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Das Geheimnis der Masken

Das Geheimnis der Masken

Titel: Das Geheimnis der Masken
Autoren: Ken Follett
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sie stehen und beugten sich über die Brüstung. Es war Sommer und der Kanal führte fast kein Wasser. Lediglich ein spärliches Rinnsal schlängelte sich träge durch einen Graben im weichen Schlamm.
    „Ich frage mich, warum er im Sommer austrocknet“, sagte Mick.
    „Er wird an einem Ende von einem Bach gespeist“, sagte Izzie. „Das andere Ende mündet in die Themse. Wenn es nicht regnet, trocknet der Bach ganz aus.“
    Das Kanalbett war übersät mit Schrott und Abfällen. Mick entdeckte ein altes Bett, eine Autotür, ein paar Flaschen und eine Menge unidentifizierbares Zeugs, alles überzogen von einer schmutzig grauen Schlammschicht.
    Zu ihrer Linken, neben dem letzten Haus in der Canal Street, verhinderte eine hohe Mauer den Zugang zum Ufer. Doch die gegenüberliegende Seite des Kanalshatte eine niedrige Uferböschung. Izzie zeigte darauf. „Wir müssen dorthin“, sagte er. „Ans Ufer.“
    Mick dachte über das Problem nach. Dort, wo die Brüstung der Brücke endete, stand ein Maschendrahtzaun, der bis unter das Niveau des Pflasters reichte.
    Mick zog sich auf die Brüstung und richtete sich auf. Dann schwang er sich, so schnell er konnte, über den Zaun und kletterte auf der anderen Seite nach unten, indem er die Füße in die Maschen stellte. Das letzte Stück sprang er. Es waren weniger als anderthalb Meter vom unteren Rand des Zauns bis hinunter zum Kanalufer. Mick landete leichtfüßig. „Es ist total einfach!“, rief er nach oben.
    Einen Moment später stand Izzie neben ihm auf dem Uferdamm. Langsam wanderten sie weiter und suchten sich ihren Weg zwischen Brombeergestrüpp und in Gruppen stehenden Brennnesseln hindurch.
    „Jede Wette, dass es hier Ratten gibt!“, sagte Mick.
    „Woher willst du das wissen?“, entgegnete Izzie skeptisch.
    „Es gibt immer Ratten, so nah am Wasser.“
    An einer Stelle lag ein Autowrack über die gesamte Breite der Böschung. Das Wrack hatte keine Türen mehr und keine Räder und war völlig verrostet.
    „Ich frage mich, wie das hierherkommt“, sagte Izzie stirnrunzelnd. Neben dem Kanal verlief eine Bahnlinieund dahinter stand eine Fabrik. Es gab scheinbar keinen offiziellen Weg, wie das Wrack dorthin gekommen sein konnte.
    Sie folgten dem Verlauf des Kanals um eine leichte Biegung bis in die Nähe der Rückseite des Studios, wo sie von der Brücke aus nicht mehr gesehen werden konnten. „Da ist es.“ Izzie zeigte mit dem Finger auf die andere Seite des Kanals.
    Mick sah zu der Stelle und entdeckte ein großes Rohr, das aus der gegenüberliegenden Böschung ragte. Im Winter, wenn der Kanal voll war, lag es unter Wasser.
    „Das Rohr führt direkt in das Studio“, sagte Izzie.
    Mick blickte sich um. Im langen Gras am Ufer fand er eine morsche alte Planke von einem Baugerüst. Als er sie aufhob, huschten Scharen kleiner Insekten davon, die unter der Planke Deckung gefunden hatten.
    „Die hier hilft uns, den Kanal zu überqueren“, sagte Mick.
    Er stellte sich an den Rand des Ufers und hielt die Planke senkrecht vor sich. Dann bewegte er sich seitwärts, bis er genau dem Rohr gegenüberstand, und ließ die Planke nach vorn fallen. Es gab ein platschendes Geräusch, als sie auf den Schlamm prallte.
    „Gute Idee!“, sagte Izzie. Jetzt konnten sie den Kanal überqueren, ohne sich die Füße schmutzig oder nass zu machen.
    Izzie griff unter seinen Pullover und zog eine Stifttaschenlampe aus der Sweatshirt-Tasche. „Ich gehe besser vor“, sagte er.
    Er nahm die Taschenlampe zwischen die Zähne und trat vorsichtig vom Ufer auf die Planke. Die versank ein klein wenig im Schlamm, als er sie vorsichtig überquerte. Auf der anderen Seite schaltete er seine Taschenlampe ein und klemmte sie sich wieder zwischen die Zähne, sodass sie nach vorn leuchtete. Dann schob er Kopf und Schultern in das Rohr. Mick sah, dass es mehr als weit genug war für ihn. Für einen Erwachsenen wäre es zu eng gewesen.
    „Los, komm!“, rief Izzie über die Schulter nach hinten. Mick betrat die Planke und folgte Izzie auf dem Fuß.
    Er steckte den Kopf in die Röhre. Im Innern roch es modrig. Als er Izzie hinterherkletterte, stellte er fest, dass die Röhre ziemlich trocken war. Offensichtlich war sie seit Längerem nicht mehr benutzt worden.
    Nach ein paar Metern blieb das Tageslicht von der Öffnung hinter ihnen zurück und nur noch der schmale Strahl aus Izzies Taschenlampe leuchtete ihnen den Weg.
    Die Luft wurde bald kühler und der Beton unter Micks Händen fühlte sich feucht an.
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