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Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase
Autoren: Stefan Wolf
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dass sie gegen drei
Uhr nachmittags in die Berliner Straße radelte, wo Pia Friese wohnte: in einem
Hochhaus.
    Gaby fuhr mit dem Lift in die
achte Etage und wurde von Pia an der Wohnungstür empfangen.
    Die Schauspielerin war auch
ohne Kriegsbemalung hübsch. Sie schien sich über Gabys Besuch zu freuen.
    »Also, um ehrlich zu sein«,
sagte sie: »Das ist mein erstes Interview, Gaby. Glaubst du denn, das
interessiert eure Schüler?«
    »Ganz bestimmt.«
    Pia bewohnte ein
Zweizimmerapartment. Der weite Blick über die Stadt war im Mietpreis enthalten.
Ludmilla lag in ihrem Bettchen, summte und brabbelte vor sich hin und schien
ihre Fingerchen zu zählen.
    Gaby durfte ihr die Flasche
geben, was Ludmilla offenbar gefiel, sie trank alles leer. Anschließend bekam
sie ein krebsrotes Gesicht.
    »Jetzt macht sie in die
Windeln«, lachte Pia.
    Nachdem das Baby versorgt war,
setzten sie sich an den Tisch. Es gab Kirschblütentee und selbst gebackene
Waffeln. Außerdem schleppte Pia drei dicke Alben an — mit Fotos und
Zeitungsausschnitten über alle Stücke, in denen sie gespielt hatte. Und war
ihre Rolle auch noch so klein gewesen.
    Interessiert blätterte Gaby die
Alben durch.
    Plötzlich stutzte sie. Ihr
Blick fiel auf ein Foto, das offenbar nicht aus dem Theaterbetrieb stammte,
sondern zwei Paare zeigte auf einer privaten Faschingsparty: eine Blondine
neben einem grauhaarigen Grandseigneur (vornehmer Herr) und Pia, im Arm
eines Mannes.
    »Wer ist denn das?«
    Aufgeregt deutete Gaby auf Pias
Kavalier.
    »Wie?« Pia sah ihr über die
Schulter. »O Gott! Erinnere mich nicht an den Kerl. Bin froh, dass es vorbei
ist. Er ist zwar Ludmillas Vater und offiziell immer noch mein Mann. Aber
hoffentlich sehe ich ihn nie wieder. Auch für meine Tochter wird es das Beste
sein, wenn sie Moritz Friese gar nicht erst kennen lernt. Seidenraupe, ha!«
    »Das... das... das... ist
Ihr... ist...«, Gaby brachte den Satz nicht heraus. Mit kornblumenblauen
Kulleraugen sah sie das Foto an.
    »Was erstaunt dich denn so?«
    »Ich kenne ihn«, sagte Gaby.
»Er nennt sich jetzt nicht Moritz Friese, sondern — Max Schaudig. Tarzan ist
ihm auf der Spur. Denn Schaudig... äh... Friese... jedenfalls er ist höchstwahrscheinlich
der Kidnapper.«
    Pia ließ den Mund offen, sank
auf den nächsten Stuhl und wurde bleich bis unter ihren schwarzen
Kurzhaarschnitt.
    »...ist der Kidnapper«,
flüsterte sie.
    Gaby ließ ihr Zeit, diesen
Brocken zu verdauen, war auch selbst ganz verwirrt.
    »Das sähe ihm ähnlich«,
murmelte Pia schließlich. »So weit musste es kommen. Dann ist es also abwärts
gegangen — mit der Seidenraupe. Und ausgerechnet Katharinas Baby hat er
entführt, dieser Lump. Selbst kannte er die Eichbergs zwar nicht. Aber durch meine
Freundschaft mit Katharina wusste er, was da zu holen ist.«
    »Pia! Überlegen Sie mal! Als er
durch Tarzans Trick dann glaubte, er hätte nicht Barbie, sondern Ludmilla
entführt — da... Pia! Das muss ja ein Schock gewesen sein. Er hat doch gedacht,
er hätte sein eigenes Kind gekidnappt.«
    Gaby konnte nicht anders — sie
begann zu kichern. Das wirkte erlösend auf Pia. Sie begann, sich vor Lachen zu
biegen — obschon sich die groteske (komisch-übersteigert) Situation aus
einem verabscheuungswürdigen Verbrechen ergeben hatte.
    »Dann«, keuchte Pia, »hat er
Barbie deshalb so gut gepflegt...«
    »...gebadet, gepudert und
gewindelt.« Gaby hatte Lachtränen in den Augen. »Himmel, sein Gesicht hätte ich
sehen mögen, als ihr ihm am Telefon den Bären aufgebunden habt. Jetzt ist auch
klar, weshalb er so versessen darauf war, die Rückgabe des Babys im
Vogelsang-Park zu erleben. Wie Tarzan richtig vermutet hatte und... Aber, das
wissen Sie noch nicht. Das muss ich erzählen.«
    Pia erfuhr alles, was der TKKG
über Max Schaudig ermittelt hatte. Sie war fassungslos und entsetzt.
    »Irgendwie«, meinte sie, »habe
ich’s geahnt, dass er noch hier in der Stadt ist. Geahnt und befürchtet. Bei
seinen Beziehungen zur Unterwelt kann es nicht schwer gewesen sein, sich
falsche Papiere zu besorgen. Als Croupier hat er schon vor vielen Jahren mal
gearbeitet. In so einer Riesenstadt kann man tatsächlich untertauchen. Selbst
in 100 Jahren — begegnet wären wir uns wahrscheinlich nie mehr. Was machen wir
jetzt?«
    »Vor allem müssen wir Tarzan
verständigen. Er und Karl haben es sich nun mal in den Kopf gesetzt, Schaudig
auf frischer Tat zu ertappen. Und dabei auch den Komplizen zu entlarven.«
     
    *
     
    Als Gaby
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