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Das Geheimnis der Moorleiche

Das Geheimnis der Moorleiche

Titel: Das Geheimnis der Moorleiche
Autoren: Stefan Wolf
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ganz normalen Sprung«, schlug Tim beschwichtigend vor, der sich noch gut
daran erinnerte, dass Klößchen eine Woche lang nur auf dem Bauch hatte schlafen
können. Und wenn er auf dem Bauch schlief, dann schnarchte er.
    »Hast recht«, stimmte Klößchen
zu. »Außerdem ist ansonsten hinterher vielleicht kein Wasser mehr im See. Wäre
ja blöd — wo wir dieses Jahr doch noch öfter herkommen wollen.«
    Karl guckte während des
Gesprächs von einem zum anderen, rückte seine Nickelbrille zurecht und brummte
nur zustimmend. Er war eher der ruhige Typ, der bei kurzen Wortwechseln wie
diesem nichts sagte — um dann an anderer Stelle umso mehr zu reden. Vielleicht
hatte er das von seinem Vater, Professor Vierstein, der theoretische Physik an
der Uni lehrte. Komplizierte Wissensthemen waren Karls Spezialgebiet. Er
speicherte alle Informationen, die er irgendwo gelesen hatte und vergaß sie nie
wieder. Das hatte ihm den Spitznamen »Computer« eingebracht.
    Doch seine Freunde mochten ihn
vor allem, weil er mehr war als ein wandelndes Lexikon: Er war stets
freundlich, höflich — und irgendwie altmodisch.
     
    Tim setzte sich mit seinem Rad
an Gabys Seite. Ihre langen blonden Haare wehten im Fahrtwind, und auf ihrer
Haut schimmerte das Sonnenlicht. Für Tim war Gaby das schönste Mädchen der
Welt. Es störte ihn ein bisschen, dass sie ihn nicht mit einem Kuss begrüßte,
wenn die anderen dabei waren. Aber sicher tat seine Freundin das nur aus
Rücksicht auf Karl und Klößchen nicht. Die nämlich fanden Geknutsche, bei dem
sie dabeistehen und Löcher in die Luft gucken mussten, überhaupt nicht witzig.
    Gaby Glockner wohnte, wie auch
Karl, nicht im Internat, sondern bei ihren Eltern in der Stadt. Sie besuchte
die Schule als sogenannte Externe. Tim konnte sich noch genau an den ersten Tag
erinnern, als sie alle zusammen in eine Klasse gekommen waren. Gaby war
sportlich, schlagfertig und mutig und hatte ihm sofort imponiert. Bald wurde
sie von allen nur noch »Pfote« genannt, weil sie ein so großes Herz für Tiere
hatte und sich von jedem Hund die Pfote geben ließ. Mit Tim allerdings hielt
sie damals noch nicht mal Händchen. Dabei war sie vom ersten Tag an genauso in
ihn verschossen, wie er in sie.
    Das war nun aber schon fahre
her. Inzwischen gingen sie miteinander. Ganz offiziell. Und trotzdem — Tim
wurmte das mit dem Kuss.
     
    Der Weg schlängelte sich durch
das Wäldchen und wurde immer schmaler. Die Reifen der Mountainbikes rollten
sicher über den weichen Boden. Drüben, am anderen Ende des Wäldchens, lag das
alte Torfmoor.
    Nach einigen Minuten, in denen
sie schweigend in die Pedale getreten hatten, erreichten sie den See. Es war
ein toller Tag für das erste Bad unter blauem Himmel. Und Tim und Gaby hatten
Recht behalten: Außer ihnen hatte sich niemand sonst an den versteckt liegenden
See verirrt. Einige Kilometer entfernt gab es einen großen, künstlich
angelegten Badesee, mit allem, was das Herz der Sonnenanbeter höher schlagen
ließ: einem aufgeschütteten Sandstrand, einem Kiosk mit viel Auswahl und warmen
Duschen. Dorthin strömten die Bewohner der Millionenstadt in Massen. An ihren
kleinen See aber kam fast nie jemand.
    Gaby hatte vorgesorgt und ihren
Bikini unter ihr Sommerkleid gezogen. Sie war als Erste im Wasser, dicht
gefolgt von Oskar — der sich ja auch nicht lange umziehen musste.
    Willi und Karl, die eher
schüchtern waren, nutzten die Gelegenheit, sich unbeobachtet ihre Badehosen
anzuziehen. Tim kletterte unterdessen schon auf seinen Baum. Oben ließ er einen
Urschrei los und sprang von einem Ast, der weit ausladend über die
Wasseroberfläche ragte, ins kühle Nass. Er wusste, dass es hier tief genug war.
Gaby spritzte ihm einen Schwall Wasser ins Gesicht, sobald er auftauchte, und
Tim dachte, dass er den Kuss vielleicht jetzt bekäme, hier in dem Wasser, bevor
die anderen..., aber da schwamm Gaby schon lachend davon. Karl und Klößchen
kamen heran, und Klößchen forderte Tim spaßeshalber zu einem Wettkraulen auf.
Alle machten sich bereit und schwammen gleichzeitig los, nachdem Klößchen den
Startschuss gegeben hatte — obwohl sie ohnehin wussten, dass Gaby gewinnen
würde. Die nämlich trainierte im Schwimmverein ihres Vaters, Kriminalkommissar
Glockner, den sie alle gut kannten. Er und Gabys Mutter, die in der Innenstadt
einen Feinkostladen führte, luden Gabys Freunde oft ein und hatten auch nichts
gegen spontane Besuche. Nachdem Gaby das Wettschwimmen wie erwartet
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