«, jammerte der Professor. »Sie zerstören den Gesamteindruck! Ich
muss wenigstens erst mal Fotos machen! Bringen Sie mich zu ihm, ich meine — zu
ihr! Ich flehe Sie an!«
    »Tut mir leid: Nein!«
    Glockner riss allmählich der
Geduldsfaden. Er hatte noch andere Fälle zu bearbeiten und der Professor war
nicht der Einzige, der ihn wegen der Moorleiche mit Fragen bedrängte.
    Der Professor begann zu
brüllen. »Ich muss zu der Leiche! Ist das so schwer zu verstehen?«
    Plötzlich, schneller als TKKG
und die anwesenden Polizisten es begreifen konnten, packte der Mann die
Informationsbroschüren, die sich auf dem Tresen stapelten, und schleuderte sie
an die Wand. Dabei funkelten seine Augen Tim und seine Freunde wütend an. Tim
beugte sich schützend über Gaby, und Karl und Klößchen duckten sich.
    »Ich muss zu ihm! Ich — muss —
zu — ihm!«
    Bei jedem Wort fegte der
Professor einen weiteren Gegenstand vom Tresen. Der Mann war außer sich. Ein
Telefon flog an die Wand, gefolgt von einem Locher.
    »Jetzt reicht’s!«, entschied
Glockner laut.
    Schnell griffen zwei
Polizisten, die den Streit ebenfalls beobachtet hatten, nach dem Professor,
zwangen ihn in die Knie, pressten seine Hände auf den Rücken, und ließen die
Handschellen klicken.
    »Können Sie sich ausweisen?«
    Der Professor wand sich im Griff
der Beamten. »Lassen Sie mich los! Ich möchte meinen Anwalt sprechen!«
    Die Beamten nahmen die
Brieftasche aus dem Jackett des Professors und reichten sie Glockner. Der fand
darin den Personalausweis des Mannes und studierte ihn.
    »Das können Sie morgen machen,
Herr Professor Anton Graber. Bis dahin beruhigen Sie sich erst einmal — in
unserer Zelle.« Kommissar
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